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Reuters/Wolfgang Rattay
Neuer Bayer-Investor Elliott

Hedgefonds mit Aggressionspotenzial

Seit Monaten ist darüber spekuliert worden, seit Kurzem ist es offiziell: der Hedgefonds-Investor Elliott mischt künftig beim deutschen Agrarchemie- und Pharmakonzern Bayer mit. Im Sog verlorener Prozesse um Gesundheitsschäden durch den Unkrautvernichter Glyphosat kam es zu Kurseinbrüchen – nun ist die Aktie wieder im Aufwind. Doch Elliott ist kein unbeschriebenes Blatt: Der Hedgefonds ist für sein aggressives Gebaren bekannt.

Dabei gibt sich Elliott, der zum Imperium des US-Milliardärs Paul Singer gehört, noch zahm und lobt die jüngsten Schritte, mit denen Bayer die Klagswelle von Glyphosat-Geschädigten in den USA bewältigen will. Ein eigener Ausschuss im Aufsichtsrat soll sich nun mit der Frage befassen, wie man die 13.400 Klagen wegen des mutmaßlich krebserregenden Unkrautvernichters in den Griff bekommt.

An der Börse nährte das die Hoffnung, Bayer könne womöglich doch schon bald auf einen milliardenschweren Vergleich einschwenken, um praktisch alle Glyphosat-Klagen auf einmal vom Tisch zu räumen. Die Anleger freut es jedenfalls – so oder so. Der Aktienkurs schnellte am Donnerstag teils um mehr als acht Prozent in die Höhe und knüpfte damit an seine zuletzt eher zaghaften Erholungsversuche vom niedrigsten Niveau seit 2012 an.

Spekulationen rund um angeschlagene Firmen und Staaten

Bereits am späten Mittwochabend war der insgesamt 1,1 Mrd. Euro schwere Einstieg von Elliott bei Bayer publik geworden. Angesichts eines Börsenwerts von rund 56 Mrd. Euro fällt das zwar nicht sonderlich ins Gewicht, doch Elliotts Einfluss sollte nicht unterschätzt werden. Singer ist bekannt dafür, sich als „aktivistischer Investor“ bei Unternehmen einzukaufen und aggressiv in Managementbelange einzumischen, um mehr Rendite herauszuholen.

Paul Singer, 2014
AP/John Minchillo
US-Milliardär Paul Singer nennt den Hedgefonds Elliott sein Eigen – dieser hat eine lange Vorgeschichte

Argentinische Marinefregatte festgesetzt

Zudem machte Elliott wiederholt mit Spekulationen und Klagen gegen zahlungssäumige Staaten Schlagzeilen. Im Fokus standen dabei deren tatsächliche oder erwartete Zahlungsunfähigkeit. Die Schuldverschreibungen sind für einen Bruchteil ihres Nennwerts zu haben. So kaufte Singer nach dem Staatsbankrott Argentiniens Ende 2001 Schuldentitel im Nennwert von dreistelligen Dollar-Millionen, die billigsten um 15 Cent pro Dollar Schulden. In einem nächsten Schritt trieb er diese Schulden gerichtlich ein.

Weil sich das Land weigerte, ihn auszuzahlen, versuchte Singer jahrelang, Vermögenswerte rund um den Globus pfänden zu lassen – vom Stand auf der Frankfurter Buchmesse bis zur Präsidentenmaschine. Das trieb er auf die Spitze: 2012 reichte der lange Arm seines Hedgefonds tatsächlich aus, um eine argentinische Marinefregatte in einem Hafen in Ghana festsetzen zu lassen. Vier Jahre später einigten sich das Land und Singer dann und beendeten damit den 15 Jahre anhaltenden Rechtsstreit.

Forderung nach Aufspaltung?

Zwar zetteln seine Fonds längst nicht überall, wo sie einsteigen, Aktionärsrevolten und Prozesse an. Doch gibt es im Falle Bayers bereits erste Anzeichen dafür, dass sich der besagte Ruf erneut in die Wirklichkeit umsetzt: So verbirgt sich im letzten Teil von Elliotts Statement zum Investment bei Bayer eine Formulierung, die durchaus Brisanz enthalten könnte. Dort fordert der Investor langfristig mehr Rendite und deutet auch an, wie diese zu bekommen sein könnte.

„Elliott ist der Ansicht, dass der aktuell niedrige Aktienkurs von Bayer den signifikanten Wert der einzelnen Geschäftseinheiten beziehungsweise die bestehende Wertschaffungsmöglichkeit (…) nicht widerspiegelt.“ Was verklausuliert klingt, ließe sich durchaus als Forderung nach einer Aufspaltung des Unternehmens interpretieren. Das käme nicht vollkommen überraschend, auf eine Zerlegung des Konzerns in seine Einzelteile drängen einige Investoren hinter den Kulissen offenbar schon länger.

Spekulationen seit Längerem

Bereits Ende 2018 gab es Spekulationen, dass Singers Hedgefonds die treibende Kraft hinter der Initiative sein könnten. Bayer-Chef Werner Baumann lehnte eine Aufspaltung im Dezember entschieden ab. „An diesen Einwürfen beteiligen wir uns nicht“, sagte er damals der „Börsen-Zeitung“.

Doch seitdem ist der Druck auf den Vorstand weiter gestiegen – die Glyphosat-Urteile in den USA haben den Börsenwert stark gedrückt. Seit der 63 Milliarden Dollar schweren Übernahme des US-Saatgutkonzerns Monsanto – aus dessen Haus Glyphosat stammt – hat die Bayer-Aktie rund 40 Prozent verloren.

Engagement für Republikaner

Singers Vermögen wird auf 3,2 Mrd. Dollar geschätzt, er wird in der „Forbes 400“-Liste der reichsten US-Amerikaner von 2018 an Stelle 251 aufgeführt. 2011 spielte Singer eine große Rolle bei der Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe im Staat New York, zusammen mit anderen republikanischen Spendern unterstützte er das Vorhaben – schließlich engagiert er sich für die Republikanische Partei. Im letzten US-Präsidentschaftswahlkampf im Jahr 2016 unterstützte er Marco Rubio.