„Falter“: BKA-Mitarbeiter ließ fünf Festplatten schreddern

Die Schredder-Affäre um die ÖVP weitet sich aus. Laut einer Recherche des „Falter“ soll nicht nur eine, sondern fünf Festplatten geschreddert worden sein. Das hatte zuvor auch die „Kleine Zeitung“ berichtet. Bei dem Auftraggeber, der die Datenträger unter dem falschem Namen „Walter Maisinger“ am 23. Mai bei der Firma Reisswolf vernichten ließ, soll es sich laut „Falter“ um den damaligen Chef der Social-Media-Abteilung des Bundeskanzleramts (BKA) handeln. Arno M. sei einer der engsten Vertrauen von Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz gewesen, man kenne einander aus der Jungen ÖVP. Die ÖVP verweist darauf, dass es sich sich nicht um den ehemaligen Chef der Abteilung handle, sondern um einen Mitarbeiter.

Zudem verbreitete der „Falter“ ein Überwachungsvideo aus dem Reisswolf-Gebäude, das den Vorgang zeigen soll. In dem Bericht äußert sich auch Reisswolf-Geschäftsführer Siegfried Schmedler zu dem Vorfall. Es sei „noch nie passiert“, dass jemand „unter falschem Namen und mit solchem Aufwand Festplatten vernichten hat lassen“. Der Mann habe sich bereits bei der Anmeldung „nervös verhalten“ und habe „auf keinen Fall die Festplatten aus der Hand geben“ wollen.

Auf dreifaches Schreddern bestanden

Zudem habe er auf drei Schredder-Durchgängen bestanden, so Schmedler: „Er hat unsere Mitarbeiter immer wieder aufgefordert, die schon geschredderten Partikel wieder auf das Förderband zu legen und neuerlich zu schreddern.“ Normalerweise reiche ein Vorgang, um eine normgerechte Vernichtung sicherzustellen, hieß es. Zudem habe er darauf bestanden, die geschredderten Teile wieder mitzunehmen.

Einer der Reisswolf-Mitarbeiter habe ihn dann bei der Abschlussrede von Kurz in der Politischen Akademie der ÖVP wiedererkannt. Über die bei der Bestellung angegebene Telefonnummer sei man auf den richtigen Namen des Mannes gekommen. Weil er die Rechnung von rund 76 Euro nicht bezahlt habe, habe man Anzeige erstattet. Der Geschäftsführer wurde laut eigenem Bekunden dann an die zuständige Staatsanwältin in der „Ibiza-Affäre“ vermittelt.

Bereits seit Mittwoch ermittelt in der Causa die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Graz. Am Donnerstag wurde M. von der Polizei befragt, am Freitag wurde die Affäre publik. Die „SoKo Ibiza“ prüft nun eine mögliche Beweismittelunterschlagung.

Kurz sieht „üblichen Vorgang“

Kurz sprach gestern davon, dass es sich um einen „üblichen Vorgang“ gehandelt habe. Es gehe darum, „Datensicherheit“ zu gewährleisten. Dass der Mitarbeiter die Rechnung nicht bezahlt habe, sei „nicht korrekt“ gewesen. Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein kündigte gestern an, die Causa untersuchen zu lassen. Eine Löschung von Datenträgern sei aber ein üblicher Vorgang.

Das Staatsarchiv teilte indes mit, dass Kurz’ Ressort im Gegensatz zu anderen Ministerien noch keine Akten an das Staatsarchiv geliefert habe. Das sei allerdings nicht allzu ungewöhnlich. Die Ministerien würden selbst entscheiden, was sie an das Staatsarchiv geben müssen. Sind die Unterlagen einmal übermittelt, sind sie bestens geschützt. 25 Jahre lang darf niemand Einblick nehmen, nicht einmal das Staatsarchiv selbst.