Auch Nawalny schließt Vergiftung nicht aus

Der vorübergehend in ein Krankenhaus eingelieferte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny schließt auch selbst nicht aus, im Gefängnis vergiftet worden zu sein. Dafür könnte sich jemand während seiner Abwesenheit in seine Zelle geschlichen haben, schrieb Nawalny gestern in seinem Blog.

Anwältin: „Unbekannte Substanz“

Zuvor hatte bereits Nawalnys Anwältin erklärt, ihr Mandant sei mit einer „unbekannten chemischen Substanz“ in Berührung gekommen. Der 43-Jährige wurde nach Angaben seiner Ärztin inzwischen wieder ins Gefängnis gebracht. Er hatte zu nicht genehmigten Demonstrationen aufgerufen.

Nawalny wies die zunächst von den Behörden vorgebrachte Erklärung zurück, er sei am Sonntag wegen einer „schweren allergischen Reaktion“ behandelt worden: „Ich hatte nie eine Allergie.“ Demnach hätten ihn zuerst Mithäftlinge auf seinen roten Hals aufmerksam gemacht. Eine Stunde später habe er bereits ein Brennen im Gesicht gespürt.

Während der Nacht sei er vor Schmerzen aufgewacht und habe erstmals an eine mögliche Vergiftung gedacht, schrieb Nawalny weiter. Im Krankenhaus hätten sich die Ärzte verhalten, „als ob sie etwas verbergen müssten“. Die Gefängniswächter vermutet Nawalny jedoch nicht hinter dem Vorfall, da diese „noch schockierter“ als er über sein Aussehen gewesen seien.

Frankreich fordert Freilassung

Indes forderte Frankreich von Russland die rasche Freilassung von festgenommen Moskauer Demonstranten und Demonstrantinnen und von Nawalny. Der Gesundheitszustand Nawalnys habe sich sprunghaft verschlechtert, teilte eine Sprecherin des Außenministeriums in Paris heute Abend mit. Frankreich zeigte sich angesichts der jüngsten Entwicklungen sehr besorgt.

Unterdessen wurden auch mehr als 40 Demonstrierende nach den Massenfestnahmen bei Protesten in Moskau zu Arreststrafen verurteilt. Bis gestern Abend seien auch zahlreiche Organisatoren und Kremlkritiker mit hohen Geldstrafen belegt worden, berichtete der russische Radiosender Echo Moskwy. Der prominente Kremlkritiker Ilja Jaschin erhielt demnach zehn Tage Arrest, ein Mitstreiter von Alexej Nawalny wird 30 Tage eingesperrt.