Britisches Parlament erschwert Johnsons „No Deal“-Brexit

Das britische Parlament hat den „No Deal“-Plänen von Boris Johnson noch vor dessen erwartetem Antritt als Premierminister einen kräftigen Dämpfer verpasst. Die Abgeordneten votierten gestern mit 315 zu 274 Stimmen mehrheitlich für einen Gesetzeszusatz, der eine Zwangspause des Parlaments um den geplanten EU-Austritt am 31. Oktober erheblich erschwert.

Damit könnte sich Johnson wohl nicht wie befürchtet über das Parlament hinwegsetzen, um einen Brexit ohne Abkommen zu erreichen. Ausgeschlossen ist ein „No Deal“ aber damit noch nicht.

Regierung hat nur Mehrheit von drei Stimmen

Heikel für Johnson, der bereits als gesetzt gilt für den Posten des Regierungschefs, sind die knappen Verhältnisse im Parlament. Die Regierung hat derzeit nur eine Mehrheit von drei Stimmen. Zwei Abweichler würden ausreichen, um Gesetzesvorhaben zu blockieren oder die Regierung sogar zu Fall zu bringen.

Das britische Parlament tagt üblicherweise in einjährigen Sitzungsperioden, die jeweils durch eine Eröffnungszeremonie eingeleitet werden. Dabei verliest Königin Elizabeth II. das Regierungsprogramm. Endet eine Sitzungsperiode, wird das Parlament für eine bis mehrere Wochen geschlossen. In dieser Zeit ruhen alle parlamentarischen Aktivitäten.

Die Gegner eines „No Deal“-Brexits befürchten, Johnson könnte diese Parlamentspause um den geplanten EU-Austritt Ende Oktober legen, um eine Intervention der Abgeordneten zu unterbinden. Ein solcher Schritt wäre höchst umstritten. Dennoch wollte Johnson nicht ausschließen, sich der „Prorogation“ zu bedienen.

Irland-Bericht als Vehikel

Vehikel, um Johnson daran zu hindern, wurde nun ein Gesetz über Nordirland. Der Landesteil wird derzeit aus London verwaltet, weil sich die Parteien dort nicht auf eine Regierungsbildung einigen können. Die britische Regierung vermittelt in dem Streit.

Die „No Deal“-Gegner haben nun erzwungen, dass alle 14 Tage dazu ein Bericht im Parlament vorgelegt werden soll und eine Debatte stattfindet. Das würde selbst während einer Zwangspause des Parlaments einen Rahmen schaffen, um gegen einen „No Deal“ vorzugehen.

Rezession bei „No Deal“ droht

Ein EU-Austritt ohne Abkommen könnte Großbritannien in eine Rezession führen und erhebliche Folgen für den Staatshaushalt haben. Das geht aus einer heute veröffentlichten Analyse einer unabhängigen Behörde im Auftrag der britischen Regierung hervor.

London müsste im Falle eines „No Deal“-Brexits jährlich 30 Milliarden Pfund (33,4 Mrd. Euro) an zusätzlichen Schulden aufnehmen, heißt es in dem Bericht des Office for Budget Responsibility.