Flugzeug
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Klimakrise

Frankreich plant Ökosteuer auf Flüge

Die Regierung von Präsident Emmanuel Macron hat sich auf die Fahnen geschrieben, mehr für den Klimaschutz zu tun. Frankreich wird daher ab kommendem Jahr eine Ökosteuer auf Flugtickets einführen. Der Erlös in Millionenhöhe soll in umweltfreundlichere Infrastrukturen investiert werden. Experten kritisieren die Abgabe aber als zu niedrig – so werde niemand vom Fliegen abgehalten.

Die Ökosteuer werde je nach Art des Tickets zwischen 1,50 und 18 Euro betragen, erklärte die französische Verkehrsministerin Elisabeth Borne am Dienstag. Die Steuer werde für alle Flüge gelten, die in Frankreich starten. Ausnahmen gebe es für Anschlussflüge und Flugreisen auf die französische Mittelmeer-Insel Korsika und in die französischen Überseegebiete.

Für alle anderen Inlands- und innereuropäischen Flüge fallen laut der Ministerin für Tickets in der Economy-Class 1,50 Euro an. Die Umweltsteuer für ein Businessclass-Ticket soll neun Euro betragen. Flugtickets zu Zielen außerhalb Europas sollen mit drei Euro in der Economy-Class und 18 Euro in der Businessclass besteuert werden, wie Borne erklärte.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron
Reuters/Francois Lenoir
Macron gilt als großer Verfechter der Pariser Klimaschutzziele – wie erfolgreich, muss sich allerdings noch zeigen

Globaler Wachstum in Luftfahrtbranche

Die Maßnahme wurde von einem Umweltrat unter Vorsitz von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron beschlossen. Sie soll im Haushaltsgesetz für 2020 verankert werden. Die Regierung rechnet mit einem Erlös von jährlich gut 180 Millionen Euro. Damit sollen Investitionen in die Infrastruktur umweltfreundlicher Verkehrsmittel finanziert werden – vor allem in das Schienennetz der Bahn.

Nach Einschätzung des Airline-Verbandes IATA wird auch in diesem Jahr die Passagierzahl weltweit um fünf Prozent auf 4,6 Milliarden zulegen. Zwar ist der Luftverkehr nur für knapp drei Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, doch fehlt es angesichts des stetigen globalen Wachstums an einer positiven Perspektive in diesem Sektor. Anders als im landgebundenen Verkehr oder bei der Energiegewinnung stehen bei Flugzeugen mittelfristig keine technische Alternative zu den Verbrennungsmotoren zur Verfügung.

Bezeichnung als Ökosteuer „fragwürdig“

Kritik kommt von einer Umweltorganisation in Brüssel. Die Bezeichnung „Ökosteuer“ für die französische Abgabe sei fragwürdig, sagte der Luftfahrtexperte Andrew Murphy von der Organisation Transport & Environment am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP.

Ticketsteuer in Österreich

Auch Österreich hat eine, von der Luftfahrtbranche heftig bekämpfte Ticketsteuer. Sie wurde mit 1. Jänner 2018 halbiert und beträgt seither pro Kurzstreckenticket 3,50 Euro, auf der Mittelstrecke 7,50 Euro und für Langstreckenflüge 17,50 Euro.

Zwar sei es begrüßenswert, dass die Regierung die Erlöse für Investitionen in umweltfreundliche Verkehrsmittel nutzen wolle. Der Steuersatz sei aber „ziemlich niedrig“, betonte er. Eine Steuer von 1,50 Euro für einen Inlandsflug bis 18 Euro für ein Langstrecken-Businessclass-Ticket werde vermutlich „niemanden vom Fliegen abhalten“. Die Organisation fordert eine EU-weite Kerosinsteuer.

In der EU besteuern derzeit nach Angaben des Experten fünf Länder Flugtickets: Österreich, Deutschland, Großbritannien, Italien und Schweden. Auch die Niederlande wollen 2021 zumindest ebenfalls eine nationale Flugsteuer einführen. Im Gespräch waren sieben Euro pro Ticket. Die größten Steuererlöse werden in Großbritannien mit rund drei Milliarden Pfund (rund 3,3 Mrd. Euro) jährlich erzielt. Die seit 2011 geltende deutsche Luftverkehrssteuer spiele rund eine Milliarde Euro jährlich ein. Mit 180 Millionen Euro liege Frankreich weit hinten.

Flugzeuge am Charles de Gaulle
AP/Christophe Ena
Der Luftverkehr ist für knapp drei Prozent der weltweiten CO2-Emission verantwortlich – doch es könnten immer mehr werden

EU: Kerosinsteuer muss global diskutiert werden

Dennoch scheint Frankreich von der Flugsteuer überzeugt – Macron sprach sich bereits im Mai für eine solche aus und forderte eine europaweit einheitliche Besteuerung von Kerosin. Diese Steuer könnte eben auf Flugtickets oder Kerosin aufgeschlagen oder durch Änderungen beim EU-Emissionshandel erhoben werden, hieß es damals aus dem französischen Verkehrsministerium.

Belgien schlug im Juni eine europaweite Abgabe vor, die jedoch von den EU-Verkehrsministern abgelehnt wurde. Die Mitgliedsstaaten begrüßten laut einem EU-Diplomaten zwar die Diskussion, vertraten aber gleichzeitig die Ansicht, dass das mit Verweis auf die Wettbewerbsfähigkeit nicht auf den EU-Raum beschränkt werden könne. Denn Fluggesellschaften aus Drittstaaten könnten dann umso mehr mit billigen Tickets auf den Markt drängen und so zugleich die Anstrengungen in Sachen Klimaschutz unterlaufen. Letzten Endes müsse eine Kerosinsteuer global diskutiert werden, hieß es.

Kritik von Fluggesellschaften

Kritik kommt auch von der französischen Fluggesellschaft. Die Steuerpläne bedeuteten eine erhebliche Schwächung des Unternehmens im Wettbewerb. „Diese Steuer würde zusätzliche Kosten von mehr als 60 Millionen Euro pro Jahr für die Air France Gruppe bedeuten“, hieß es in einer Mitteilung der Konzernführung. An der Börse setzte die Ankündigung die Aktienkurse von Air France und Lufthansa unter Druck.

Passagiere am Charles de Gaulle
AP/Christophe Ena
Nach Einschätzung von Experten wird auch in diesem Jahr die Passagierzahl weltweit um fünf Prozent auf 4,6 Milliarden zulegen

Das Ziel, weniger Treibhausgase durch das Fliegen in die Luft zu blasen, werde man wohl ohnehin durch technische Fortschritte effektiver erreichen, meinte ein EU-Diplomat im Juni. So würden Flugzeuge der jüngsten Generation schon wesentlich weniger Treibstoff verbrauchen als ältere Modelle.

Laut einem vom Umweltverband Transport und Environment im Mai geleakten Bericht der EU-Kommission könnte der CO2-Ausstoß durch rund zehn Prozent teurere Tickets jedoch um elf Prozent gedrückt werden. Zurzeit ist es nach einer Konvention von 1944 allerdings nicht möglich, dass Staaten Flugbenzin besteuern.

Frankreich verfehlt Klimaneutralitätsziel

Am Dienstag erklärte Paris indes auch den Klimanotstand. Die Stadtverwaltung rief alle Politikerinnen und Politiker dazu auf, das UNO-Klimaabkommen von 2015 umzusetzen, das in der französischen Hauptstadt geschlossen wurde. Und obwohl Macron auf EU-Ebene für das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 wirbt, sprechen internationale Expertinnen und Experten Frankreich eine Vorreiterrolle im Klimaschutz ab.

„Frankreich hat keine Aussichten, das Ziel der CO2-Neutralität 2050 zu erreichen“, hieß es einer Ende Juni veröffentlichten Expertise, die Macron in Auftrag gegeben hatte. Der Studie zufolge hält Frankreich seine Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen 2015 bisher nicht ein.

Eine geplante Erhöhung der Dieselsteuer wurde in Frankreich erst Ende des Jahres auf Eis gelegt, nachdem die Protestbewegung der „Gelbwesten“ massiv dagegen Front gemacht hatte und die Umfragewerte des Präsidenten in den Keller gerauscht waren. Diese Erfahrungen gelten bei Skeptikern und Skeptikerinnen als abschreckendes Beispiel für eine sozial nicht ausreichend abgefederte Verteuerung von klimaschädlichen Treib- und Brennstoffen.