Screenshot eines Videos zeigt Kreuzfahrtschiff
APTN
Beinahe Ufer gerammt

Neuer Vorfall mit Kreuzfahrtschiff in Venedig

In Venedig ist am Sonntagabend nur knapp ein neuer Unfall mit einem Kreuzfahrtschiff vermieden worden. Die „Costa Deliziosa“, Kreuzfahrtschiff der Reederei Costa Crociere, sei während eines schweren Gewitters mit Hagel und Wind unweit des Markusplatzes außer Kontrolle geraten, berichteten italienische Medien am Sonntagabend.

Wie die Hafenbehörde mitteilte, verfehlte das Schiff nur knapp eine Jacht und andere Boote, die sich am Ufer „Riva dei Sette Martiri“ befanden. Das Schiff wurde aus dem Hafen geschleppt. Eine Notfallsirene ertönte, während Schlepper versuchten, das Kreuzfahrtschiff wieder auf die richtige Bahn zu bringen. Passagiere in den Wasserbussen gerieten in Panik.

Die Staatsanwaltschaft von Venedig leitete eine Untersuchung ein. Auch Verkehrsminister Danilo Toninelli ordnete Ermittlungen zu dem Vorfall an. Erneut ertönte die Forderung, Kreuzfahrtschiffe aus Venedig zu verbannen.

Unfall knapp vermieden

Aufnahmen von dem Vorfall, der gerade noch glimpflich ausging. Dass die großen Kreuzfahrtschiffe direkt am Markusplatz vorbeifahren, sorgt seit Jahren für heftigen Streit zwischen Bevölkerung und Geschäftsleuten.

Der Organisation „No Grandi Navi Venezia“, die für ein Verbot der Schiffe in Venedig eintritt, zufolge war die „Costa Deliziosa“ zu schnell unterwegs. Die Organisation postete ein Video auf Twitter, das den Kurs des Schiffs zeigt. Laut „No Grandi Navi Venezia“ war das Kreuzfahrtschiff mit 7,4 Knoten statt der normalerweise erwarteten sechs Knoten unterwegs.

Zugleich korrigierte die Plattform einen Tweet über einen Zwischenfall mit einem weiteren Kreuzfahrtschiff. Dabei handelte es sich vielmehr um besagte „Costa Deliziosa“.

Anlegestelle gerammt

Anfang Juni war in Venedig ein Kreuzfahrtschiff bei der Anlegestelle San Basilio im zentralen Giudecca-Kanal mit einem Ausflugsschiff zusammengestoßen und rammte die Anlegestelle. Wie durch ein Wunder wurden nur vier Menschen verletzt. Einige Menschen sprangen in Panik ins Wasser. Stadt, Regierung und Umweltverbände können sich seit Jahren nicht auf eine alternative Anlegestelle für die Kreuzfahrtschiffe in Venedig einigen.

Der Unfall Anfang Juni hatte die Debatte neu entflammt: „Der Unfall heute bezeugt, dass große Schiffe nicht mehr den Giudecca-Kanal befahren sollen. Nach vielen Jahren, in denen nichts getan wurde, sind wir einer endgültigen Lösung zum Schutz der Lagune und des Tourismus nahe“, twitterte Verkehrsminister Toninelli vor mehr als einem Monat.

Menschen in Panik

Auf einem Video war zu sehen, wie das Kreuzfahrtschiff mit lautem Sirenengeheul Richtung Anlegestelle fährt und Menschen an Land in Panik davonlaufen. An Bord des Ausflugsschiffs sollen rund 130 Personen gewesen sein. Auf der „MSC Opera“ haben mehr als 3.500 Menschen Platz.

Der Bürgermeister von Venedig, Luigi Brugnaro, sagte, das Unglück sei „der x-te“ Beweis, dass in dem Kanal keine Kreuzfahrtriesen mehr fahren könnten. Geplant ist, dass die besonders großen Kreuzfahrtschiffe eine weniger spektakuläre Route um die Stadt fahren und in der Industriegegend Marghera anlegen. Über dieses Projekt wird allerdings auch seit Jahren debattiert. Die UNESCO hat Venedig bereits gewarnt, dass die Riesenschiffe das Welterbe gefährden. Umweltschützer mahnen wegen Risiken für das besondere Ökosystem der Lagune. Unternehmer sehen dagegen ihr Geschäft in Gefahr.

MSC Opera
Reuters/Manuel Silvestri
Venedigs Bürgermeister fordert eine neue Route für Kreuzfahrtschiffe

Eintritt verschoben

Die Lagunenstadt kämpft schon seit einiger Zeit mit den negativen Auswirkungen des Massentourismus. Venedig will künftig von Touristinnen und Touristen, die nur für einen Tag kommen, eine Art Eintrittsgeld verlangen. Brugnaro will damit erreichen, dass die Kosten für die Reinigung der Stadt nicht nur auf den „Schultern der Bürger“ lasten. Erst vor wenigen Tagen war die für spätestens September geplante Einführung der Gebühr allerdings verschoben worden. Die Gemeinde will sich mehr Zeit zur Prüfung der technischen Aspekte in Zusammenhang mit dem Eintrittsgeld nehmen, hieß es Anfang Juli aus dem Gemeinderat.

Brugnaro machte deutlich, dass es bei der neuen Maßnahme darum gehe, dass die Stadt auch für kommende Generationen erlebbar sei. Brugnaro will Besucher aber auch ermutigen, nicht nur einen Abstecher in die Stadt zu machen. Man brauche einige Tage, um die Stadt zu verstehen, sagte er.

Die Reinigungskosten in der historischen Altstadt seien um 30 Millionen Euro höher als in anderen Städten – auch, weil die Altstadt täglich „per Hand gekehrt“ werde, sagte Brugnaro. Geplant sind zunächst drei Euro Gebühr für Reisende, die nicht über Nacht bleiben. 2020 soll der Preis auf sechs Euro steigen, in ruhigen Zeiten aber auch gesenkt und bei stärkerem Andrang angehoben werden. Hotelgäste zahlen ohnehin eine Ortstaxe.