EU-Kommissar Johannes Hahn (ÖVP)
AP/Virginia Mayo
Hahn als EU-Kommissar

Mehrheit für Bierleins Vorschlag sicher

Johannes Hahn (ÖVP) dürfte eine weitere Funktionsperiode als Österreichs EU-Kommissar erhalten. Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein hatte Hahn am Donnerstag vorgeschlagen, von den Parlamentsparteien kommt wenig Gegenwind. Ein Wermutstropfen für die Opposition ist aber, dass Bierlein keine Frau für den Posten vorschlug. Denn die nächste Kommission soll, so der Wunsch, je zur Hälfte mit Männern und Frauen besetzt werden.

Hahn, derzeit Kommissar für Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen, gab noch keinen Kommentar zu Bierleins Vorschlag ab. Ganz überraschend dürfte die Entscheidung aber für ihn nicht kommen, sie hatte sich in den vergangenen Tagen bereits abgezeichnet. Am Donnerstag gab Kanzlerin Bierlein per Aussendung ihre Absicht bekannt, Hahn „im Lichte der bisherigen Gespräche mit den im Nationalrat vertretenen Parteien“ für die Nominierung vorzuschlagen.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) ersuche sie schriftlich, „Konsultationen im Hauptausschuss des Nationalrates über diesen Vorschlag zu führen“ und sie „vom Ergebnis zu informieren“, so Bierlein. Der Hauptausschuss findet wahrscheinlich Ende der kommenden Woche statt, hieß es in Parlamentskreisen.

Ruf nach weiblicher Besetzung

Im Nationalrat dürfte die Zustimmung für Hahn vorhanden sein. Sowohl ÖVP und FPÖ als auch JETZT kündigten Donnerstagnachmittag an, Hahn zu unterstützen. ÖVP-Klubobmann August Wöginger erklärte, Hahn sei ein sehr erfahrenes Kommissionsmitglied und in Europa bestens vernetzt und über die Parteigrenzen hinweg angesehen. FPÖ-Chef Norbert Hofer meinte, er habe mit Kanzlerin Bierlein schon darüber gesprochen. „Es ist eine kluge Entscheidung, in der jetzigen Situation einen erfahrenen Kommissar zu nominieren, der in der Kommission das nötige Gewicht einbringt“, sagte Hofer.

Hahn dürfte EU-Kommissar bleiben

Bundeskanzlerin Bierlein will den bisherigen Kommissar Johannes Hahn (ÖVP) weiter in der EU-Kommission belassen. Der Nationalrat dürfte zustimmen.

Auch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner erklärte ihre Zustimmung, allerdings unter Vorbehalten. Sie forderte Hahn auf, sich dazu zu bekennen, eine ganze Periode im Amt zu bleiben, da es nur so Chancen gebe, dass Österreich ein wichtiges Ressort erhält. Und lieber wäre es der SPÖ-Chefin gewesen, hätte die Regierung eine Frau nominiert. Der SPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament, Andreas Schieder, forderte Bierlein auf, auch einen Vorschlag mit einer weiblichen Kandidatin zu unterbreiten.

NEOS fordert Hearing

Die gleiche Meinung vertrat NEOS-EU-Parlamentarierin Claudia Gamon. Sie hätte sich gewünscht, dass auch eine Kandidatin ins Rennen geschickt werde: „Von unserer ersten Bundeskanzlerin hätte ich mir dahingehend mehr erhofft.“ Zudem betont Gamon die aus ihrer Sicht bestehende Notwendigkeit eines öffentlichen Hearings: „Die Abgeordneten müssen die Chance bekommen, Fragen zu stellen, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können.“

Grafik zeigt die Österreichischen EU-Kommissare
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA; Fotos: APA

Bessere Köpfe hätte sich der geschäftsführende JETZT-Klubobmann Wolfgang Zinggl vorstellen können. Er verstehe aber, dass es schwierig sei, in der aktuellen politischen Situation Mehrheiten zu bilden. Nachdem Hahn in den vergangenen Jahren als Kommissar eine gute Arbeit geleistet und auch im Interesse Österreichs agiert habe, „werden wir ihn als Kompromisskandidaten natürlich unterstützen“.

Die grüne EU-Delegationsleiterin Monika Vana forderte die Bundesregierung auf, drei Namen für die EU-Kommission vorzuschlagen. Ein Dreiervorschlag würde dem künftigen EU-Kommissionsvorsitz eine Auswahl bieten. Vana betonte dennoch, dass sie die Arbeit von Kommissar Hahn „sehr schätze“.

Von der Leyen für Geschlechterparität

Die nominierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wollte den Vorschlag von Bundeskanzlerin Bierlein nicht kommentieren. Jens Flosdorff, der Sprecher der amtierenden deutschen Verteidigungsministerin, verwies darauf, von der Leyen habe bereits im EU-Parlament klargemacht, dass sie keine Entscheidungen oder Festlegungen auf Portfolios treffen könne, solange sie nicht gewählt sei.

Von der Leyen war im EU-Parlament allerdings für eine Frauenquote von 50 Prozent in der künftigen EU-Kommission eingetreten. Die Abstimmung über ihre Nominierung zur EU-Kommissionspräsidentin findet am Dienstagabend statt.

„Ich würde bereit sein“

Ende Juni während eines Besuchs in Moldawien hatte der EU-Nachbarschaftskommissar gegenüber der APA seine Bereitschaft für eine etwaige weitere Amtszeit in der EU-Kommission bekundet. „Ich würde bereit sein. Es wäre aber keine Katastrophe, wenn es nicht passieren würde“, hatte er in Chisinau erklärt.

Der heute 61-jährige Hahn begann seine politische Laufbahn in den 1970er Jahren und fungierte zwischen 1980 und 1985 als Landesobmann der Jungen ÖVP Wien. 1992 stieg Hahn zum Landesgeschäftsführer der Partei auf und blieb in dieser Funktion bis 1997. Ein Jahr zuvor war er ins Wiener Stadtparlament eingezogen. Dann wechselte Hahn in die Privatwirtschaft und wurde Vorstand des niederösterreichischen Glücksspielkonzerns Novomatic AG.

2003 übernahm er für die ÖVP den nicht amtsführenden Stadtrat. 2005 löste Hahn Alfred Finz an der Spitze der Wiener ÖVP ab. Als Spitzenkandidat bei der Gemeinderatswahl im gleichen Jahr eroberte er für seine Partei den zweiten Platz von der FPÖ zurück. 2007 wurde er Bildungsminister, zwei Jahre später ging er als Kommissar nach Brüssel.

Seit 2010 Kommissar

Für Hahn wäre es seine dritte Funktionsperiode als EU-Kommissar. Für die EU-Kommission Barroso II war Hahn ab 2010 für Regionalpolitik zuständig, Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker teilte dem Wiener 2014 die Bereiche Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen zu. Gemeinsam mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini leitete Hahn eine Reform der EU-Nachbarschaftspolitik in die Wege.

Hahn war zuletzt auch wegen einer ganz anderen Angelegenheit in die Schlagzeilen geraten. Der „Kurier“ und die Gratiszeitung „Heute“ hatten über einen Vorfall berichtet, bei dem Hahn auf dem Wiener Stephansplatz mit einem Radfahrer in Streit geraten war. Der Radfahrer sei zu schnell gewesen und habe beinahe einen Zusammenstoß mit Hahn und seiner Lebensgefährtin Susanne Riess-Passer verursacht. Daraufhin habe sich ein Streit entsponnen, bei dem der Radfahrer auch mit einer Ohrfeige gedroht habe.

Hahn erklärte gegenüber dem „Kurier“, er habe den Angriff nur „mit einer Handbewegung abgewehrt, um sich zu schützen“. Passanten wollten Beschimpfungen auf beiden Seiten und eine Rangelei gesehen haben. Dass der Vorfall in die Medien kam, sei laut Riess-Passer ein Manöver, um ihren Lebensgefährten anzupatzen, berichtete der „Kurier“.