Tankschiff im Golf von Oman
APA/AFP/Giuseppe Cacace
Medienberichte

Iran wollte britischen Tanker kapern

In der Straße von Hormus im Persischen Golf hat es einen neuen Zwischenfall gegeben. Berichten der US-Fernsehsender CNN und Fox News von Mittwochabend (Ortszeit) zufolge sollen iranische Kräfte versucht haben, einen britischen Tanker zu kapern. Möglicherweise handelt es sich hier um eine Racheaktion. Der Iran dementiert.

Die Berichte berufen sich dabei auf nicht näher genannte Quellen der US-Regierung. Es sollten sich mehrere Boote der iranischen Revolutionsgarden dem Tanker am Mittwoch in der Straße von Hormus genähert und das Schiff aufgefordert haben, seinen Kurs zu ändern und iranisches Hoheitsgewässer anzufahren. Ein britisches Begleitschiff konnte die iranischen Boote offenbar zurückdrängen und eine Eskalation vermeiden.

Laut CNN gibt es US-Luftaufnahmen dieses Zwischenfalls. Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es nicht. Donnerstagfrüh wiesen die Revolutionsgarden die Vorwürfe zurück, berichtete die halboffizielle Agentur Fars. „Das Ziel solcher wertlosen Unterstellungen ist lediglich, Spannungen zu provozieren“, sagte wenig später auch der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif.

Britische Regierung bestätigt Vorfall

Die britische Regierung bestätigte wenig später den Vorfall. Drei iranische Boote hätten versucht, den Tanker zu stoppen. Diese Boote gaben laut britischer Regierung erst nach „verbalen Warnungen“ des begleitenden britischen Marineschiffs auf. Die britische Regierung sei „beunruhigt“ über den Vorfall und dränge den Iran, in der Region zu deeskalieren.

Öltanker Grace 1 nahe Gibraltar
Reuters
Der iranische Tanker „Grace 1“ wurde vergangene Woche vor Gibraltar unter britischer Beteiligung gestoppt

Der Vorfall im Persischen Golf könnte eine Reaktion auf den Stopp des iranischen Supertankers „Grace 1“ in der vergangenen Woche vor Gibraltar an der Südspitze Spaniens wegen des Verdachts illegaler Öllieferungen für Syrien gewesen sein. Auch die britische Marine war an der Aktion beteiligt. Dreimal wurde der britische Botschafter in Teheran deswegen einbestellt. Der Iran forderte London auf, das Schiff weiterfahren zu lassen. Auf Anordnung des Obersten Gerichtshofs des britischen Überseegebiets darf das Schiff zumindest bis zum 21. Juli nicht wieder auslaufen.

Der iranische Präsident Hassan Rouhani hatte Großbritannien erst am Mittwoch deswegen mit Konsequenzen gedroht. „Der Stopp des Supertankers durch die Briten war ein Fehler und dumm (…). Wir müssen uns alle dafür einsetzen, dass die internationale Schifffahrt sicher bleibt, und dürfen sie nicht mit solchen Aktionen unsicher machen“, sagte Rouhani. Großbritannien solle das beherzigen, „um später nicht die Konsequenzen zu tragen“.

Strategisch wichtige Meerenge

Die Meerenge der Straße von Hormus gilt als eine der wichtigsten Seestraßen für den Handel, vor allem aber für den Öltransport. Auch im Juni hatte es im Golf von Oman mysteriöse Zwischenfälle mit zwei Tankern gegeben. Die US-Regierung machte dafür den Iran verantwortlich. Die Führung in Teheran bestritt die Vorwürfe.

Karte zeigt Straße von Oman
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

An eine Entspannung in dem Konflikt zwischen den USA und dem Iran ist derzeit nicht zu denken. Erst am Mittwoch hatte US-Präsident Donald Trump Teheran mit einer weiteren Verschärfung der Sanktionen gedroht und dem Iran vorgeworfen, seit Langem heimlich Uran anzureichern.

Ergebnisloses Treffen der Atomenergiebehörde

Vor allem europäische Kräfte versuchen derzeit, das 2015 geschlossene Atomabkommen mit dem Iran zu retten, aus dem die USA im vergangenen Jahr ausgestiegen waren. Der Iran erklärte selbst einen Teilausstieg aus dem Abkommen und erteilte den Forderungen nach Änderungen in der Vereinbarung eine Absage. „Wir reden nur über das, was im Atomdeal steht … kein Wort mehr, aber auch kein Wort weniger“, sagte Außenamtssprecher Abbas Mussawi nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA am Mittwoch.

Iran wollte britischen Tanker kapern

US-Medien berichten von einem Versuch des Iran, im Persischen Golf einen britischen Tanker zu kapern. London hat den Vorfall inzwischen bestätigt.

Rouhani betonte, dass die Urananreicherung nur zivilen Zwecken diene. Der iranische Teilausstieg aus dem Atomabkommen sei legal, da Zusagen über wirtschaftliche Kooperation und leichteren Ölexport seitens der anderen Partner nicht eingehalten worden seien. Eine von den USA beantragte Dringlichkeitssitzung der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) dazu ging am Mittwoch nach Angaben des iranischen Vertreters der Behörde, Kasem Gharibabadi, für die USA ohne Ergebnisse zu Ende.

Welche Chance hat der Atomvertrag noch?

Andreas Pfeifer, Chef der ORF-Auslandsredaktion, erklärt, wie die verbliebenen Partner im Atomvertrag eine kriegerische Auseinandersetzung zwischen den USA und dem Iran vermeiden wollen.

Zuversicht nach Macron-Brief

Der Iran zeigte sich indes nach Unterredungen mit dem Berater des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, Emmanuel Bonne, und dessen Brief an Rouhani zuversichtlich, dass es im Konflikt mit den USA zu einer Lösung kommen könnte: „Wir hatten gute Gespräche mit Emmanuel Bonne, wie eine Waffenruhe und ein angemessenes Endspiel aussehen könnten“, twitterte Abbas Araktschi, Vizeaußenminister und einer der Hauptunterhändler in den Atomverhandlungen, am Donnerstag. Am Ende seines Besuchs überreichte Bonne ein Schreiben Macrons an Rouhani.