Bub mit Masernerkrankung
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Rasanter Anstieg

Masern laut WHO „Gefahr für Millionen“

Im ersten Halbjahr 2019 hat es global gesehen die höchste Zahl an gemeldeten Masernfällen seit 2006 gegeben. „Millionen Menschen sind weltweit in Gefahr“, so die Weltgesundheitsbehörde (WHO). Bis Ende Juli wurden in 182 Ländern nach vorläufigen Zahlen fast 365.000 Masernfälle registriert, fast dreimal so viele wie im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres und mehr als im Gesamtjahr 2018, so die WHO weiter.

Sie empfiehlt Reisenden, ihren Impfstatus zu prüfen. Ab einem Alter von sechs Monaten sollte jeder spätestens 15 Tage vor einer Reise in betroffene Regionen geimpft werden. Bereits 2018 war der Anstieg rasant. Weltweit wurden im Vorjahr insgesamt mehr als 350.000 Masernerkrankungen gemeldet, mehr als doppelt so viele wie 2017.

Die WHO betont, dass nur ein Bruchteil der tatsächlichen Erkrankungen gemeldet werde. Die Dunkelziffer ist daher höher. Die aktuellsten WHO-Schätzungen über die wahren Zahlen beziehen sich auf 2017. Damals seien vermutlich 6,7 Millionen Menschen an Masern erkrankt, 110.000 daran gestorben. Bis 2016 waren die Masernzahlen weltweit rückläufig gewesen.

Eine Frau wird gegen Masern geimpft
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Die Impfung tut auch Erwachsenen nicht wirklich weh

Je älter, desto gefährlicher

Masern ist eine der ansteckendsten Krankheiten. Im Durchschnitt steckt ein Infizierter bzw. eine Infizierte mehr als ein Dutzend weitere Personen an. Betroffen sind zumeist Kinder. Masernviren kann man sich über Speicheltröpfchen in der Luft einfangen.

Einige Tage danach breitet sich ein Ausschlag über den ganzen Körper aus. Etwa jeder zehnte Patient hat Komplikationen, beispielsweise Mittelohr- oder Lungenentzündungen. Je älter der Infizierte ist, desto gefährlicher wird die Krankheit. Selten kommt es auch zu Gehirnentzündungen, die tödlich enden können.

Hoher Anstieg auch in Österreich

Die WHO verlangt mehr Impfungen. In der WHO-Afrikaregion sei die Zahl der gemeldeten Fälle in den ersten sechs Monaten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 900 Prozent gestiegen, in der Westpazifikregion um 230 Prozent, so die WHO.

Menschen in Afrika werden geimpft
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In Afrika stehen die Menschen oft Schlange, um überhaupt eine Impfung zu erhalten

In der Europaregion stieg sie um 120 Prozent. Zu der Region zählen neben der EU auch Russland, die Türkei, Israel und die in Asien liegenden Länder Usbekistan und Aserbaidschan. In Österreich sind bis 1. August bereits 136 Masernfälle in diesem Jahr registriert worden. Im ganzen Jahr 2018 waren es in Österreich 77 Erkrankungen gewesen.

Impfstudie sieht globale Krise

Eine Impfstudie hat jüngst aufhorchen lassen. Menschen in Ländern mit hohen Einkommen haben weltweit am wenigsten Vertrauen in Impfungen. Das ist das Ergebnis einer Mitte Juni veröffentlichten Studie der britischen Wohltätigkeitsorganisation Wellcome. Diese spricht von einer „globalen Krise“.

In Westeuropa glauben laut der Umfrage fälschlicherweise 22 Prozent, dass Impfungen gefährlich sind, in Frankreich sind es sogar 33 Prozent. In Österreich stimmten 21 Prozent dieser Aussage zu. Das größte Vertrauen gibt es in Bangladesch und Ruanda, wo fast die gesamte Bevölkerung überzeugt ist, dass Impfungen ungefährlich, wirksam und wichtig sind.

Angst vor negativen Auswirkungen

Für die Studie befragte das Meinungsforschungsinstitut Gallup zwischen April und Dezember 2018 mehr als 140.000 Menschen ab 15 Jahren in 144 Ländern. Der Wellcome-Leiter für Öffentlichkeitsarbeit, Imran Khan, zeigte sich „verblüfft“ vom „Ausmaß der Unterschiede“ in der Wahrnehmung von Impfungen.

Für Österreich wird festgehalten, dass es so aussehe, dass immer mehr Menschen ihre Kinder nicht impfen lassen. Das erfolge aus Angst vor negativen Auswirkungen, Skepsis über die Wirksamkeit der Impfstoffe und Misstrauen der Pharmaindustrie gegenüber, so der Bericht. Elf Prozent der Österreicher widersprachen der Aussage, dass Impfungen wirksam sind, zwölf Prozent finden sie nicht wichtig für Kinder.

Vertrauen in betroffenen Ländern besonders hoch

Das mangelnde Vertrauen gegenüber Impfungen in wohlhabenden Ländern bezeichnete Khan als „Nachlässigkeitseffekt“. Hohes Vertrauen gebe es vor allem in Ländern mit mehr Infektionskrankheiten. In entwickelten Ländern hingegen sei die Gefahr, infiziert zu werden, meist geringer – selbst ohne Immunisierung. Wer sich dort anstecke, werde „vielleicht nicht so krank oder stirbt nicht, weil wir ziemlich gute Gesundheitssysteme haben“, fügte Khan hinzu.

Es gab in den letzten Jahren in mehreren westlichen Ländern ein verstärktes Auftreten an Masernerkrankungen – als Ursache gilt die zunehmende Impfzurückhaltung. Gegenüber der britischen Tageszeitung „Guardian“ sagte Heidi Larson vom Londoner Institut für Hygiene und Tropenmedizin, sie sei überzeugt, dass Soziale Netzwerke als Verstärker für die Skepsis und Ängste dienten.

Die Wellcome-Studie ist laut eigenen Angaben die weltweit größte Erhebung darüber, wie Menschen über Wissenschaft und große Gesundheitsprobleme denken. Neben der Impfskepsis gibt es andere wichtige Ergebnisse des Berichts: Drei Viertel der Menschen vertrauen am stärksten auf Rat von Ärzten, Ärztinnen und Pflegepersonal bei gesundheitlichen Problemen. In fast allen Regionen der Welt geben Männer eher als Frauen an, wissenschaftliches Know-how zu verstehen.