UNO-Berichterstatter: „Migrationsnotstand“ in Ungarn unnötig

Der Berichterstatter des UNO-Menschenrechtsrats, Felipe Gonzalez Morales, hält den in Ungarn seit 2015 geltenden „Migrationsnotstand“ für nicht gerechtfertigt. „Ich fordere die ungarische Regierung auf, die Erklärung des Migrationsnotstandes zurückzunehmen und die damit verbundenen Maßnahmen zu revidieren“, sagte Morales heute.

Es gebe „keinen Massenzustrom von Migranten und Asylsuchenden“ mehr. Den „Migrationsnotstand“ hatte die Regierung des rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orban 2015 ausgerufen, er wird jedes halbe Jahr verlängert. Gonzalez zufolge drängt sich der Eindruck auf, dass diese Art von Sonderzustand Maßnahmen rechtfertigt, die in Wirklichkeit Asylsuchende abschrecken sollen.

Der UNO-Berichterstatter hielt sich acht Tage lang in Ungarn auf und bekam auch Zugang zu den umstrittenen Transitzonen. Diese hatte die Orban-Regierung 2017 unter Berufung auf den „Migrationsnotstand“ an der Grenze zu Serbien eingerichtet. Flüchtlinge können, von Serbien kommend, ausschließlich dort einen Asylantrag stellen und müssen den Ausgang des Verfahrens dort abwarten.

„Gefängnisartiges Umfeld“

„Es handelt sich um ein gefängnisartiges Umfeld, um Internierung“, sagte Gonzalez. „Die Transitzonen werden durch Stacheldrahtrollen gesichert, auch im Inneren.“ Rund 60 Prozent der 280 Menschen in den beiden Transitzonen seien Kinder. „Kinder sollten nicht interniert werden aufgrund ihrer Migrationssituation“, sagte er.

Seit etwa einem Jahr verwehren die Behörden in den Transitzonen abgelehnten Asylwerbern immer wieder Nahrung. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) griff in mehr als einem Dutzend Fällen mit Eilverfügungen ein.

Gonzales hob den Mangel an unabhängigen Überwachunsgmechanismen hervor. So haben Zivilorganisationen keinen Zugang zu den Transitzonen. Der Bereich für abgelehnte Asylwerber, wo sich die Aushungerungsfälle ereigneten, sei sogar den Mitarbeitern des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR verwehrt.