Robert Mueller
AP/Andrew Harnik
Aussage vor US-Kongress

Mueller verweigert Reinwaschung Trumps

Sonderermittler Robert Mueller, der zwei Jahre lang mutmaßliche Einmischungen Moskaus in den US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 untersucht hatte, ist am Mittwoch bei seiner Befragung vor dem Kongress dabeigeblieben: Sein im Frühjahr vorgelegter Abschlussbericht stelle keine Entlastung von Präsident Donald Trump dar.

Mueller stellte sich im Justizausschuss des Repräsentantenhauses den Fragen der Abgeordneten, danach sagte er im Geheimdienstausschuss aus. Die Befragungen werden von allen großen Nachrichtensendern live übertragen. Wiederholt verneinte der 74 Jahre alte Ex-FBI-Chef die Nachfrage, ob der Präsident durch die Ermittlungen vom Vorwurf der Justizbehinderung freigesprochen worden sei. Mueller betonte: „Das ist nicht, was der Bericht sagt.“ Auch sei Trump nicht von den Handlungen entlastet worden, die er mutmaßlich begangen habe.

Als Sonderermittler hatte Mueller untersucht, ob Trumps Wahlkampflager geheime Absprachen mit russischen Regierungsvertretern zur mutmaßlichen Einmischung Moskaus in den US-Wahlkampf 2016 traf und ob Trump als US-Präsident später die Justizermittlungen behinderte. Ende März legte Mueller einen 448-seitigen Abschlussbericht vor, der in Teilen geschwärzt veröffentlicht wurde. Im Mai erklärte er dann seine Arbeit offiziell für beendet – mit dem Resümee: „Der Bericht kommt zwar nicht zum Schluss, dass der Präsident ein Verbrechen begangen hat, aber er spricht ihn auch nicht davon frei.“

Einflussversuche als Bedrohung für die Demokratie

Dieser Linie blieb Mueller am Mittwoch treu: Zu Beginn der Befragung betonte er, die russischen Einflussversuche auf die Wahl hätten zu den ernstesten Bedrohungen für die Demokratie gehört, die er in seiner Karriere erlebt habe. Er erklärte, dass er sich nicht zu Dingen äußern könne, die über seinen Bericht hinausgingen. Die Ermittlungen seien „umfangreich“ gewesen. Jedes Wort in dem Bericht sei mit Bedacht gewählt.

Mueller widerspricht Trump

Robert Mueller hat vor dem Kongress mehrfach wiederholt, dass sein Bericht Trump nicht vollständig freispricht – nach einem Rückzug aus dem Präsidentenamt könnte dieser belangt werden.

In dem Report listete Muellers Team diverse Versuche Trumps auf, Einfluss auf die Untersuchungen zu nehmen. Diese Bemühungen seien nur deshalb erfolglos geblieben, weil Personen aus dem Umfeld des Präsidenten sich weigerten, Anweisungen auszuführen oder seinen Aufforderungen zu folgen, hieß es. Mueller ließ zwar offen, ob Trump sich damit der Justizbehinderung schuldig machte. Er sprach den Präsidenten aber auch ausdrücklich nicht von diesem Vorwurf frei.

Sonderermittler Robert Mueller
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Robert Mueller wollte eine Anhörung ursprünglich vermeiden

Bei seiner Aussage vor dem Kongress betonte Mueller, dass ein amtierender Präsident nach der geltenden Rechtsauffassung des Justizministeriums nicht angeklagt werden könne. Auf die Frage, ob dieser nach einem Rückzug aus dem Amt wegen Justizbehinderung belangt werden könne, sagte Mueller: „Richtig.“ Der Ex-Sonderermittler unterstrich auf Nachfrage zudem, dass Trump sich geweigert habe, sich von Muellers Team befragen zu lassen. Der Präsident hatte die Fragen lediglich schriftlich beantwortet.

„Der Bericht ist meine Aussage“

Bei seinem kurzen – nur wenige Minuten dauernden – Auftritt Ende Mai hatte Mueller ursprünglich gesagt, er wolle nicht vor dem US-Kongress aussagen. „Der Bericht ist meine Aussage“, sagte er damals. Die geschriebenen Worte in dem Bericht stünden für sich. Es gebe nichts, was er darüber hinaus sagen könne. Die Demokraten aber ließen nicht locker.

Am Mittwoch wirkte Mueller dann an manchen Stellen fahrig und nervös. Mehrere Republikaner zeigten sich bei ihren Fragen auch aggressiv sowie vorwurfsvoll und bombardierten den früheren Sonderermittler mit Fragen. Mehrfach bat er darum, seine Äußerungen zu Ende bringen zu dürfen und dass Fragen noch einmal wiederholt werden. Oft verwies er schlicht auf seinen Ermittlungsbericht.

Mehrere Republikaner griffen in ihren Fragen Trumps Vorwürfe zur Befangenheit Muellers auf. So wollte ein Abgeordneter von ihm wissen, ob es stimme, dass er seit langer Zeit mit Ex-FBI-Chef James Comey befreundet sei. Trump hatte Comey gefeuert, was zur Berufung Muellers als Sonderermittler durch das Justizministerium führte.

Twitter-Tiraden Trumps

Dass Muellers Befragung neue Tatsachen ans Licht bringt, war nicht zu erwarten. Dennoch könnte es für Trump unangenehm werden. In den vergangenen Monaten waren die Ergebnisse des Mueller-Berichts in den USA wieder stark in den Hintergrund gerückt. Nun herrscht in den Reihen der Opposition Hoffnung, dass die Anhörung die abgeflaute Debatte über ein Impeachment-Verfahren gegen Trump neu belebt.

Entsprechend nervös reagierte Trump: Er attackierte Mueller mehrfach persönlich und hinterfragte auch immer wieder die Unabhängigkeit seines Teams. Auch vor der Anhörung am Mittwoch griff er den Ex-Sonderermittler auf Twitter an. Währenddessen zitierte er einen Moderator des US-Senders Fox News mit der Interpretation, die Anhörung sei ein „Desaster“ für die Demokraten und für Muellers Ruf. Mueller dagegen verteidigte sein Team – die Mitarbeiter, die sich fast zwei Jahre lang mit der Angelegenheit befasst hätten, seien von „höchster Integrität“, sagte er zu Beginn der Sitzung.

Die Sprecherin Trumps nannte die Aussage des früheren Sonderermittlers eine „monumentale Peinlichkeit“ für die Demokraten. Auch vom nächsten Auftritt Muellers sei nichts anderes zu erwarten, so Stephanie Grisham.

Demokraten wollen noch kein Amtsenthebungsverfahren

Die Demokraten im US-Repräsentantenhaus erklärten nach der Anhörung Muellers, vor dem möglichen Beginn eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Trump weitere Informationen sammeln zu wollen. Man brauche dafür eine möglichst starke Anklage, sagte die demokratische Vorsitzende der Parlamentskammer, Nancy Pelosi. Es gebe noch wichtige anhängige Gerichtsverfahren.

Die Anhörung des früheren Russland-Sonderermittlers habe indes klar gezeigt, dass Trump versucht habe, die Justiz zu behindern, sagte Pelosi. Das könne nicht einfach hingenommen werden. Der führende Abgeordnete Elijah Cummings fügte hinzu: „Das ist ein kritischer Moment in unserer Geschichte.“ Es gehe darum, den Präsidenten zur Rechenschaft zu ziehen, damit auch die nächsten Generationen noch in einer Demokratie aufwachsen könnten. Es gehe nicht darum, den Präsidenten zu verfolgen. „Es geht um die Liebe zur Demokratie, um die Liebe zu unserem Land“, sagte er.

Die Demokraten haben eine Mehrheit im Repräsentantenhaus, im Senat haben allerdings Präsident Trumps Republikaner das Sagen. Es ist daher relativ unwahrscheinlich, dass ein Amtsenthebungsverfahrens erfolgreich sein könnte. Ein weiterer führender demokratischer Abgeordneter Adam Schiff, sagte, ein solches Verfahren sei trotzdem eine Möglichkeit, denn es gebe schließlich nicht nur den Senat, sondern auch die öffentliche Meinung im Land.