Absichtserklärungen und allgemeine Willensbekundungen sind in Sachen Klimaschutz letztlich zahnlos. Das würden die letzten Jahrzehnte zeigen, in denen Österreich „vom Vorzeigeland zum Schmuddelkind“ in Sachen Klimaschutz geworden sei, so die Tirolerin Ingrid Felipe (Grüne), zuständige Landesrätin für Klimaschutz in Tirol und ab 2020 Vorsitzende der Klimaschutzbeauftragten der Länder, im Interview mit tirol.ORF.at.
Gemeinsam mit ihrer Amtskollegin Astrid Eisenkopf (SPÖ) aus dem Burgenland hat Felipe am 13. September eine außerordentliche Konferenz in Wien einberufen. Dabei soll der Energie- und Klimaschutzplan auf EU-taugliche Beine gestellt werden, lautet das ehrgeizige Ziel. Es gehe darum, dass die Politik endlich den Empfehlungen der Wissenschaft und der Experten in den Ämtern folgt und die Pläne in den Schubladen umsetzt.
Österreich in EU-Ranking abgeschlagen
Die Europäische Union verfolgt in Sachen Klimaschutz vor dem Hintergrund des Pariser Übereinkommens drei Hauptziele. Die Treibhausgasemissionen sollen bis 2030 um 40 Prozent gegenüber 1990 gesenkt, der Anteil der erneuerbaren Energie und die Energieeffizienz auf bzw. um jeweils 27 Prozent erhöht werden.

Im aktuellen Klimaschutzranking der unabhängigen European Climate Foundation belegt Österreich unter den 28 EU-Nationen den 19. Rang und liegt mit 23,5 erzielten Punkten von hundert auch deutlich unter dem Durchschnitt. Dieser beträgt 28,9 Punkte und belegt, dass die EU ganz generell den internationalen Klimazielen weit hinterhinkt.
Selbst die Top Vier Spanien, Frankreich, Griechenland und Schweden haben laut der European Climate Foundation Luft nach oben. Nur neun EU-Nationen schneiden noch schlechter ab als Österreich – darunter Rumänien, Malta, Zypern, Deutschland und Slowenien.
Vonseiten des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus hieß es am Freitag gegenüber ORF.at, dass die European Climate Foundation eine NGO sei, deren Ranking nicht unbedingt nachvollziehbar sei. Die einzige „entscheidende Bewertung von Klimaschutzmaßnahmen sind auf EU-Ebene jene der Europäischen Kommission“.
Strafzahlungen drohen
Ende 2018 hat Österreich – wie alle anderen EU-Staaten auch – einen Entwurf des Nationalen Energie- und Klimaschutzplans (NEKP) vorgelegt und fuhr dafür die eine oder andere Rüge aus Brüssel ein. Vor allem das Dieselprivileg, aber auch fehlende konkrete Umsetzungspläne wurden seitens der EU kritisiert. Bis Ende 2019 muss Österreich nachbessern und ein fertiges Konzept für die Klimaschutzziele vorlegen. Ansonsten drohten Strafzahlungen, so Felipe.
Das Umweltministerium verwies darauf, dass Österreichs Ambitionen im Klimaschutz von der EU-Kommission „gute Noten“ bekomme hätten, insbesondere die Ziele beim Ausbau erneuerbarer Energien seien positiv hervorgehoben worden.
Ministerium betont Lob der EU
Schon seit der Veröffentlichung der Bewertung Mitte Juni gehen die Interpretationen weit auseinander: Das Ministerium betonte das Lob für die österreichischen Maßnahmen, NGOs, Grüne und JETZT rückten die von der EU noch geforderten Punkte in den Fokus und übten harsche Kritik. Derzeit würden die Anmerkungen der EU zum Entwurf des Plans abgearbeitet, hieß es vom Ministerium. Der Nationale Energie- und Klimaplan werde bis Ende des Jahres fertiggestellt und dann entsprechend den Vorgaben an die EU-Kommission übermittelt.
Klimaschutz gesetzlich verankern
Maßnahmen für eine nachhaltige Energie- und Klimaschutzstrategie müssten, damit sie auch Wirkung zeigen, gesetzlich verankert werden, so Felipe. In den Bundesländern sei das zum Teil schon passiert, der Überbau – also der Bund – hinke hier hinterher. Als Beispiel nennt sie den Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel, der in einigen Bundesländern weit fortgeschritten sei. Wolle man aber ein dringend notwendiges Österreich-Ticket umsetzen, könne das nur der Bund, so Felipe.

Werden Klimaschutzmaßnahmen im Gesetz verankert, ist das auch mit Kosten verbunden. Deshalb sei dieser Energie- und Klimaschutzplan untrennbar mit einer ökologisch-sozialen Steuerreform verbunden, so Felipe. Diesbezüglich hoffe sie auf das Engagement der Übergangsregierung, hier Akzente zu setzen – und sie hofft auch darauf, dass neben der Umweltministerin auch der Finanz- und Verkehrsminister an der außerordentlichen Konferenz der Klimareferenten teilnehmen.
Gute Zeiten für mutige Entscheidungen
Um im Klimaschutz voranzukommen, benötige es mutige Entscheidungen der Politik, so Felipe. Nicht nur wegen der „Friday for Future“-Bewegung sieht sie derzeit eine breite Akzeptanz für solche Entscheidungen. Der Klimawandel sei einfach für jedermann spürbar geworden und die Sensibilität in der Bevölkerung deshalb so groß wie nie, glaubt Felipe. Ziel des Tourismuslandes Österreich müsse sein, wieder unter die Topnationen beim Klimaschutz aufzusteigen.