Szene aus dem Film „Spider-Man: Far from Home“
2019 Sony Pictures Entertainment
Avengers

Spider-Man kommt im Selfie-Zeitalter an

Eine überaus charmante, humorvolle und zeitgemäße Teenie-Komödie ist Regisseur Jon Watts mit „Spider-Man: Far from home“ gelungen. Peter Parker (Tom Holland) alias Spider-Man ist ein hormongesteuerter Teenager – und soll trotzdem die Welt retten. Einen starken Auftritt hat auch Jake Gyllenhaal als Mysterio.

Der gefeierte Vorgängerfilm aus dem Hause Marvel, „Avengers: Endgame“, hinterließ Superheldenfans mit einem großen Fragezeichen. Offenbar hatte der böse Thanos es tatsächlich geschafft, die Hälfte der Menschheit auszurotten, weil er so die Ressourcen für die Zukunft erhalten wollte und außerdem größenwahnsinnig war. Aber wer wo wie vernichtet wurde und wie die übrig gebliebene Hälfte der Bevölkerung reagierte und wie das „halbierte“ Leben weiterging, das wurde nicht einmal angedeutet.

Die Auflösung erfolgt gleich in den ersten Minuten des neuen „Spider-Man“ – der Film ist also schon alleine deshalb Pflicht für alle, die am Schicksal der Avengers und ihrer Welt emotional Anteil nehmen. Die Auflösung des Halbierungsrätsels wird zwar nicht gerade breit ausgewalzt, ist aber durchaus gelungen – und soll hier nicht verraten werden. Nur so viel: Es kam anders, als man dachte.

Fotostrecke mit 7 Bildern

Szene aus dem Film „Spider-Man: Far from Home“
2019 Sony Pictures Entertainment
Mit der Angebeteten flirten und dabei im Vorbeigehen Venedig retten: Peter Parker (Tom Holland) alias Spider-Man
Szene aus dem Film „Spider-Man: Far from Home“
2019 Sony Pictures Entertainment
Jake Gyllenhaal als „Mysterio“ an der Seite von Spider-Man im Kampf gegen die „Elementals“
Szene aus dem Film „Spider-Man: Far from Home“
2019 Sony Pictures Entertainment
Peter Parker und sein Love-Interest MJ (Zendaya Maree Stoermer Coleman)
Szene aus dem Film „Spider-Man: Far from Home“
2019 Sony Pictures Entertainment
Nicht nur die Welt ist bedroht – auch Peters Freunde
Szene aus dem Film „Spider-Man: Far from Home“
2019 Sony Pictures Entertainment
Samuel L. Jackson als Nick Fury und Jon Favreau als Harold „Happy“ Hogan
Szene aus dem Film „Spider-Man: Far from Home“
2019 Sony Pictures Entertainment
Maria Hill (Cobie Smulders) mit Nick Fury an der Seite: das Aufräumkommando hinter Spider-Man
Szene aus dem Film „Spider-Man: Far from Home“
2019 Sony Pictures Entertainment
Spider-Man in Ausübung seiner Berufung

Ein Teenie soll die Welt retten

Aber eigentlich geht es ja um Spider-Man, der offenbar die Nachfolge von Robert-Downey-Jr.-Charakter Tony Stark antreten soll. Der wiederum hatte sich als Iron Man am Ende von „Avengers: Endgame“ für die Menschheit geopfert. Aber Spider-Man ist ja noch ganz grün hinter den Ohren mit seinen sechzehn Jahren und hat vor allem einen Plan: Am Highschool-Trip durch Europa die hübsche MJ (Zendaya Maree Stoermer Coleman) aufzureißen.

Lästig, dass dann plötzlich jeder von ihm erwartet, die Welt zu retten. Die Ironie und der Sarkasmus dieses Zwiespalts werden weidlich und nicht uncharmant ausgekostet, ganz im Gegenteil zum ernsten „Endgame“ davor. Diesmal darf viel gelacht werden, und der Film ist absolut teenagergeeignet, bzw. ein Family-Film.

„Nicht schwingen und texten!“

Interessant dabei: Das Avengers-Universum kommt mit Spiderman im Heute an. Der coolste Move von ihm, um die Angebetete zu überzeugen: sich mit Spinnweben durch die Stadt schwingen, die Liebste dabei im Arm – und dabei Selfies machen, was das Zeug hält. Wenn er ohne sie während des Schwingens mit ihr über Social Media kommuniziert, warnt sie ihn mit einer Kurznachricht: „Nicht schwingen und texten!“

Das Hauptthema aber sind Fake News, die hier ebenfalls als Zeitphänomen verortet werden. Sind die „Elementals“, die die Erde bedrohen, echt? Das Feuer-, das Erde-, das Wasser- und das Windmonster, die halb Venedig zertrümmrn und sich dann London vornehmen? Was ist wahr, was ist nur Schein? Die Menschen glauben ohnehin alles, was man ihnen vorsetzt. Und irgendjemand profitiert davon. Doch wer ist diesmal der Demiurg, der die Wahrheit vernebelt und Angst und Schrecken verbreitet?

Weisheiten von Highschool-Schülern

Spider-Man soll es herausfinden und für Ordnung sorgen, aber erstens ist er ja mit Flirten beschäftigt und zweitens kann er mit dem Druck, in die übergroßen Fußstapfen von Iron Man zu treten, nicht gut umgehen. Mit angemessener Strenge hält ihn der Samuel-L.-Jackson-Charakter Nick Fury bei der Stange und lässt ihn nicht aus. Der Spannungsbogen ergibt sich aus drei Fragen: Wirft Spider-Man das Handtuch? Kann er den Bösewicht enttarnen und besiegen? Und wird er seine Auserwählte von sich überzeugen können? Übrigens, wie eh immer im Marvel-Universum: Bloß nicht zu Beginn des Abspanns aufstehen und gehen. Es folgt danach noch eine längere, nicht unwichtige Szene.

Insgesamt überzeugt der Film mit Schmäh, ein bisschen Spannung, ein wenig Action und einer wohldosierten Prise Philosophie. Sicher, da sind Kalendersprüche dabei, aber die müssen ja nicht wehtun. So ist Spider-Man nicht der einzige mit Techtelmechtel-Schwierigkeiten. Irgendwann fällt zwischendurch, ganz lapidar von einem seiner Teenie-Freunde ausgesprochen, der schöne Satz: „Frau und Mann leben sich auseinander, aber die Erinnerung an die gemeinsame Reise wird ihnen für immer bleiben.“