Ausweichquartier Parlament
ORF.at/Christian Öser
Nationalrat

Ungewöhnliche Allianzen und neue Kosten

Der Kehraus im Nationalrat, bei dem zahlreiche Gesetze beschlossen wurden, hat am Dienstag und Mittwoch ungewöhnliche Allianzen unter den Parteien gebracht. Die von den Parlamentariern und Parlamentarierinnen gefassten Beschlüsse sorgen auch für neue Kosten.

Das freie Spiel der Kräfte ließ so machen Politexperten an mögliche Zusammenarbeiten nach der Nationalratswahl am 29. September denken. So stimmten etwa beim Glyphosatverbot SPÖ und der ehemalige ÖVP-Regierungspartner FPÖ mit NEOS und JETZT gegen die Volkspartei. Auch beim Papamonat ergab sich eine Allianz von SPÖ und FPÖ gegen die ÖVP.

Eine Annäherung oder gar ein Vorspiel zu einer möglichen Koalition wie von der ÖVP immer wieder vorgebracht wollen allerdings darin weder SPÖ noch FPÖ sehen. Zu groß sind auch sonst die Differenzen zwischen Rot und Blau, wie man vonseiten der SPÖ nicht müde wird zu betonen.

Grafik zu Beschlüssen im Nationalrat
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/BMF

Bösch: „Bizarrer“ Schulterschluss mit SPÖ

„Durchaus bemerkenswert“ war laut „Kurier“ ein Entschließungsantrag von SPÖ und FPÖ in Sachen Bundesheer. Hier soll es zu einer finanziellen Aufstockung des Budgets kommen. 800 Millionen soll das Heer in den nächsten zwei Jahren zusätzlich bekommen. Der Abänderungsantrag war mit Verteidigungsminister Thomas Starlinger abgesprochen. Es sei ein verbindlicher Arbeitsauftrag an die Bundesregierung, zitierte der „Kurier“ SPÖ-Verteidigungssprecher Rudolf Plessl.

Auch FPÖ-Verteidigungssprecher Reinhard Bösch zeigte sich „hocherfreut“. Den Schulterschluss mit der SPÖ hält er allerdings für „bizarr“, wie er dem „Kurier“ sagte. Denn die Anhebung des Heeresbudgets sei ursprünglich zwischen ÖVP und FPÖ vereinbart gewesen. „Aber die ÖVP hielt sich nicht daran“, zitierte der „Kurier“ Bösch. „Und daher beschließen wir als FPÖ jetzt mit der damaligen Oppositionspartei SPÖ ein türkis-blaues Vorhaben.“ Ob es tatsächlich zu der finanziellen Aufstockung kommt, sei dahingestellt. Mit der neuen Regierung nach der Nationalratswahl, also dem Ende der Legislaturperiode, erlischt laut „Kurier“ auch der Entschließungsantrag.

Abgestimmt wurde auch über die Anrechnung von Karenzzeiten, die Erhöhung des Pflegegeldes und über ein Plastiksackerlverbot. Bei allen diesen Neuerungen herrschte wie auch beim Wasserschutz in der Verfassung, dem Bonus für freiwillige Helfer und dem Ausbau der Ganztagsschule Einigkeit und Einstimmigkeit unter den Parteien.

Mehrkosten auf 1,1 Mrd. geschätzt

Laut Berechnungen des Finanzministeriums werden die im Nationalrat in den letzten beiden Tagen gefassten Beschlüsse auch Auswirkungen auf das Budget haben. Laut einer Einschätzung nach einer „Schnellanalyse“ des Ressorts ergeben sich für das kommende Jahr 2020 unbudgetierte Mehrkosten von mehr als 240 Mio. Euro. Bis ins Jahr 2023 summieren sich diese Mehrkosten auf 1,1 Mrd. Euro. Im Jahr 2021 erwartet das Finanzministerium einen Anstieg der Kosten von bis zu 300 Mio. Euro, 2022 dann einen Mehraufwand von mehr als 275 Mio. Euro. 2023 beziffert man im Ressort diese Summe mit rund 325 Mio. Euro.

Finanzminister: Bei Beschlüssen „Budget mitdenken“

In einer Stellungnahme erneuerte Finanzminister Eduard Müller seinen Appell, „bei Beschlüssen im Parlament stets auch das Budget mitzudenken, um zu vermeiden, dass Österreich erneut in die Schuldenfalle tappt“. Denn aktuell sei nicht abschätzbar, „ob und wie ab 2020 ein Überschuss im Bund erzielt werden kann“.

Den Löwenanteil an den nicht budgetierten Mehrkosten im Jahr 2020 hat laut den Aufstellungen des Finanzressorts mit rund 150 Mio. Euro die nun EU-rechtskonforme Ausgestaltung der Bestimmungen über die Anrechnung von Vordienstzeiten von öffentlich Bediensteten. Dabei geht es um Zeiten vor dem 18. Geburtstag sowie den Präsenz- und Zivildienst.

Der zweitgrößte Posten betrifft die Valorisierung des Pflegegeldes. Diese kostet 2020 55 Mio. Euro und steigt in den Jahren danach weiter; 2023 werden im Finanzministerium für diese Maßnahme Mehrkosten von 230 Mio. Euro angenommen.