Demonstrationsteilnehmerin mit rotem Handabdruck im Gesicht
Reuters/Ivan Alvarado (Montage)
Frauenmorde

UNO zeigt alarmierende Entwicklung auf

Aktuelle UNO-Daten über Anzahl und Motiv der weltweiten Morde zeigt alarmierende Entwicklungen. 2017 wurden 87.000 Frauen Mordopfer, die meisten durch die Hand ihrer Partner oder Familienmitglieder. Auch die Zahlen aus Österreich zeichnen ein düsteres Bild: In den vergangenen Jahren gab es einen deutlichen Anstieg.

Der Bericht des UNO-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) wurde am Montag veröffentlicht. Er zeigt, dass im Jahr 2017 rund 464.000 Menschen durch Mord starben – mehr als durch bewaffnete Konflikte. Die Studie beschäftigt sich auch mit den Motiven von Gangkriminalität, organisiertem Verbrechen bis hin zum Geschlecht.

Der große Teil dieser Mordopfer (81 Prozent) sind Männer, noch größer der Anteil der Männer bei den Mordbeschuldigten (über 90 Prozent). Obwohl es weltweit weit weniger Morde an Frauen gab, sind sie zum weit überwiegenden Teil die Opfer innerhalb der Partnerschaft oder der Familie. Rund 50.000 Frauen wurden durch den eigenen Partner oder Familienmitglieder (also etwa auch „Ehrenmorde“) getötet. Das sind 137 am Tag, so die Studie.

Säulengrafik über den Anteil von Mordopfern innerhalb 
der Partnerschaft oder Familie (2017, Angaben in Prozent)
Grafik: ORF.at; Quelle: UNODC

Fünf Jahre zuvor lag die Zahl mit rund 48.000 noch etwas darunter. „Die jährliche Anzahl der weiblichen Toten, die durch Mord in Partnerschaft/Familie starben, scheint also zu steigen“, heißt es im Bericht. Die meisten Frauenmorde geschahen in Asien. In Relation zur Bevölkerung haben Frauen in Afrika das höchste Risiko, ein Mordopfer in der Beziehung oder Familie zu werden.

Expertin kritisiert Justiz

In Österreich gab es 2014 19 Femizide, vier Jahre später waren es 41, also mehr als doppelt so viele, wie der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser aufzählt. Heuer wurden im ersten Quartal bereits zehn gezählt. „Zu Jahresbeginn war die Zahl erschreckend hoch. Seit März ist es ruhig, erstaunlich ruhig“, sagte Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins Autonome Frauenhäuser (AÖF), gegenüber ORF.at. 2018 habe Österreich europaweit die traurige Spitze gebildet. Eine Erklärung fand Rösslhumer in der „Bagatellisierung durch die Justiz“: „Bei solchen Taten gibt es eine Vorlaufzeit, das kündigt sich meist im Vorfeld an, die Täter planen ihre Tat“, so Rösslhumer. Auch im UNO-Bericht heißt es, dass Taten von (Ex-)Partnern meist nur das Ende einer langen Gewaltspirale sind.

Femizid

In den vergangenen Jahren setzte sich der Begriff auch international durch. Er bezeichnet die Tötung von Menschen wegen ihrer Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht, etwa durch Ehemann, Partner oder Bruder.

Mit besonders gefährlichen Gewalttätern gehe die Justiz aber lax um, so Rösslhumer. Drohungen würden oft nicht ernst genommen, die Gewalttäter auf freien Fuß gesetzt, oder es werde ihnen ermöglicht zurückzukommen, weil sie nicht in Untersuchungshaft genommen würden. Besonders gefährliche Gewalttäter hielten sich aber nicht an Regeln. „Wenn sich Frauen aus solchen Gewaltbeziehungen lösen, sich trennen wollen oder scheiden lassen, ist es für sie die gefährlichste Zeit.“ Es brauche Gefahrenanalysen, eine bessere Datenlage und Unterstützung, forderte Rösslhumer.

Nur zehn Prozent an Verurteilungen

Dabei würden die österreichischen Gesetze ausreichen, meint die Expertin. Sie seien bereits angemessen und gut formuliert. Eine Ausweitung des Strafrahmens, wie im von der ehemaligen Koalition von ÖVP und FPÖ ausgearbeiteten Gewaltschutzpaket vorgesehen, sei nicht zielführend. „Es würde schon ausreichen, wenn die Justiz die bestehenden Strafrahmen ausschöpfen würde“, so die AÖF-Geschäftsführerin.

Frauenministerin Stilling über ihre politischen Schwerpunkte

Frauenministerin Ines Stilling sagt in ihrem ersten Interview mit der ZIB, sie wolle das Angebot für Frauen, die Opfer von sexueller Gewalt sind, verbessern.

Zudem müsse Österreich endlich die Istanbul-Konvention umsetzen, die 2013 ratifiziert wurde. Dieses Übereinkommen des Europarats hat mittels verbindlicher Rechtsnormen zum Ziel, Gewalt an Frauen zu beenden. Die Unterzeichnerstaaten sind verpflichtet, offensiv gegen sexuelle und physische Gewalt gegen Frauen vorzugehen. Es brauche eine Sensibilisierung und auch eine höhere Verurteilungsrate, so Rösslhumer. „Es werden nach Anzeigen von Frauen nur zehn Prozent verurteilt.“