Kameraleute filmen Wechselkurs auf Display
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Nach Präsidentenvorwahl

Schwarzer Montag an Argentiniens Börse

Der argentinische Peso ist am Montag durch die Aussicht auf ein Scheitern von Amtsinhaber Mauricio Macri bei der nahenden Präsidentschaftswahl stark unter Druck geraten. Ebenso deutlich brach die Börse ein – der nächste Schlag für das wirtschaftlich gebeutelte Land.

Der Börsenleitindex S&P Merval gab in Buenos Aires um 35,5 Prozent nach und fiel so mit einem Schlag auf den tiefsten Stand seit Ende 2018. Der Peso rauschte zum Handelsstart um mehr als 20 Prozent in die Tiefe. Es war der heftigste Tagesverlust in der Geschichte der Währung. Vorübergehend mussten 59 Peso pro Dollar bezahlt werden, so viel wie noch nie.

Den Anstoß zu den Turbulenzen gab, dass in den Vorwahlen nicht der amtierende Präsident Macri triumphierte, sondern mit Alberto Fernandez der frühere Kabinettschef der ehemaligen Präsidentin Cristina Kirchner. Auf den Finanzmärkten sorgte das auch deshalb für große Unruhe, weil sich Kirchner an der Seite von Fernandez um das Amt der Vizepräsidentin bewirbt. Ihr wird im Gegensatz zu Macri ein ausgesprochen angespanntes Verhältnis zu ausländischen Investoren nachgesagt. In ihre Amtszeit fällt der Kampf gegen Anleihebesitzer, die sich nicht an staatlichen Umschuldungen beteiligen wollten.

Mauricio Macri
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Die Chancen Macris auf eine Wiederwahl stehen schlecht

Vorwahlen als Stimmungstest

Die verpflichtenden Vorwahlen dienen zur Bereinigung des Bewerberfeldes und gelten als wichtiger Stimmungstest für die Präsidentenwahl im Oktober. Sie sind eine argentinische Besonderheit, stimmberechtigt sind alle Bürger, nicht nur Parteimitglieder. Die Vorwahlen haben damit den Charakter einer Generalprobe für die Präsidentschaftswahl.

Fernandez und seine Vizekandidatin Kirchner kamen auf 47 Prozent der Stimmen, Macri und sein Vizekandidat Miguel Angel Pichetto erhielten 32 Prozent. An dem Wahlgang vom Sonntag beteiligten sich drei Viertel der 34 Millionen Stimmberechtigten. Von daher stehen die Chancen für Macri schlecht, das Ergebnis der Vorwahl noch zu drehen. Um gleich in der ersten Runde zu gewinnen, braucht ein Kandidat mindestens 45 Prozent der Stimmen bzw. mindestens 40 Prozent und zugleich einen Vorsprung von zehn Prozentpunkten vor dem Zweitplatzierten. Andernfalls steht am 24. November eine Stichwahl an.

Analysten sehen „schockierendes Ergebnis“

Investoren beurteilen Fernandez kritischer als Macri, weil er sich in der Vergangenheit für Eingriffe der Politik in die Wirtschaft ausgesprochen hat. „Es ist ein schockierendes und praktisch unabänderliches Ergebnis, das ein Machtvakuum in der Regierung hinterlässt in einer Zeit, in der sich die Wirtschaft in einer fragilen Lage befindet“, sagte Shila Vilker, Analystin bei der argentinischen Beratungsfirma Trespuntozero. Macri räumte eine „schlechte Wahl“ ein und kündigte an, seine „Anstrengungen zu verdoppeln“.

Börse in Buenos Aires
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An der Börse in Buenos Aires reagierte am Montag der Bär

Die Kurseinbrüche an der Börse in Buenos Aires erreichten bei einigen Titeln am Montag fast 50 Prozent. Zum Teil blieben die Wechselstuben geschlossen. Macri traf sich zu Beratungen mit Zentralbankchef Guido Sandleris. Das südamerikanische Land steckt bereits seit vergangenem Jahr in einer Rezession. Die Inflation lag in den vergangenen zwölf Monaten bei 40 Prozent, die Arbeitslosenquote beträgt gut zehn Prozent.

Ein Drittel lebt in Armut

Vergangenes Jahr hatte die argentinische Währung durch zwei Währungskrisen 50 Prozent ihres Wertes verloren. Die Regierung in Buenos Aires beantragte daher beim Internationalen Währungsfonds (IWF) ein Darlehen in Höhe von mehr als 57 Milliarden Dollar (fast 51 Milliarden Euro). Macri sagte im Gegenzug Sparmaßnahmen zu.

Rund 32 Prozent der Bevölkerung leben laut Statistiken in Armut. Das Pro-Kopf-Einkommen der Bevölkerung schrumpfte seit Macris Amtsantritt von rund 15.000 Dollar auf unter 10.000 Dollar. Die Pleitewahrscheinlichkeit des Landes wird auf den Kreditmärkten nun auf über 70 Prozent taxiert – noch am Freitag lag der Wert bei unter 50 Prozent.