Skepsis gegenüber Vereinsverbot bei Sexualpädagogik

In den Bildungsdirektionen und bei Bildungslandesräten und -landesrätinnen wird die von ÖVP und FPÖ geplante Verbannung von Vereinen aus dem Sexualkundeunterricht an den Schulen größtenteils skeptisch gesehen. Mit der Arbeit der Vereine sei man überwiegend zufrieden, so der Tenor einer APA-Umfrage in den Ländern.

In einem Entschließungsantrag wollen ÖVP und FPÖ morgen im Nationalrat Bildungsministerin Iris Rauskala auffordern, „die erforderlichen Schritte einzuleiten, damit eine altersgerechte und weltanschaulich neutrale Sexualerziehung ohne Beiziehung von schulfremden Personen oder Vereinen, sondern durch an der Schule wirkende Pädagoginnen und Pädagogen sichergestellt ist“.

Hintergrund ist die Diskussion über den christlichen Verein TeenSTAR, in dessen Ende vergangenen Jahres veröffentlichten Schulungsunterlagen u. a. Homosexualität als heilbares Identitätsproblem und Selbstbefriedigung als schädlich dargestellt wird.

Weiters wurden kein Sex vor der Ehe und natürliche Empfängnisverhütung propagiert. Nach längerer Diskussion empfahl Ex-ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann den Schulen deshalb, nicht mehr mit TeenSTAR zusammenzuarbeiten. Außerdem sollten sich sexualpädagogische Vereine für den Einsatz an Schulen akkreditieren müssen.

Regelung „überschießend“

Die Vorarlberger Bildungslandesrätin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) sprach sich gegen die nunmehrigen ÖVP-FPÖ-Pläne aus. „In Vorarlberg haben wir gute Erfahrungen mit den externen Anbietern gemacht, das wollen wir beibehalten“, so die Landesrätin. Die Kinder sprächen mit Externen möglicherweise leichter über das sensible Thema, zudem entlasteten diese Vereine die Lehrer.

Ähnlich äußerte sich Tirols Bildungsdirektor Paul Gappmaier zu einem Verbot: „Das wird nicht einfach zu vollziehen sein. Ein apodiktisches Nein wird an Grenzen stoßen.“ Die vorgesehene Regelung sei etwas „überschießend“, so Gappmaier.

Auch der Kärntner Bildungsdirektor Robert Klinglmair ist von einem generellen Verbot sexualpädagogischer Vereine wenig begeistert. Man solle erst einmal abwarten, wie die neuen Mechanismen funktionieren, anstatt Vereine komplett zu verbieten.

Der Wiener Bildungsdirektor Heinrich Himmer verwies auf einen Gemeinderatsbeschluss: „Der Wiener Gemeinderat hat in einer Resolution gefordert, eine qualitätsvolle Sexualpädagogik unter Einbindung von ExpertInnen beizubehalten und auszubauen. Aus Sicht der Bildungsdirektion als Bund-Land-Mischbehörde ist dies ein vernünftiger Vorschlag, den ich auch persönlich sehr unterstütze.“

Mair: Entscheidung der Schule überlassen

Auch der Salzburger Bildungsdirektor Rudolf Mair möchte am liebsten die Entscheidung „dort lassen, wo sie ist: am Standort Schule. Unsere Direktoren können das entscheiden.“ Selbstverständlich könnten die Lehrer die Sexualaufklärung aber auch eigenständig „in hervorragender Art und Weise“ durchführen, ebenso wie in unzähligen anderen Bereichen wie Umwelt- und Medienerziehung. „Wir brauchen nicht überall Experten.“ Grundsätzlich könne er mit oder ohne Verbot leben.

Auf die derzeitige Regelung verwies die burgenländische Bildungslandesrätin Daniela Winkler (SPÖ): „Aufklärung und Sexualpädagogik sind Inhalte des Lehrplanes. Dahingehend gibt es die eindeutige Regelung, dass diese Aufgaben von den Lehrerinnen und Lehrern wahrgenommen werden.“

Abwarten und Zustimmung in Ober- und Niederösterreich

Der oberösterreichische Bildungsdirektor Alfred Klampfer will mit einer endgültigen Bewertung noch abwarten, weil noch nicht alle Details bekannt seien – etwa zu personellen Fragen und zu etwaigen Ausnahmen. Mit dem ÖVP-FPÖ-Antrag anfreunden kann sich dagegen Niederösterreichs Bildungslandesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP): „Ich bin überzeugt, dass unsere Pädagoginnen und Pädagogen dieses Thema, das auch Teil der Lehrpläne ist, im Unterricht gut vermitteln können.“

In der Steiermark trat Bildungslandesrätin Ursula Lackner (SPÖ) für die Beibehaltung externer Sexualpädagogen ein. Demgegenüber verwies Bildungsdirektorin Elisabeth Meixner auf wiederkehrende Elternbeschwerden: „Die einen Vereine nehmen in der Frage der Sexualität eine sehr liberale, offene Haltung ein. Die anderen sind von einem sehr konservativen Weltbild geprägt, das polarisiert und spaltet in der sensibelsten Frage bei unseren jungen Menschen“, so Meixner.