Russische Justiz will Demonstranten Sorgerecht entziehen

Die russische Justiz will einem Elternpaar das Sorgerecht für seinen einjährigen Sohn entziehen, weil es das Kind zu einer nicht genehmigten Demonstration der Opposition Ende Juni mitgenommen hatte. Die Moskauer Staatsanwaltschaft teilte heute mit, der Antrag auf Sorgerechtsentzug liege dem zuständigen Gericht bereits vor.

Bei der Demonstration hätten die Eltern das Baby an „eine dritte Person“ weitergereicht, so die Staatsanwaltschaft. Damit hätten sie das „hilflose“ kleine Kind einer „Gefahr für Leib und Leben“ ausgesetzt und ihr Sorgerecht „missbraucht“. Die Moskauer Staatsanwaltschaft ermittelt nach eigenen Angaben auch gegen andere Eltern, die ihre Babys oder Kinder zu Demonstrationen mitgenommen hatten.

Warnungen vor gefährlichem Präzedenzfall

Der Moskauer Ombudsmann für Kinderrechte kritisierte das Vorgehen der Justiz. Kinder dürften nicht dazu missbraucht werden, Demonstranten zu „erpressen“. Die Mitnahme eines Kindes zu einer Demonstration sei kein Grund für einen Sorgerechtsentzug, das sei „völlig inakzeptabel“.

Auch der kremlfreundliche Vorsitzende des russischen Menschenrechtsrats, Michail Fedotow, warnte, mit dem Vorgehen gegen die Eltern werde ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen. In Moskau haben in den vergangenen zwei Wochen Tausende Menschen an zwei nicht genehmigten Demonstrationen für freie Kommunalwahlen teilgenommen. Es gab fast 2.400 Festnahmen, die Behörden ermitteln wegen „Massenunruhen“.