„Ich setze mich für geringe Steuern, viele Investitionen, für gute und neue Jobs sowie für Wachstum ein, das zu besseren Gehältern und höheren Pensionen in einem effizienten Staat führen wird“, sagte der Chef der konservativen Nea Dimokratia (ND) am Sonntag in einer Fernsehansprache. Der Wahlausgang habe ihm ein klares und starkes Mandat gegeben, Griechenland zu verändern. Das Parlament solle nicht in Sommerpause gehen, kündigte er an. Es gebe genug zu tun, so der Chef jener Partei, die für den Beinahebankrott des Landes mitverantwortlich war.
Der abgewählte Regierungschef Alexis Tsipras von der Linkspartei SYRIZA gratulierte seinem Rivalen noch am Wahlabend. Mitsotakis kündigte an, er wolle sein Land wieder „stolz“ machen. In einer ersten Ansprache nach seinem Wahlsieg sprach ND-Chef Mitsotakis seinen Landsleuten Mut zu. „Ich werde für alle Griechen da sein, ich werde hart arbeiten“, sagte er am Abend in Athen. Der Wahlausgang habe nicht nur den Wunsch zum Ausdruck gebracht, dass die schweren Zeiten der Krise endeten. „Es war mehr – es geht darum, unser Glück selbst in die Hand zu nehmen, selbst Verantwortung zu übernehmen. Jetzt krempeln wir die Ärmel hoch.“
„Jobs, Sicherheit und Wachstum“
Mitsotakis’ Partei gilt als wirtschaftsfreundlich. Der Parteichef versprach während des Wahlkampfes, Privatisierungen zu fördern, mit der Senkung von Steuern die Wirtschaft anzukurbeln und damit auch die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Zurzeit sind mehr als 18 Prozent der Griechen ohne Arbeitsplatz. „Ein schmerzlicher Kreislauf wurde heute beendet“, sagte der Sohn des früheren Ministerpräsidenten Konstantinos Mitsotakis. Griechenland werde „sein Haupt wieder stolz erheben“. Der 51-Jährige versprach seinen Landsleuten „Jobs, Sicherheit und Wachstum“.
Das vorläufige amtliche Endergebnis
Die Nea Dimokratia gewann laut vorläufigem amtlichem Endergebnis mit 38,9 Prozent der Stimmen. Sie wird damit eine Mehrheit von 158 der 300 Abgeordneten im Parlament haben und alleine regieren können, wie das Innenministerium am Montag in Athen mitteilte. Zweitstärkste Kraft wurde SYRIZA mit 31,5 Prozent und 86 Abgeordneten. Die sozialdemokratische KinAl kam auf 8,1 Prozent und 22 Abgeordneten.
Den Sprung über die Dreiprozenthürde für den Einzug ins Parlament schafften die Kommunistische Partei (KKE) mit 5,3 Prozent (15 Abgeordnete), die rechtspopulistische Griechische Lösung mit 3,7 Prozent (zehn Abgeordnete) und die Partei des ehemaligen griechischen Finanzministers Gianis Varoufakis (MeRa25) mit 3,4 Prozent und neun Abgeordneten.
EU gratuliert und mahnt
EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker gratulierte Mitsotakis zu dem Wahlsieg. Die Hilfen an Griechenland während der Finanz- und Schuldenkrise seien eine der „stolzesten Errungenschaften“ der EU-Kommission, schrieb Juncker auf Twitter. „Eine Menge ist erreicht worden.“ Es müsse aber auch noch eine Menge getan werden. Auch EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici gratulierte Mitsotakis. Zugleich dankte er Tsipras, „der viel für sein Land und Europa getan“ habe.
Tsipras: „Waren beschäftigt, das Land zu retten“
Der abgewählte Regierungschef sagte zur Niederlage: „Wir haben uns hauptsächlich damit beschäftigt, das Land zu retten, und dafür manche Probleme nicht gesehen, die die Menschen beschäftigt haben.“ Man habe jedoch viel Erfahrung gesammelt und stehe parat für die weitere politische Entwicklung im Land. Die Niederlage des linken Regierungschefs führen Beobachter auf die harten Sparmaßnahmen der vergangenen Jahre zurück, die hauptsächlich die Mittelklasse getroffen haben.
Analyse von ORF-Korrespondent Ernst Gelegs
ORF-Korrespondent Ernst Gelegs berichtet aus Athen, was von der Amtszeit von Ex-Premier Tsipras bleibt und was Mitsotakis jetzt vorhat.
Ein großer Teil des Mittelstands, der in Griechenland traditionell über den Ausgang der Wahlen entscheidet, kehrte der SYRIZA den Rücken und setzte auf die Konservativen. Auch viele Pensionisten wandten sich von der linken Partei ab, nachdem Tsipras mehrere Pensionskürzungen durchgeführt hatte. SYRIZA war bereits bei der Europawahl Ende Mai abgestraft worden.
Rasche Regierungsbildung erwartet
Medienberichten zufolge könnte Mitsotakis bereits am Montag von Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos vereidigt werden. Dass die Regierungsbildung schnell geht und keine Zeit verloren wird, war nach Ansicht politischer Beobachter ein wichtiger Grund für viele Griechinnen und Griechen, konservativ zu wählen.
Durch ND verursachter Niedergang scheint vergessen
Vergessen scheint, dass es Politiker der nun wiederum an die Macht gewählten ND (sowie der sozialdemokratischen PASOK) waren, die das Land abwechselnd jahrzehntelang regiert und in die Krise geführt hatten: Schon vor dem Eintritt in die Euro-Zone hatte man geschönte Budget- und Defizitdaten an die EU geliefert. Auch in den folgenden Jahren wurde das wahre Ausmaß der Verschuldung verschleiert. 2010 platzte die Bombe, und das Land rutschte in eine tiefe Schuldenkrise.
Auch wurde Mitsotakis’ Popularität weder dadurch geschmälert, dass er von 2013 bis 2015 Minister für Verwaltungsreform unter Premier Antonis Samaras (ND) war, noch, dass er wie fast alle ND- und PASOK-Granden einem der Politclans entstammt, die einander in ihren politischen Ämtern förderten und ablösten.