Kind mit Sonnecreme im Gesicht
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Kinder und Sonnencreme

Eine schmierige Angelegenheit

Kinderhaut ist besonders empfindlich. Entsprechend gut muss sie vor der Sonne geschützt werden. Doch gerade die Kleinen und Kleinsten wehren sich oft mit Händen und Füßen, wenn es ans Einschmieren geht. Eltern können sich im Zweifelsfall mit der richtigen Kleidung für den Nachwuchs behelfen – oder müssen sich einfach in Geduld üben.

Kinder lieben es, im Sommer im Freien zu sein und in der prallen Sonne zwischen Badesee und Liegewiese oder Meer und Strand herumzuteufeln. Für Eltern bedeutet das Arbeit – und oftmals einen Härtetest für die Nerven. Der Start in den Tag am Meer ist alles andere als einfach und kann sich schon einmal um Stunden nach hinten verzögern, wenn der Nachwuchs das Eincremen standhaft verweigert.

Bei aller Mühsal mit den Kleinen müssen Eltern eines bedenken: Kindern ab einem gewissen Alter die Sonnencreme einfach selbst in die Hand zu drücken ist keine Alternative. „Wir wissen aus Untersuchungen mit Schulkindern, die sich selbst einschmieren, dass sie alle zu wenig Sonnenschutz nehmen. Unabhängig davon, ob sie Sprays, Cremen oder Roll-ons verwenden“, sagt die Wiener Hautärztin Alice Pinc gegenüber ORF.at.

Die Menge macht’s

Auch Erwachsene machen häufig den Fehler, Sonnenschutzmittel zu dünn aufzutragen, sagt Pinc. „Man müsste sich eigentlich so einschmieren, dass man einen weißen Film auf der Haut sieht.“ Auf einen Quadratzentimeter Haut kommen zwei Milligramm Sonnenschutzmittel. Ein 1,80 Meter großer Erwachsener braucht umgerechnet etwa drei Esslöffel Sonnencreme für den optimalen Schutz der Haut.

Kinder mit Sonnecreme auf der Haut
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Um optimalen Schutz zu erhalten, muss man sich dick einschmieren

Eine Packung Sonnencreme mit 200 Millilitern sollte so gesehen nach fünf Tagen Urlaub eigentlich aufgebraucht sein. Die meisten Österreicherinnen und Österreicher kämen dagegen mit einer Packung häufig gleich zwei Saisonen aus – für Dermatologin Pinc ein Hinweis auf unzureichendes Eincremen.

Richtige Kleidung als Alternative

Im Gegensatz zu Erwachsenen ist der körpereigene Schutz gegen die Sonne bei Kindern schwach ausgeprägt. Kinderhaut ist noch nicht in der Lage, rasch genug und in ausreichender Zahl Pigmente zu bilden, auch die Regeneration nach UV-Schäden dauert länger. Schwere Sonnenbrände im Kinder- und Jugendalter steigerten nachweislich das Risiko, später im Leben an schwarzem Hautkrebs zu erkranken und ein Melanom zu entwickeln, sagt der Dermatologe Harald Meier von der MedUni Wien – mehr dazu in help.ORF.at

Babys sollten daher keiner direkten Sonne ausgesetzt sein. Lichtschutzpräparate und schützende Kleidung sind für Kinder ab dem ersten Lebensjahr beziehungsweise ab 18 Monaten empfohlen. Zum Einsatz kommen Produkte mit mineralischen Filtern wie Titanoxid oder Zinkoxid. Sie reflektieren das Sonnenlicht auf der Hautoberfläche. Ihr Nachteil ist, dass sie sich nicht so einfach auf der Haut verteilen und wieder wegwischen lassen – was die Bereitschaft zum Mitmachen bei Kindern nicht gerade steigert.

Im Fall des Falles ist es einfacher, auf schützende Kleidung zu setzen. Ein gut gewebtes Baumwollleibchen kann Kindern bis zu Lichtschutzfaktor 30 bieten. Mittlerweile haben zahlreiche Modehäuser Sonnenkleidung im Angebot. „Richtige Sonnenkleidung entspricht einem 50er-Faktor zum Schmieren. Für manche Kinder, die sich wirklich absolut wehren, ist das einfacher. Manche wollen aber auch diese Leibchen nicht. Man muss einfach schauen, wie es besser ist“, sagt Pinc. Besonders empfindlich sind Kopf und Gesicht. Eltern sollten daher darauf achten, ihre Kinder im Freien mit Kapperl und Sonnenbrille auszustatten.

Schutz vor UVA und UVB

Geschützt werden muss die Haut vor UVA- und UVB-Strahlung. Die kurzwelligen, energiereichen UVB-Strahlen verursachen Sonnenbrand. Langwellige UVA-Strahlung dagegen dringt tiefer ins Gewebe ein, fördert die Hautalterung und erhöht das Melanomrisiko. Zudem kann sie polymorphe Lichtdermatose, die häufigste Form der Sonnenallergie, auslösen.

Der Lichtschutzfaktor (LSF) gibt an, wie lange ein Produkt die Eigenschutzzeit der Haut verlängert. Er bezieht sich nur auf den Schutz auf die UVB-Strahlung. Eltern sollten zu Cremen und Lotionen mit möglichst hohem LSF greifen. Pinc rät, bei der Produktwahl zudem auf das genormte UVA-Logo zu achten. Um dieses Gütesiegel zu erhalten, muss der UVA-Schutz des Produktes mindestens ein Drittel des angegebenen LSF betragen.

Trägt eine Kindersonnencreme das Label „extra wasserfest“, muss nach zweimaligem Schwimmen immer noch 50 Prozent des Sonnenschutzes vorhanden sein; das sei getestet und standardisiert, sagt Pinc. Hautärztinnen und Hautärzte empfehlen, Kinder nach dem Planschen neuerlich einzuschmieren. Die Angst, dass die Kleinen durch exzessive Sonnencremenutzung einen Vitamin-D-Mangel erleiden können, ist unbegründet. Studien hätten einen entsprechenden Zusammenhang widerlegt, so die Dermatologin.

Umstrittene Inhaltsstoffe

Um das UV-Spektrum möglichst dicht abzudecken, enthalten die meisten im Handel erhältlichen Sonnenschutzmittel mehrere chemische Filter. Sie wandeln die UV-Strahlen auf der Haut in Wärme um. Einige der eingesetzten Substanzen sorgen immer wieder für Verunsicherung. Die US-Lebensmittel- und Arzneibehörde (FDA) wies im Mai nach, dass vier in US-Produkten häufig verwendete organische Filter (Avobenzon, Mexoryl SX, Oxybenzon, Octocrylen) bereits nach einem Tag im menschlichen Blut nachweisbar waren.

Im Zentrum steht hierbei die Frage, ob die Substanzen Einfluss auf das Hormonsystem des Menschen nehmen. Negative Folgen für die Gesundheit konnten die an der FDA-Untersuchung beteiligten Forscherinnen und Forscher nicht finden. Die Ergebnisse sollten niemanden dazu veranlassen, auf Sonnenschutzmittel zu verzichten, schreiben sie im Kommentar zur Studie. Weitere Untersuchungen zum Thema seien aber vonnöten.

Manche in Sonnenschutzmitteln enthaltene Substanzen stehen zudem in Verdacht, das Korallensterben in den Ozeanen zu beschleunigen. Der Inselstaat Palau im Südpazifik will daher als erstes Land der Welt bestimmte Sonnencremes verbieten, um seine Korallenriffe zu schützen. Der US-Bundesstaat Hawaii und die zu den Niederlanden gehörende Karibik-Insel Bonaire wollen 2021 nachziehen.

Freiwilliger Verzicht

Viele Hersteller verzichten schon jetzt auf die umstrittenen Inhaltsstoffe. Und vor allem in Apotheken erhältliche Produkte werden laut Pinc als octocrylenfrei beworben. Ebenfalls erhältlich sind Sonnenschutzmittel aus dem Bereich der Naturkosmetik, die keine chemischen Filter enthalten. Diese Produkte seien an sich nicht schlecht, sagt Pinc. Eltern müssten sich allerdings bewusst sein, dass diese Präparate Lichtschutzfaktor 50 eben nicht erreichen.