Bild: Der Tod der Mme. Blanchard (Druck, Paris, um 1895)
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Sophie Blanchard

Tragische Ikone der Ballonfahrt

Sophie Blanchard war die erste professionelle Ballonfahrerin, mit ihren spektakulären Shows in luftigen Höhen hat sie auch Napoleon Bonaparte begeistert. Vor 200 Jahren nahm das ungewöhnliche Leben der Französin bei einem Flugunfall in Paris ein tragisches Ende.

Das tödliche Unglück ereignete sich am 6. Juli des Jahres 1819, als Blanchards 67. Ballonflug am nächtlichen Himmel über dem Pariser Tivoli gerade seinem Höhepunkt entgegensteuerte. Die 1778 als Marie Madeleine Sophie Armant geborene Französin kombinierte ihre Ballonfahrten mit Feuerwerkseinlagen. An Schnüren unterhalb des Ballonkorbs befestigte Feuerwerkskörper kamen dabei zum Einsatz, zudem warf Blanchard bengalische Feuer aus großer Höhe ab, die sie mit Fallschirmen langsam zu Boden schweben ließ.

Ihre Shows hatten sie in ganz Europa bekannt gemacht. Napoleon Bonaparte ernannte sie als Kaiser Napoleon I. zur Kaiserlichen Aeronautin. Auch Ludwig XVIII. war ein Förderer. Das Spektakel in jener Juli-Nacht sollte besonders opulent ausfallen, was Blanchard letztlich zum Verhängnis wurde.

Unglück für Inszenierung gehalten

Der Funkenflug eines zu früh explodierten Feuerwerkskörpers entzündete den Ballon, was das Publikum zunächst für einen Teil der nächtlichen Inszenierung hielt. Sie bejubelten den Vorfall lautstark. Während der brennende Ballon stark an Höhe verlor, wurde er vom aufkommenden Wind erfasst und verfrachtet. Blanchard versuchte der drohenden Katastrophe durch Abwerfen von Ballast entgegenzuwirken, doch vergebens.

Sophie Blanchard (Kupferstich von 1859)
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Blanchard war die erste Ballonfahrerin der Welt – und das erste weibliche Opfer eines Flugunfalls

Letztlich prallte der Ballon in der Rue de Provence gegen das Schrägdach eines Hauses. Blanchard fiel aus dem Korb, rutschte auf dem steilen Dach ab und stürzte aus großer Höhe zu Boden. Die Zuschauerinnen und Zuschauer, die dem in Flammen stehenden Ballon nachgerannt waren, fanden sie leblos auf der Straße. Blanchard gilt als die erste weibliche Tote der Luftfahrt.

Ehemann mit Wien-Bezug

Begonnen hatte Blanchards Karriere als Ballonfahrerin durch die Heirat mit Jean-Pierre Blanchard im Jahr 1804, der es mit seinen Ballonfahrten bereits in den 1780er Jahren zu großer Bekanntheit gebracht hatte. Die von ihm anno 1785 absolvierte erste Überquerung des Ärmelkanals von Dover nach Calais war ein Ereignis, das europaweit wahrgenommen wurde.

Er war der Erste, der in Wien eine Ballonfreifahrt unternahm. Nach zwei gescheiterten Versuchen war ihm im Juli 1791 der Flug vom Prater über die Donauauen in Richtung Lobau nach Großenzersdorf gelungen – ein Publikums- und Medienspektakel sondergleichen, das sich bald darauf auch in der zeitgenössischen Musik wiederfinden sollte.

Inspiration für die „Zauberflöte“

Unter den Augenzeugen der Ballonfahrt hatte sich auch Emanuel Schikaneder befunden, der damals gerade dabei war das Libretto zu Wolfgang Amadeus Mozarts „Zauberflöte“ zu vollenden. Vom Ereignis tief beeindruckt, verarbeitete Schikaneder die Ballonfahrt, indem er in der „Zauberflöte“ drei Knaben mittels eines Ballons davonschweben ließ. Ein perfektes Motiv für die Wunderwelten der Mozart-Oper.

Illustration: Der Tod der Madame. Blanchard
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Blanchards Unfall inspirierte Literaten wie Charles Dickens

Auch Mozart selbst, der im Prater nicht dabei war, war vom Ereignis fasziniert. Erwähnungen der Ballonfahrt in mehreren Briefen an Konstanze dokumentieren seine Begeisterung. Jean-Pierre Blanchard war im Sommer 1791 Stadtgespräch in Wien. Doch auch sein Leben endete tragisch. Im Jahr 1809 erlitt er während einer Ballonfahrt einen Schlaganfall und stürzte aus dem Korb, was zunächst auch das Ende von Sophie Blanchards Ballonfahrten bedeutete. Doch die Unterbrechung dauerte nicht lange.

Artistische Alleingänge

Weil ihr Mann außer den Ballonausrüstungen kaum etwas hinterlassen hatte, entschied sich Blanchard aus Geldnot für den Alleingang als Ballonfahrerin. Mit durchschlagendem Erfolg: Anno 1810 wurde sie engagiert, um mit ihren Balloninszenierungen die Hochzeitsgäste von Marie-Louise von Österreich und Napoleon I. zu unterhalten. Im Jahr darauf wurde sie anlässlich der Geburt des Sohnes der beiden, Napoleon Franz, erneut gebucht. Zu den Höhepunkten zählten insbesondere artistische Einlagen auf einer am Ballon hängenden Schaukel und jene Feuerwerksinszenierungen, die ihr letztlich zum Verhängnis wurden.

Die tragische Geschichte sorgte insbesondere für Inspiration in der Literatur. Jules Verne erwähnte Blanchard in „Fünf Wochen im Ballon“, Fjodor Dostojewski beschäftigte in „Der Spieler“ die Frage, was in Blanchards Kopf während des Absturzes wohl vorgegangen sein mag. Auch Charles Dickens sinnierte über das Leben Blanchards und bemühte Vergleiche mit dem Krug, der so lange zum Brunnen geht, bis er bricht. Mit weitaus weniger Worten kommt die Inschrift auf Blanchards Grabstein in Paris aus. „Opfer ihrer Kunst und Unerschrockenheit“, lautet die Inschrift.