Gemälde zeigt Schiffe von Ferdinand Magellan
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Ferdinand Magellan

Die nie geplante Weltumseglung

Vor exakt 500 Jahren hat die Expedition des portugiesischen Seefahrer Ferdinand Magellan im spanischen Sevilla begonnen. Die Mission hatte eigentlich das Ziel, eine Westroute zu den „Gewürzinseln“ (den heutigen Molukken) zu erschließen. Magellan überlebte die Reise nicht – der Spanier Juan Sebastian Elcano vollendete schließlich die nie geplante Weltumseglung.

Nach eineinhalb Jahren Vorbereitungszeit legten fünf Schiffe am 10. August 1519 in Sevilla ab. Über den Fluss Guadalquivir ging es nach Sanlucar de Barrameda. Von dort starteten das Flaggschiff „Trinidad“ unter Führung des Generalkapitäns Magellan und seine Begleitschiffe „San Antonio“, „Concepcion“, „Victoria“ und „Santiago“ am 20. September ihre Reise. Es sollte über den Atlantik nach Westen gehen, auf die „Gewürzinseln“, die Molukken, die heute zu Indonesien gehören.

Das Ziel war damals vor allem – im harten Konkurrenzkampf mit dem Nachbarn Portugal – der direkte Zugang zum Pfeffer, der damals mit Gold aufgewogen wurde. Mit Hilfe des Pfeffers konnten Lebensmittel lange haltbar gemacht werden, die Pflanze galt auch als Heilmittel. Aber auch Gewürze wie Zimt, Muskat und Gewürznelken waren damals äußerst kostbar. Sie waren auch ein Grund für blutige Kolonialkriege.

Weltumsegeln verboten

Die Umrundung der Erde stand dagegen nie auf der Agenda. Im Gegenteil: Der im Jahr 1518 zwischen Magellan und dem spanischen König Karl I. – der später als Karl V. zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches wurde – geschlossene Vertrag verbot ausdrücklich, die Welt zu umsegeln.

Portrait zeigt Ferdinand Magellan
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Magellan: Die Umrundung der Welt stand nie auf der Agenda

Der spanische Monarch wollte seinem Schwager, dem portugiesischen Herrscher Manuel I., nicht in die Quere kommen. Wenige Jahre zuvor hatten Spanien und Portugal im Vertrag von Tordesillas die Erde unter sich aufgeteilt. Die Demarkationslinie lag ungefähr bei den Kapverden. Alle Gebiete westlich der Inselgruppe sollten an die Kastilier gehen, jene östlich davon an Portugal.

Im Dienste des großen Rivalen

Magellan wurde etwa um das Jahr 1480 im Norden Portugals geboren. Seine Familie gehörte dem niedrigen Adel an. Er diente in der portugiesischen Armada, mit der er nach Südostasien reiste und auch an mehreren Schlachten teilnahm. Dort lernte er Francisco de Serrao kennen, der sich später als Geschäftsmann auf den „Gewürzinseln“ niederließ.

Der Portugiese dürfte in Magellan den Glauben geweckt haben, dass die Fahrt von der Westküste Südamerikas zu den Molukken mit dem Segelschiff in gerade einmal drei bis vier Tagen zu bewältigen sei. Die portugiesische Krone wollte das Vorhaben Magellans nicht unterstützen, und so wandte sich der Seefahrer an den damals 18 Jahre alten König von Spanien.

Für ihn sollte Magellan die Aufgabe vollenden, an der Amerika-„Entdecker“ Christoph Kolumbus knapp drei Jahrzehnte zuvor und anschließend auch andere berühmte Seefahrerkoryphäen wie Joao de Solis gescheitert waren. Karl I. stellte Magellan fünf Schiffe, die insgesamt rund 500 Tonnen Laderaum hatten, und eine Besatzung von 234 Mann zur Verfügung. Da Magellan die geografische Lage der Molukken falsch einschätzte, nahm er an, dass sie gemäß dem Vertrag von Tordesillas zur spanischen Hemisphäre gehörten.

Aufstand gegen den Kapitän

Nach einem Aufenthalt auf den Kanaren nahm Magellans Armada Kurs auf Brasilien. Schon in der Frühphase der Reise gab es Spannungen zwischen den Besatzungsmitgliedern. Drei der fünf Kapitäne waren Spanier, die dem portugiesischen Expeditionsleiter misstrauten. Eine erste Meuterei konnte Magellan noch unterbinden, indem er den Anführer der Aufständischen festnehmen ließ.

Ferdinand Magellan
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Magellan im Kreise seiner Navigatoren: Der Portugiese war nicht gerade beliebt unter den spanischen Besatzungsmitgliedern

Die schlechte Versorgungslage an Bord der Schiffe löste im April 1520 eine weitere Meuterei aus. Magellans Flotte lag zu diesem Zeitpunkt vor der Ostküste Patagoniens. Abermals gelang es Magellan, den Aufstand niederzuschlagen. Einer der Anführer wurde getötet, seine Mitverschwörer wurden alleine auf Inseln ausgesetzt und ihrem Schicksal überlassen.

Gegen eine dritte Meuterei war Magellan machtlos. Während einer Erkundungsfahrt nahe dem Kap Virgenes im heutigen Argentinien desertierte die Mannschaft der San Antonio, setzte den Kapitän ab und steuerte das Schiff nach Spanien zurück. Damit schrumpfte Magellans Verband erneut; bereits am 22. Mai hatte die „Santiago“ Schiffbruch erlitten.

Überlebenskampf im Pazifik

Am 21. Oktober schließlich fuhren die Schiffe in jene Meerenge ein, die später zur „Magellanstraße“ werden sollte. Fünf Wochen dauerte die beschwerliche Fahrt. Als sie die andere Seite Südamerikas erreichten, taufte Magellan das Meer „Mare Pacifico“ – den „stillen Ozean“. Dass der Pazifik der weltgrößte Ozean und für gewöhnlich alles andere als friedlich ist, wusste der Portugiese damals nicht.

Nach der Durchquerung der Meerenge rechnete Magellan damit, binnen Tagen die Molukken zu erreichen. Eine fatale Fehleinschätzung: Abgesehen von zwei kleineren Atollen dauerte es drei Monate und 20 Tage, ehe die Flotte Land erreichte. Die hygienischen Zustände auf den Schiffen waren verheerend, Lebensmittel- und Wasservorräte neigten sich dem Ende zu.

Grafik zur Weltumsegelung von Ferdinand Magellan
Grafik: Map Resources/ORF.at

„Wir ernährten uns von altem Zwieback, der sich in Pulver verwandelt hatte, voll mit Würmern war und nach dem Urin der Ratten roch (…). Wir tranken schmutziges, gelbes Wasser“, berichtete der Expeditionschronist Antonio Pigafetta. In ihrer Verzweiflung aßen die Seeleute zudem Ochsenhäute, die sie erst in Salzwasser einlegten und dann dünsteten. Und auch von den Ratten „konnten einige von uns nicht genug bekommen“, schrieb Pigafetta.

Tod auf Mactan

Magellan überlebte die Strapazen – die Weltumseglung schaffte er aber nicht: Der Ritter und Seefahrer starb im April 1521 auf den Philippinen einen tragischen Tod. Als er die Insel Mactan für Kastilien in Besitz nehmen wollte, wurde er nach der Überlieferung von Expeditionschronist Pigafetta im Gefecht gegen die Männer von Inselhäuptling Lapu-Lapu von einem Giftpfeil am Oberschenkel getroffen und erhielt zudem zwei Lanzenstöße. Lapu-Lapu wurde auf den Philippinen zum Nationalhelden, nach ihm wurde sogar eine Großstadt benannt.

Knapp eineinhalb Jahre nach Magellans Tod war die erste belegte Weltumseglung perfekt. Mit vollgeladenen Schiffen kam die Expedition aber nicht zurück. Nur die „Nau Victoria“, das viertkleinste Schiff der Flotte, schaffte über die Route um das Kap der Guten Hoffnung den Weg zurück nach Spanien. Unter dem Kommando von Elcano und mit insgesamt nur 18 Mann an Bord lief sie am 6. September 1522 wieder in den Hafen von Sanlucar ein.

„Erstes planetarisches Event“

Die Weltumrundung von Magellan und Elcano war ein Wendepunkt in der Geschichte. Alan Stern, Wissenschaftler der US-Raumfahrtbehörde NASA, verglich sie mit dem ersten bemannten Raumflug des Russen Juri Gagarin. „Als der Erste den Planeten umrundete, bedeutete dies in gewisser Weise, dass wir zum ersten Mal unsere Arme um den Planeten geschlossen haben“, sagt Stern. Dies habe die Menschheit verändert. Stern würde daher Magellans Weltumrundung „als das erste planetarische Event bezeichnen auf dieselbe Weise, wie Juri Gagarin das erste außerplanetare Event war“.

Magallans Weltumrundung schrieb zudem die Landkarten neu. So entdeckte er auf seiner langen Reise als Erster die später nach ihm benannte Straße, die an der Spitze Südamerikas zwischen dem südamerikanischen Kontinent und Feuerland den Atlantischen mit dem Pazifischen Ozean verbindet. Das sei wahrscheinlich „seine größte Leistung und wird noch heute als eine der größten Leistungen in der Geschichte der Seefahrt betrachtet“, sagt der US-Historiker Laurence Bergreen, der eine Biografie über Magellan geschrieben hat.

Feiern in Spanien und Portugal

Nach Magellan wurden Raumsonden, Galaxien, Pinguine, Schiffe und Teleskope benannt. Stefan Zweig widmete ihm ein Buch, die Magellanstraße faszinierte Literatinnen und Literaten. Zudem wurden dem Portugiesen unzählige Denkmäler errichtet.

In Sevilla wird die Weltumseglung seit dem Wochenende mit Straßentheater, Militärparaden und anderen Events groß gefeiert. Bis 2022 soll es Hunderte Ausstellungen, Konzerte, Theater- und Tanzaufführungen, Vorträge sowie sportliche und wissenschaftliche Aktivitäten zur Feier der „iberischen Heldentat“ (Spaniens Vizeregierungschefin Carmen Calvo) geben.