Ein-Dollar-Banknoten
Reuters/Gary Cameron
Vor Zinssenkung

Trump erhöht Druck auf US-Notenbank

Am Mittwoch wird die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) voraussichtlich die Senkung des Leitzinses bekanntgeben – zum ersten Mal seit einem Jahrzehnt. Die Maßnahme ist eine Reaktion auf die trüben Aussichten für die US-Wirtschaft. Fachleute sprechen von einer „globalen Wende in der Geldpolitik“. US-Präsident Donald Trump dagegen ist nicht zufrieden und macht weiter Druck auf die Währungshüter.

Die erwartete Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte sei nicht genug, es brauche „eine große Senkung“, so Trump. Die Fed müsse auch ihre Anleihekäufe wieder ausweiten, forderte er am Dienstag im Weißen Haus. Diese herunterzufahren und gleichzeitig die Zinsen zu erhöhen sei „ein großer Fehler“ gewesen, so Trump weiter.

Dabei sind die von Trump angezettelten Handelskonflikte einer der Hauptgründe für die Zinssenkung. Sie könnten zu einer Schwächung der seit zehn Jahren wachsenden US-Wirtschaft führen und generell eine Abwärtsspirale in der Weltwirtschaft auslösen. Sollte es wie erwartet zu einer Senkung um 0,25 Prozentpunkte kommen, würde die Leitzinsspanne künftig bei zwei bis 2,25 Prozent liegen.

Zäsur in der Geldpolitik

Die Senkung des Leitzinses bewirkt zweierlei: Banken können Kredite an Firmen und Private zu günstigeren Bedingungen vergeben; Staaten können sich leichter verschulden. Das soll die Kauflaune der Konsumentinnen und Konsumenten steigern und Investitionsanreize für Unternehmen und öffentliche Stellen schaffen.

Leitzinsentwicklung seit 2000
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Der Schritt markiert auch eine Zäsur der Geldpolitik: Im Zuge der globalen Finanzkrise 2008/2009 senkte die US-Notenbank die Zinsen aggressiv, um die Wirtschaft zu stabilisieren. 2015 begann sie, den Leitzins wieder schrittweise zu erhöhen. Allein im vergangen Jahr gab es vier Erhöhungen. „Die Zinswende der Fed wird die globale Wende der Geldpolitik besiegeln“, schrieben Analysten der deutschen Commerzbank vergangene Woche.

Fed will „angemessen handeln“

Mit einer Zinssenkung kommt die unabhängige Notenbank auch ihrem prominentesten Kritiker – Präsident Trump – entgegen. Er äußert seit Monaten öffentlich harsche Kritik am Kurs der Notenbank und fordert schon seit geraumer Zeit niedrigere Zinsen. US-Notenbankchef Jerome Powell hatte zuletzt wegen der – vor allem von Trump angezettelten – Handelskonflikte und einer schwächeren Weltkonjunktur eine Lockerung der Geldpolitik ins Spiel gebracht. Die Notenbank werde die Abwärtsrisiken für die Wirtschaft „genau beobachten“ und falls nötig „angemessen handeln“, sagte Powell Mitte Juli.

Jerome Powell
Reuters/Erin Scott
Fed-Chef Powell: Die Notenbank will die Abwärtsrisiken für die Wirtschaft „genau beobachten“

Bereits im Juni hatten mehrere Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses Gründe für eine lockerere Geldpolitik gesehen, wie es im später veröffentlichten Sitzungsprotokoll hieß. Anfang Mai hatten die Notenbanker noch davon gesprochen, man werde bei der Festlegung der Geldpolitik „geduldig“ sein.

Trump: Fed „völlig ahnungslos“

Trump war der Geduldsfaden da längst gerissen: Er fordert niedrigere Zinsen, um die Konjunktur anzukurbeln. Auf Twitter bezeichnete er die Fed etwa als „völlig ahnungslos“ und als „hartnäckigstes Problem“ der US-Wirtschaft. Der Leitzins sei „viel zu hoch“. Trump hatte zuvor erklärt, dass er Notenbankchef Powell feuern könnte – auch wenn Fachleute das anders sehen. Für die Fed waren Trumps ständige Angriffe Neuland, denn frühere US-Präsidenten vermieden es zumeist, sich direkt zur Geldpolitik der unabhängigen Notenbank zu äußern.

Donald Trump
AP/Carolyn Kaster
Trump rittert kommendes Jahr um seine Wiederwahl – sollte die Wirtschaft einbrechen, würde das seine Chancen verringern

Hintergrund von Trumps Kritik ist die kommendes Jahr anstehende US-Präsidentschaftswahl. Trump rittert um seine Wiederwahl. Ein Einbruch der US-Wirtschaft – möglicherweise verschuldet durch die Handelskonflikte – könnte seine Chancen auf eine Wiederwahl deutlich schmälern.

Spannung vor nächsten Schritten

Mit Spannung erwartet werden auch die nächsten Schritte der Fed. Das Wachstum der US-Wirtschaft ist noch robust, verlangsamt sich aber. Die Arbeitslosenquote lag im Juni bei nur 3,7 Prozent. Die Inflation liegt konstant unter dem Ziel der Notenbank von zwei Prozent.

Einige Fachleute argumentierten daher, es brauche eigentlich eine Zinssenkung um 0,5 Prozentpunkte, um die Inflation nachhaltig anzukurbeln. Powell und seine Notenbanker müssen nun entscheiden, ob sie für die kommenden Monate weitere Zinssenkungen in Aussicht stellen – oder ob sie zur Gelassenheit mahnen.

EZB-Chef für weitere Lockerung der Geldpolitik

In der Euro-Zone liegt der Leitzins bereits seit 2016 bei null Prozent. Das könnte sich allerdings bald ändern: Der scheidende Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, sprach sich vergangene Woche für eine deutliche Lockerung der Geldpolitik aus. Angesichts geopolitischer Risiken und des zunehmenden Protektionismus seien „signifikante geldpolitische Impulse“ notwendig, sagte Draghi. Er bekräftigte frühere Aussagen, dass die Notenbank bereit sei, alle geldpolitischen Instrumente anzupassen.

Der konjunkturelle Ausblick werde zunehmend schlechter, so Draghi weiter. Er verwies vor allem auf die negative Entwicklung in der Industrie. Die noch vor Wochen erhoffte Erholung der Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte sei „nun weniger wahrscheinlich“. Dabei spiele die Bedrohung durch den Protektionismus eine Rolle, sagte Draghi mit Blick auf den von Trump angezettelten Handelsstreit mit China. Hinzu komme als zusätzliche Sorge die Möglichkeit eines harten Brexits. Das Risiko einer Rezession sei allerdings ziemlich gering.