Italienischer Senat
APA/AFP/Filippo Monteforte
Salvinis Antrag abgelehnt

Kein schnelles Misstrauensvotum in Italien

Italiens Vizepremier und Innenminister Matteo Salvini ist mit seiner Forderung nach einem schnellen Misstrauensvotum gegen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte gescheitert. Der Senat lehnte am Dienstagabend Salvinis Antrag ab. Stattdessen wird sich Conte kommende Woche zu der Regierungskrise äußern.

Erst dann soll über den von der Lega eingereichten Misstrauensantrag gegen Conte abgestimmt werden. Die Fünf-Sterne-Bewegung und die Sozialdemokraten (PD) entschieden sich bei der kurzfristig einberufenen Senatssitzung gegen den Vorstoß Salvinis.

Für den Lega-Chef ist der Aufschub ein Rückschlag. „Was ist schöner, was ist demokratischer, was ist würdiger, als dem Volk die Wahl zurückzugeben?“, sagte Salvini zuvor in einer Rede im Senat, die immer wieder von Zwischenrufen und Störaktionen der anderen Parteien unterbrochen wurde. Der Kurs der Partei ist damit unverändert.

Salvini einigt sich mit Fünf-Sterne-Bewegung auf Reform

Dennoch rief Salvini die Fünf-Sterne-Bewegung am Dienstag zu einer gemeinsamen Reform zur Verringerung der Abgeordnetenzahlen auf. Mit der Reform sollen 345 Sitze in beiden Kammern gestrichen werden, was die Arbeit im italienischen Parlament effizienter gestalten sollte. Derzeit umfasst es 945 gewählte Volksvertreter – 630 im Abgeordnetenhaus und 315 im Senat. Die Kürzung ist eine langzeitige Forderung der Fünf-Sterne-Bewegung.

Lega-Chef Matteo Salvini spricht im italienischen Senat
APA/AFP/Filippo Monteforte
Salvini wurde bei seiner Rede im Senat mehrfach unterbrochen

Zugleich bekräftigte Salvini, dass nach der Verabschiedung der Reform eine Neuwahl sein Ziel sei. Diese könnte dem Land stabile Regierungsverhältnisse sichern, sagte der Innenminister in seiner Ansprache vor dem Senat. Doch ob eine Neuwahl bereits im Oktober stattfinden könnte, ist noch unklar.

Salvini überlegt Allianz mit Forza Italia

Der Vizepremier arbeitet an einer Wiederbelebung der Mitte-rechts-Allianz mit der rechtskonservativen Forza Italia um den viermaligen Regierungschef Silvio Berlusconi. Am Dienstag plante Salvini ein Treffen mit Berlusconi in Rom, bei dem die beiden Politiker über die Entwicklungen in der Krise beraten wollten. Angesichts des Höhenflugs von Salvinis Lega in den Umfragen sind die anderen Parteien von der Aussicht auf eine Neuwahl nicht wirklich begeistert. Regulär würde erst im Frühjahr 2023 gewählt.

Italien: Senatsentscheidung vertagt

Der italienische Senat musste über einen Misstrauensantrag gegen Premierminister Giuseppe Conte entscheiden.

Renzi ruft zu Bildung von Übergangskabinett auf

Italiens sozialdemokratischer Ex-Premier Matteo Renzi richtete unterdessen einen Appell an die im Parlament vertretenen Parteien für die Bildung eines Übergangskabinetts. Italien brauche eine „No Tax“-Regierung, die den Haushaltsplan für 2020 verabschiede und eine Erhöhung der Mehrwertsteuer im kommenden Jahr abwende.

Eine höhere Mehrwertsteuer wäre ein „Desaster“ für Italien, da sie die Wirtschaft wieder in die Rezession stürzen würde, sagte Renzi vor Journalistinnen und Journalisten. Die höhere Mehrwertsteuer gilt als Einlösung von Garantien gegenüber der Europäischen Union. Wenn nicht zwölf Milliarden Euro an Zusatzeinnahmen oder Ausgabenkürzungen für den Haushalt 2020 zur Verfügung gestellt werden, erhöht sich der volle Mehrwertsteuersatz automatisch von derzeit 22 auf dann 24,2 Prozent, der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von zehn auf 11,5 Prozent.

Laut Renzi habe Italien die Möglichkeit, eine neue politische Seite in der Geschichte des Landes zu schreiben. Er forderte den sofortigen Rücktritt Salvinis, der die Regierungskrise ausgelöst hat. Renzi betonte, dass die Regierung aus Lega und Fünf-Sterne-Bewegung, die sich als „Kabinett des Wandels“ bezeichnet hatte, gescheitert sei. Salvini, der sich als unbesiegbar dargestellt hätte, habe eine Regierungskrise ausgelöst, die sogar für seine engsten Vertrauten unbegreiflich sei.

Hochgeschwindigkeitsbahn als Streitpunkt

Lega und Fünf-Sterne-Bewegung regieren seit dem Frühjahr 2018 gemeinsam, doch traten in den vergangenen Monaten immer wieder gravierende Divergenzen bei der Umsetzung des Regierungsprogramms auf, vor allem in Sachen Autonomie, Justizreform, Migrations- und Sicherheitspolitik.

Doch zum wichtigsten Streitpunkt entwickelte sich das Projekt der Hochgeschwindigkeitsverbindung von Turin nach Lyon. Die Lega setzt sich für das Milliardenvorhaben ein, die Fünf-Sterne-Bewegung betrachtet es als gigantische Steuerverschwendung. Bei einer Parlamentsabstimmung am vergangenen Mittwoch lehnte die Fünf-Sterne-Bewegung das Projekt ab, was für Salvini das Fass zum Überlaufen brachte.