Pressekonferenz JETZT
APA/Herbert Neubauer
„Wollen’s wissen“

JETZT tritt bei Nationalratswahl an

JETZT, vormals Liste Pilz, hat turbulente Wochen hinter sich, Abgänge von mehreren Mitstreiterinnen und Mitstreitern der ersten Stunde inklusive. Bis zuletzt hatte Parteigründer Peter Pilz ein Antreten bei der Nationalratswahl am 29. September offengelassen, am Samstag fiel die Entscheidung. Die lautete: „Ja, wir wollen’s ein zweites Mal wissen.“

Pilz hatte die Entscheidung zuletzt vor allem auch von Gesprächen mit potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten abhängig gemacht und betont: Es gehe ihm primär darum, dass er das Terrain nicht Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) überlassen wolle.

„Das, was mich wirklich motiviert: Ich möchte diese Republik nicht Sebastian Kurz und diesen Typen überlassen“, so der frühere grüne Nationalrats- und Wiener Landtagsabgeordnete. „Wenn wir nicht kandidieren, gibt es keine einzige Liste, die garantiert, dass sie nicht mit dem Herrn Kurz ins Geschäft kommt.“ Es brauche aber einen „Gegenpol“.

Der „Gegenpol“

Samstagnachmittag sagte Pilz bei einer Pressekonferenz gemeinsam mit Bundesparteiobfrau Maria Stern und der Abgeordneten Daniela Holzinger-Vogtenhuber: Es müsse eine Liste geben, wo „mit Sicherheit nicht Kurz drin“ sei. Er wolle einen „Gegenpol“ bilden, es brauche jemanden, der die ÖVP kontrolliere. Es brauche eine völlig unabhängige Kontrolle. „Und das sind wir. Das sind nur wir.“

Pressekonferenz JETZT
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Susanne Giendl, Maria Stern, Peter Pilz, Daniela Holzinger-Vogtenhuber, Martin Balluch (v. l. n. r.)

„Ja, wir wollen’s ein zweites Mal wissen“

Nach der Wahl – Pilz sprach von einer möglichen Koalition von ÖVP, NEOS und Grünen – drohe eine alleinige FPÖ-Opposition. Das deshalb, weil die SPÖ „genetisch oppositionsunfähig“ sei. In Anspielung auf die rechtspopulistische Politik des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban warnte Pilz vor einer „Orbanisierung“ Österreichs. Die zentralen Themen hießen: Kontrolle, Unabhängigkeit, Gegenpol.

Und deshalb erklärte Pilz: „Ja, wir wollen’s ein zweites Mal wissen.“ Man werde kämpfen, und das tue man, um zu gewinnen. Anschließend stellte Pilz sein „Spitzenteam“ vor. Neben Parteichefin Stern und Holzinger-Vogtenhuber: der Obmann des Vereins gegen Tierfabriken (VGT), Martin Balluch, bekannt vor allem aus dem Tierschützerprozess, in dem er freigesprochen wurde. Ebenfalls nun bei JETZT an Bord: Susanne Giendl, wissenschaftliche Mitarbeiter am Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) – und natürlich Pilz selbst. „Die ersten fünf sind gewählt.“

Geht es nach Parteichefin Stern, die an zweiter Stelle für JETZT antritt, ist auch der Parteiaufbau geglückt. Sie kritisierte den „Sozialzynismus“ durch die einstige ÖVP-FPÖ-Regierung. Quereinsteiger Balluch berichtete, dass er schon über die Gründung einer eigenen Tierschutzpartei nachgedacht habe – nun ergreife er die Chance mit JETZT. Um das Thema Menschenrechte kümmern soll sich die zweite Quereinsteigerin, die Juristin Giendl.

Unterstützungserklärung von Dönmez

Weitere Kandidatinnen und Kandidaten aus verschiedenen Bereichen würden demnächst gewählt und der Öffentlichkeit vorgestellt. Sein Name, sagte Pilz, werde wohl ein letztes Mal auf dem Wahlzettel stehen. Nur als „Orientierungshilfe.“

Gegen Ende der Pressekonferenz stellte sich Pilz noch selbst eine rhetorische Frage: „Herr Doktor Pilz, haben Sie überhaupt die notwendigen Unterstützungserklärungen?“ Die drei notwendigen Unterschriften von Abgeordneten seien da, ja. „Ja, wir können auf jeden Fall kandidieren.“ Die Unterschriften stammten von ihm selbst, Holzinger-Vogtenhuber und dem „wilden“ früheren grünen Bundesratsabgeordneten Efgani Dönmez, der 2017 auf einem ÖVP-Ticket in den Nationalrat eingezogen war.

Pressekonferenz: JETZT | Liste Pilz: Entscheidung über NR-Wahl-Kandidatur

Bis zuletzt hat Parteigründer Peter Pilz ein Antreten von JETZT bei der Nationalratswahl am 29. September offengelassen, am Samstag fiel die Entscheidung. Die lautete: „Ja, wir wollen’s ein zweites Mal wissen.“

Stichwort Grüne: Auf eine Frage zur Position gegenüber diesen sagte Pilz, er habe nie „schiach“ über sie gesprochen. „Unsere Gegner sind sie mit Sicherheit nicht.“ Es gebe unterschiedliche Ansätze. Aber die Gegner säßen vor allem „an der Spitze von ÖVP und FPÖ“.

Mehrere gingen „in Frieden“

Bei JETZT hatten Anfang des Monats die Abgeordneten Bruno Rossmann, Wolfgang Zinggl und Alfred Noll angekündigt, nicht mehr zu kandidieren, es folgten Stephanie Cox und Alma Zadic, die für die Grünen kandidieren will. Cox wollte wieder als Unternehmerin arbeiten.

Die beiden Klubchefs Zinggl und Rossman sowie Rechtsanwalt und Hochschullehrer Noll erklärten via Aussendung: „Wir sind von Anfang an nur für diese Legislaturperiode angetreten, haben das klubintern auch immer wieder betont, und mit dem vorzeitigen Ende der Legislaturperiode endet auch unsere Tätigkeit.“ Alle drei waren Mitstreiter der ersten Stunde. Pilz sagte später: „Die drei Herren in meinem Alter sind in größtem Frieden von uns geschieden.“

Doch nicht per Zug Richtung Süden

Es hieß, man wolle trotzdem weitermachen und kandidieren, „sehr sehr verlockend“ sei aber auch die Vorstellung, „morgen in den Zug zu steigen und mit meiner Frau in den Süden zu fahren“, wie Pilz – seit mehr als drei Jahrzehnten in der Politik – Anfang Juli erklärte. Einen Abgang von der politischen Bühne hatte er damals ausgeschlossen. „Es geht ja nicht darum, nichts zu tun.“ Im Juni hoben Pilz und JETZT das Onlineportal Zackzack.at mit dem Versprechen, „politisch korrekt“ zu sein, und der Ankündigung, „zu schreiben, worüber andere schweigen“, aus der Taufe.

„Wurst“ und Aufregung um Cartoon

Zuletzt sorgte das Portal mit einem Cartoon im Kontext der Debatte über Parteispenden, in dem NEOS-Bundesparteichefin Beate Meinl-Reisinger als Hund, „gefüttert“ mit einer Wurst vom Industriellen und NEOS-Unterstützer Hans Peter Haselsteiner, dargestellt war, für mediales Aufsehen. Der Name „Zackzack“ ist eine Anspielung auf das „Zack, zack, zack“ des zurückgetretenen FPÖ-Bundesparteichefs und Vizekanzlers Heinz-Christian Strache aus dem „Ibiza-Video“, in dem dieser darüber sinniert hatte, die „Kronen Zeitung“ personell-redaktionell umgestalten zu wollen. Die „Wurst“ ist Pilz’ jüngstes bevorzugtes Synonym für Parteispenden.

Pilz hatte seine Liste 2017 gegründet, nachdem er zuvor bei den Grünen in einer Kampfabstimmung um den vierten Listenplatz für die damalige Nationalratswahl unterlegen war und aus der Partei ausgetreten war. Die Umbenennung in JETZT erfolgte gegen Ende des Vorjahres.