Elton John
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LGBT-Rechte

Disput zwischen Elton John und Putin

Den britischen Popstar Sir Elton John und den russischen Präsidenten Wladimir Putin eint allgemein gesehen wohl wenig. Besonders deutlich wurde das aber am Freitag, als der Musiker zu einem Interview Putins Stellung nahm. Darin behauptete der Präsident, Russland werde im Westen zu Unrecht als homophob bezeichnet. Am Samstag wurde Putin dann sogar auf dem G-20-Gipfel auf Elton John angesprochen.

In dem Exklusivinterview mit der „Financial Times“ („FT“) vom Donnerstag sagte Putin, Russland habe „keine Probleme“ mit LGBT-Personen. „Gott bewahre, lassen Sie sie leben, wie sie wollen“, so Putin. Doch einige Dinge würden ihm „übertrieben“ erscheinen. „Sie (LGBT-Personen) behaupten jetzt, dass Kinder fünf oder sechs Geschlechterrollen spielen können.“ Und weiter: „Das darf jedoch nicht die Kultur, die Traditionen und traditionellen Familienwerte von Millionen von Menschen, aus denen die Kernbevölkerung steht, in den Schatten stellen.“

Daraufhin reagierte Elton John, der gerade seinen autobiografischen Film „Rocketman“ herausgebracht hatte, erbost in einem offenen Brief auf Instagram. Der Musiker warf dem Kreml-Chef mit Blick auf das Interview Doppelzüngigkeit vor. Der Präsident sage das eine, doch Russland habe seinen Film stark zensiert und alle Liebesszenen zwischen Männern herausschneiden lassen.

Vladimir Putin
AP/Mikhail Klimentyev
Am G-20-Gipfel wurde Putin auf den Disput angesprochen

„Das fühlt sich für mich wie Heuchelei an“

Die russischen Behörden hätten „alle Hinweise auf mein wahres Glück durch meine 25-jährige Beziehung mit David (Furnish) und die Erziehung meiner beiden schönen Söhne entfernt“. „Das fühlt sich für mich wie Heuchelei an“, schrieb der Brite in seiner Reaktion am Freitag. „Ich bin stolz darauf, in einem Teil der Welt zu leben, in dem sich unsere Regierungen weiterentwickelt haben, um das universelle Menschenrecht auf Liebe anzuerkennen, wen immer wir wollen.“

1976 outete sich Elton John in der Musikzeitschrift „Rolling Stone“ als bisexuell. Im Jahre 1984 heiratete er in Australien eine deutsche Tontechnikerin und ließ sich 1988 wieder von ihr scheiden. Später bekannte er sich zur Homosexualität. Am 21. Dezember 2005, dem ersten Tag, an dem nach einer Gesetzesänderung in Großbritannien homosexuelle Paare eine Eingetragene Partnerschaft eingehen durften, verpartnerte sich John mit seinem langjährigen Lebenspartner Furnish. Am 21. Dezember 2014 wurde die Lebenspartnerschaft in eine Ehe umgewandelt. Die beiden Söhne brachte eine Leihmutter in Kalifornien zur Welt.

Putin: „Lasst die Kinder in Ruhe“

Beim G-20-Gipfel erneut auf LGBT-Rechte in Russland angesprochen, wies Putin jegliche Kritik zu einer homosexuellenfeindlichen Politik erneut zurück. Russland habe gegenüber LGBT eine ausgeglichene Haltung. „Wirklich absolut ruhig und unvoreingenommen“, sagte der russische Präsident vor Medien in der japanischen Stadt Osaka. Putin warf Schwulen und Lesben anschließend vor, ihren Standpunkt auf aggressive Weise einer Mehrheit aufdrücken zu wollen.

Taron Egerton als Elton John in „Rocketman“
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Elton Johns Streifen „Rocketman“ wird in Russland nur zensiert in den Kinos ausgestrahlt

„Lassen wir doch einen Menschen in Ruhe aufwachsen, zu einem Erwachsenen werden und dann entscheiden, wer er ist. Lasst die Kinder in Ruhe“, sagte Putin. Er halte Elton John zwar für einen genialen Musiker, teile aber seine Ansichten nicht. In Russland ist die wissenschaftlich nicht belegbare Meinung verbreitet, dass Homosexualität eine Frage der Erziehung sei.

NGOs beklagen Übergriffe auf Homosexuelle

In Russland stehen positive Äußerungen über Homosexualität in Anwesenheit von Kindern unter Strafe. Gegen dieses von Putin unterzeichnete Gesetz gegen „Homo-Propaganda“ gibt es seit Langem internationalen Protest. Auch Menschenrechtsorganisationen beklagen die brutalen Übergriffe auf Homosexuelle in Russland, die oft folgenlos blieben. Viele Schwule und Lesben haben aus Angst um ihr Leben Zuflucht in westlichen Ländern gesucht.

Im April berichtete die unabhängige Zeitung „Novaya Gazeta“, über 100 Männer in Tschetschenien, die als schwul galten und in geheime Gefängnisse entführt, gefoltert und auf andere Weise misshandelt worden seien. Einige seien getötet worden. Die Ermittlungsbehörden hätten auf diese Meldungen nur schleppend reagiert, kritisierte auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Bis Ende 2018 sei keine Untersuchung eingeleitet worden.