Hinweisschild mit der Aufschrift Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft
APA/Helmut Fohringer
Casinos-Austria-Posten

Brisante Details in Durchsuchungsbefehl

Nach den Hausdurchsuchungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in der Causa um die Bestellung eines Vorstands bei den Casinos Austria werden nun neue Details bekannt. Der Durchsuchungsbefehl für die Razzien bei Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus und weiteren Personen enthält brisante Einzelheiten zur Zusammensetzung des Dreiervorstandes. Auch von einer weiteren Razzia wurde unterdessen berichtet.

In dem zehnseitigen Dokument, das Ö1 zugespielt wurde, ist zu lesen, dass die ÖVP-FPÖ-Regierung fixer Bestandteil des neuen Vorstands der Casinos Austria sein sollte: „Es sollten in dem 3er-Vorstand die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ vertreten sein“, heißt es darin wörtlich – Audio dazu in oe1.ORF.at. Vor allem sei auch ausgemacht gewesen, dass „jede der drei Aktionärsgruppen – die staatliche Beteiligungs AG ÖBAG, die Tschechische Sazka-Gruppe und die Novomatic – einen der Vorstände benennen sollte.“

Die Vorwürfe werden dann auch konkretisiert: „Johann Gudenus vereinbarte mit Novomatic-Vorstand Harald Neumann, dass Novomatic als FPÖ-Kandidaten Peter Sidlo benennen sollte. In enger Abstimmung mit Heinz-Christian Strache wurde im Gegenzug eine wohlwollende Unterstützung der Novomatic durch die FPÖ ausgemacht. Gegenstand war insbesondere die Erteilung einer ‚Casino Lizenz in Wien‘ und einer ‚nationalen Online Gaming Lizenz‘.“ Außerdem soll Gudenus für den Fall eines FPÖ-Wahlsieges in Wien zugesichert haben, „das kleine Glücksspielgesetz wieder zu aktivieren“, heißt es darin weiter.

Anzeige mit Insiderwissen

Die Vorwürfe stützen sich in erster Linie auf eine anonyme Anzeige. Diese soll jedoch detailliertes Insiderwissen beinhaltet haben – inklusive Zitaten aus Gesprächen in vertrautem Kreis, heißt es in dem Befehl, der von zwei Staatsanwältinnen verfasst wurde. Auch die Strache-Aussage aus dem „Ibiza-Video“, „Novomatic zahlt alle“, wird darin erwähnt.

Hausdurchsuchungsbefehl
ORF/Bernt Koschuh
Der Durchsuchungsbefehl wurde Ö1 zugespielt

Vorwürfe werden auch gegen den ehemaligen FPÖ-Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs geäußert. „Fuchs akkordierte mit Johann Graf, dem Eigentümer der Novomatic, bei einem Treffen in London den Deal“, heißt es. Fuchs und Strache wird auch vorgeworfen, dass sie „unter Ausnützung ihrer politischen Positionen Druck auf den Aufsichtsratsvorsitzenden der Casinos AG, Walter Rothensteiner ausübten bzw. ausüben ließen.“ Fuchs wies die Vorwürfe schon am Dienstag zurück: Er habe an einer Glücksspielmesse in London teilgenommen, eine etwaige Vergabe von Lizenzen sei in den dort geführten Gesprächen jedoch niemals Thema gewesen.

Qualifikation von FPÖ-Kandidat offenbar nicht ausreichend

Die Druckausübung soll sich vor allem darauf bezogen haben, dass Sidlo offenbar nicht die geeignete Qualifikation für den Finanzvorstand vorwies. „Der Aufsichtsratsvorsitzende der Casinos Walter Rothensteiner wies den Personalberater an, sich auf die Beschreibung des Profils von Sidlo zu beschränken“, heißt es. Rothensteiner soll dem Aufsichtsrat die Conclusio des Personalberaters vorenthalten haben, „wonach Peter Sidlo nicht die erforderliche Qualifikation aufwies“.

Hausdurchsuchungen bei Ex-FPÖ-Chef Strache und Ex-FPÖ-Klubchef Gudenus

Die WKStA hat am Montag Razzien bei Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache und bei Ex-FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus durchgeführt.

Befehl sieht „jedenfalls Beitragstäterschaft“ Straches

Betitelt ist der Durchsuchungsbefehl mit „Strafsache gegen Heinz-Christian Strache und andere“. Dabei seien die genauen Befugnisse des Ex-Vizekanzlers im Hinblick auf Glücksspielthemen noch zu prüfen, heißt es. „Wobei für den Fall, dass ihm keine konkrete Einflussmöglichkeit zukommen sollte, jedenfalls eine Beitragstäterschaft anzunehmen wäre.“

„Heute“: Razzia in Tiroler Bauernhaus

Die Tageszeitung „Heute“ berichtete indes am Mittwoch von einer weiteren Razzia in einem Bauernhaus in St. Jakob in Tirol. Das Bauernhaus „gehört seit 2012 dem FPÖ-Bildungsinstitut“, heißt es in der „Heute“ zudem. Auch von Strache wurde es demnach mehrfach als „Rückzugsort“ genutzt.

Der Tageszeitung zufolge habe das Bundeskriminalamt die Räumlichkeiten am Montag durchkämmt und sei dabei auf einen verborgenen Tresor gestoßen. Offenbar sollen darin mehrere Festplatten entdeckt worden sein, die daraufhin beschlagnahmt wurden. „Die Ermittler vermuten darauf Unterlagen, die Zahlungsflüsse aus der Glücksspielbranche in die Politik belegen könnten“, so die Zeitung.

Strache wies tags zuvor die Vorwürfe zurück – die Razzia in Tirol hat er noch nicht bestätigt. „Ich habe mir keinerlei Verhalten – weder in diesem, noch in anderen Zusammenhängen – vorzuwerfen, das den Straftatbestand der Bestechlichkeit erfüllt“, so Strache. Er sieht darin „lediglich einen weiteren politischen Angriff auf meine Person“.

Novomatic wehrt sich gegen Vorwürfe

Novomatic-Pressesprecher Bernhard Krumpel sagte auf Anfrage, das Unternehmen werde vollumfänglich kooperieren, die Vorwürfe seien jedoch haltlos. Eine ausführlichere Stellungnahme lehnte Krumpel, unter Verweis darauf, dass es sich um einen Verschlussakt handle, ab. Novomatic-Chef Neumann meinte, es könne gar keine Deals oder Zusagen für das kleine Glücksspiel geben, und auch Sidlo dementierte laut „Standard“ alle Vorwürfe.

Novomatic steht in den Casinos an der Seite der Republik, die über die Staatsholding ÖBAG 33 Prozent an den Casinos Austria hält. Größte Aktionärin ist die Sazka-Gruppe um den Milliardär Karel Komarek mit 38 Prozent. Novomatic hält 17 Prozent.

ÖVP forderte rasche Aufklärung

Die ÖVP forderte vom vormaligen Koalitionspartner „rasche Aufklärung über den angeblichen FPÖ-Novomatic-Deal“. „Die im Raum stehenden Vorwürfe müssen umgehend geprüft und geklärt werden. Es braucht eine rasche und umfassende Aufklärung“, erklärte ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer am Dienstag.

SPÖ ortet „handfesten Korruptionsskandal“

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda rief dazu auf, „das türkis-blaue System der gekauften Politik“ am 29. September abzuwählen. „Es ist unfassbar, dass ÖVP-Chef (Sebastian, Anm.) Kurz diese FPÖ in die Regierung geholt hat und diese Korruptionskoalition trotz der vielen Skandale auch noch fortsetzen will“, so Drozda, der nach den Hausdurchsuchungen „einen weiteren handfesten türkis-blauen Korruptionsskandal“ ortet.

NEOS-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn sieht sich unterdessen in seinen Warnungen bestätigt. Den Skandal habe die vorige Regierung zu verantworten. „Wir haben immer vor dieser ‚blauen Glücksfee‘ gewarnt“, erklärte er in einer Aussendung. Schellhorn forderte Sidlos umgehende Suspendierung, auch in der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), wo Sidlo Mitglied des Generalrats ist. „Sidlo muss umgehend suspendiert werden. Jemand, der unter Korruptionsverdacht steht, darf nicht einmal in die Nähe unseres Staatsgoldes gelassen werden! Weil, dass die FPÖ gern Dinge, die ihr nicht gehören, ans Ausland verscherbeln will, wissen wir spätestens seit Ibiza.“

Pilz will „Ibiza“-U-Ausschuss nach der Wahl

Entsetzt zeigte sich Grünen-Bundesrätin Ewa Ernst-Dziedzic. „Unfassbar und unverantwortlich, was die FPÖ in weniger als zwei Jahren zum Schaden der Republik angerichtet hat. Und die ÖVP hat offensichtlich nicht nur zugeschaut, sondern scheint auch abgenickt zu haben.“ Dass es jetzt Razzien beim ehemaligen Vizekanzler gebe, werfe ein desaströses Bild auf die Regierungszeit von ÖVP und FPÖ.

Für Peter Pilz von JETZT zeigt die WKStA ein weiteres Mal, dass nur auf sie bei der Korruptionsbekämpfung Verlass sei. „‚Ibizia‘ ist jetzt endgültig in Wien angekommen“, so Pilz. Er forderte, nach der Nationalratswahl einen „Ibiza“-U-Ausschuss einzurichten. Für alle namentlich genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung.