Einigung auf Regierungsbildung in Bosnien-Herzegowina

Zehn Monate nach den Wahlen im Vielvölkerstaat Bosnien-Herzegowina haben sich die drei führenden Parteien auf die Bildung einer neuen Regierung geeinigt. Serbische, muslimisch-bosnische und kroatische Vertreterinnen bzw. Vertreter unterzeichneten die Einigung auf einem Treffen, das auf Betreiben des Leiters der EU-Delegation in Bosnien zustande gekommen war, wie die Nachrichtenagentur FENA gestern berichtete.

Streitpunkt zwischen den Parteien war insbesondere die Haltung Bosnien-Herzegowinas zur NATO. Die serbische Bevölkerung ist gegen einen Beitritt, während bosnische und kroatische Vertretungen dafür sind. Die Regierungsvereinbarung enthält nun eine vage Zusage, die Beziehung zu dem westlichen Verteidigungsbündnis zu vertiefen.

Serbenvertreter Milorad Dodik sagte nach dem Treffen, das neue Kabinett müsse innerhalb von 30 Tagen gebildet werden. Andernfalls verliere die Regierungsvereinbarung ihre Gültigkeit.

EU: „Wichtiger Schritt nach vorn“

Die EU begrüßte die Einigung als „wichtigen Schritt nach vorn“. Die Regierungsbildung sei „auch wichtig für die Fortschritte des Landes“ bei der Integration in die EU, teilte eine Sprecherin mit. Sie rief die Parteienvertreter dazu auf, „ohne Verzögerung“ für ein Funktionieren der Institutionen zu sorgen.

Der Balkan-Staat hat ein höchst komplexes politisches System. Es wurde im Friedensvertrag von Dayton festgelegt, der den Bosnien-Krieg (1992 bis 1995) beendete. Bosnien-Herzegowina setzt sich zusammen aus der serbischen Teilrepublik Republika Srpska und der muslimisch-kroatischen Föderation Bosnien und Herzegowina.

Hälfte der Bevölkerung muslimisch

Der schwache Bundesstaat Bosnien-Herzegowina wird vom dreiköpfigen Staatspräsidium vertreten, das unter anderem für die Außen- und Verteidigungspolitik zuständig ist. Die weitaus größeren Befugnisse – etwa Wirtschaftspolitik, innere Sicherheit und Bildung – liegen bei den weitgehend autonomen Teilidentitäten.

Die Hälfte der 3,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner des Landes sind Musliminnen bzw. Muslime, rund 30 Prozent sind ethnische Serbinnen und Serben. Die katholisch-kroatische Bevölkerung, die 15 Prozent ausmacht, fühlt sich großteils von der muslimischen Bevölkerung dominiert.