Joe Biden, Bernie Sanders und Kamala Harris
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US-Demokraten

Die Gewinnerinnen der ersten TV-Debatten

In den USA sind die ersten beiden TV-Debatten der demokratischen Präsidentschaftsbewerberinnen und -bewerber für die Wahl 2020 über die Bühne gegangen. Als Gewinnerinnen gingen die Senatorinnen Kamala Harris und Elizabeth Warren hervor. Vor allem Harris überraschte, als sie am Donnerstag den Umfragefavoriten Joe Biden scharf für Positionen bei der Integration von Schwarzen angriff.

Harris kritisierte Biden für wohlwollende Äußerungen über die Rassentrennung befürwortende Senatoren in den 1970er Jahren. Biden hatte sich vor Kurzem bei einer Spendengala dazu geäußert, wie er zu Beginn seiner Karriere im Senat mit zwei Abgeordneten, die Befürworter der Rassentrennung waren, zusammengearbeitet habe, obwohl er mit ihnen nicht übereingestimmt habe. Biden führte das als Beispiel dafür an, warum überparteiliche Zusammenarbeit wichtig sei, um Probleme zu lösen. Harris nannte die Aussagen „verletzend“. Biden verteidigte sich und sagte, er lobe keine „Rassisten“.

Die Senatorin kritisierte den Vize zudem dafür, dass er in den 1970ern die Praxis des „busing“ abgelehnt habe – bei dem Kinder zu Schulen in anderen Bezirken gefahren wurden, um die Integration vor allem schwarzer Schüler zu ermöglichen und die Trennung zwischen Schwarzen und Weißen aufzuheben. Harris verknüpfte das mit ihrer eigenen Biografie: Sie selbst habe als kleines Mädchen in einem solchen Bus gesessen, erklärte sie. Biden wies die Kritik zurück und warf Harris vor, seine Positionen falsch dargestellt zu haben.

TV-Debatte der demokratischen Präsidentschaftsbewerberinnen
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Zehn Kandidatinnen und Kandidaten stiegen am Donnerstag in den Ring

Mehr Feuer bei zweiter Debatte

Neben Harris und Biden standen der linke Senator Bernie Sanders und der Bürgermeister Pete Buttigieg auf der Bühne. Manche Beobachter hatten erwartet, dass die Debatte vor allem ein Duell zwischen Biden und Sanders werden könnte. Insgesamt hatte diese zweite Runde der TV-Debatte mehr Feuer als die erste am Mittwoch: Die Kandidaten gerieten öfters aneinander, und auch die Attacken auf Trump waren schärfer als am Vortag.

Die zwei Runden waren notwendig geworden, weil das Feld bei den Demokraten so groß ist. Insgesamt 25 Bewerber schicken sich an, Trump bei der eigentlichen Wahl 2020 herauszufordern. Mehr Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur hatte die Partei in dem Vorwahlprozess noch nie, und die TV-Debatten sind eine Gelegenheit, sich einem nationalen Publikum unter Beweis zu stellen. Zehn Kandidaten hatten dazu am Mittwoch die Gelegenheit, zehn weitere am Donnerstag. Die übrigen fünf hatten sich nicht qualifiziert.

Sanders: Trump „pathologischer Lügner“ und „Rassist“

Wenngleich mit Spannung erwartet worden war, ob die anderen Bewerber sich auf Biden einschießen würden, um dem Spitzenreiter zu schaden, bestanden die schärfsten Angriffe zu Beginn der Debatte aber aus Attacken auf Trump. So bezeichnete Sanders den Republikaner als „pathologischen Lügner“ und „Rassisten“.

Eine frühe Auseinandersetzung lieferten sich die Kandidaten beim Thema Gesundheitssystem. Sanders verteidigte lautstark seine Idee von „Medicare for All“, also einem Ausbau der staatlichen Krankenversicherung für alle. Biden und andere Vertreter des moderaten Flügels machten sich dagegen für eine Verbesserung des bestehenden Systems stark. An dieser Stelle offenbarte die Debatte die tiefen Gegensätze zwischen dem linken Flügel mit Sanders als lautestem Vertreter und dem moderaten Teil, zu dem Biden zählt.

Trump attackiert Demokraten via Twitter

Einen weiteren Höhepunkt lieferte die Debatte, als die Moderatorin Savannah Guthrie von den Teilnehmern wissen wollte, ob ihre Pläne für die Krankenversicherung Einwanderer ohne Papiere einschließen würden. Alle zehn hoben daraufhin ihre Hände.

Trump schlachtete das sogleich auf dem Kurznachrichtendienst Twitter aus. „Alle Demokraten haben gerade ihre Hände dafür gehoben, Millionen illegalen Ausländern unbegrenzte medizinische Versorgung zu geben. Wie wäre es damit, zuerst einmal für amerikanische Staatsbürger zu sorgen!?“, schrieb er. Er hatte seinen Wahlkampf für eine Wiederwahl offiziell in der vergangenen Woche eröffnet.

Bisher nur ein Trump-Herausforderer

Die Vorwahlen, bei denen der Kandidat oder die Kandidatin der Demokraten gegen Trump für die eigentliche Wahl am 3. November 2020 bestimmt wird, beginnen erst im Februar im Bundesstaat Iowa. Ihren Kandidaten oder ihre Kandidatin ernennen die Demokraten formell bei einem Parteitag im Juli. Bei den Republikanern gibt es außer Trump bisher nur einen weiteren Kandidaten, der für die Partei in die Wahl ziehen will. Dabei handelt es sich um den früheren Gouverneur des US-Bundesstaats Massachusetts, Bill Weld. Ihm werden aber keine nennenswerten Chancen eingeräumt.

Senatorin Warren dominierte erste TV-Debatte

Die linksgerichtete Senatorin Warren, die in den Umfragen hinter Biden und Sanders auf dem dritten Platz liegt, konnte bei der ersten Debatte am Mittwoch ihren Status als eine der Favoritinnen festigen. Die Wall-Street-Kritikerin Warren sprach sich für eine sozial gerechtere Wirtschaftspolitik aus. Die US-Wirtschaft diene derzeit vor allem den Reichen, sagte sie.

Die US-Senatorin Elizabeth Warren
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Senatorin Warren festigte am Mittwoch ihren Favoritenstatus

„Wenn man eine Regierung hat und wenn man eine Wirtschaft hat, die toll für diejenigen mit Geld läuft, aber nicht für alle anderen, dann ist das ganz schlicht und einfach Korruption“, forderte Warren „strukturelle Veränderungen“ in Wirtschaft und Regierung. Zum Streit über das US-Gesundheitssystem sagte Warren, Gesundheit sei ein „Menschenrecht“.

Rio-Grande-Foto „herzzerreißend“

Neben Warren nahmen an der Debatte unter anderem der frühere Kongressabgeordnete Beto O’Rourke, der New Yorker Bürgermeister Bill de Blasio, Senator Cory Booker und der frühere Wohnungsbauminister Julian Castro teil. Viel Zeit blieb den zehn Teilnehmern nicht, um Fragen zu so unterschiedlichen Themen wie Einwanderung, Krankenversorgung, Klimawandel, Waffengewalt und dem Iran-Konflikt zu beantworten.

Von den Außenseitern legten Castro, De Blasio und die Senatorin Amy Klobuchar die überzeugendsten Auftritte hin. Castro, der einzige Latino in der Debatte, sagte zur Einwanderungsdebatte, er würde als Präsident die „Null Toleranz“-Politik von Präsident Trump sofort beenden. Das Bild eines auf dem Weg in die USA ertrunkenen Flüchtlings und seiner kleinen Tochter nannte er „herzzerreißend“.

De Blasio bekam lauten Applaus, als er die Fernsehzuschauer davor warnte, Einwanderer für ihre Probleme verantwortlich machen. Auch Klobuchar stellte sich klar hinter Geflüchtete: „Sie sind Amerika“, sagte die Senatorin aus Minnesota. O’Rourke, Booker und Castro sprachen über die Migrationskrise teilweise auf Spanisch. Einig waren sich alle Bewerber in ihrer Kritik an Trump, einige sprachen sich für ein Amtsenthebungsverfahren aus.

Krankenversicherung spaltet

Meinungsunterschiede gab es wie dann auch am Donnerstag unter anderem in der Frage, ob die private durch eine staatliche Krankenversicherung ersetzt werden soll. De Blasio attackierte O’Rourke für seine zögerliche Haltung – obwohl die Privatversicherung „für viele Millionen Amerikaner nicht funktioniert“.