Gebäude der WKStA in Wien
ORF.at/Christian Öser
Streit über Befangenheit

Vorwürfe und Dementi in Casinos-Affäre

Nach den Razzien in der Causa Casinos ist die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) nun selbst unter Beschuss geraten. Laut einem Bericht des „Standard“ gibt es innerhalb der Behörde „starke Dissonanzen“ – vor allem was die Befangenheit einzelner Ermittler betrifft. Die WKStA dementiert die Vorwürfe und sieht keinen Grund zur Sorge. Indes meldete sich auch die FPÖ mit Vorwürfen zu Wort.

Wegen der Bestellung eines Vorstands bei den Casinos Austria wurden zu Beginn der Woche unter anderem bei Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus Hausdurchsuchungen durchgeführt. Geleitet wurden die Razzien von einem Oberstaatsanwalt der WKStA, durchgeführt wurden sie von einer SoKo des Bundeskriminalamtes.

Dem „Standard“ zufolge soll es zwischen WKStA und SoKo aber einen „Streitpunkt“ geben: Die Auswertung von beschlagnahmten Daten – unter anderem von jenen auf Straches Handy. „Der Grund der Differenzen ist ziemlich brisant. Die WKStA ist besorgt, dass ÖVP-nahe Soko-Leute die Ermittlungen gefährden könnten“, heißt es in dem „Standard“-Bericht. Die Staatsanwaltschaft habe sich bereits schriftlich an die SoKo gewandt, die die Frage zu allfälliger Befangenheit jedoch verneinte.

„Kein Grund, Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen“

Es konnte „kein Grund gefunden werden, der geeignet wäre, die volle Unbefangenheit und Unparteilichkeit des Bundeskriminalamtes in Zweifel zu ziehen“, hieß es in einer Aussendung der WKStA von Mittwochabend. Und: Die sensiblen Daten sollen gemeinsam von der WKStA, der Oberstaatsanwaltschaft und dem Bundeskriminalamt ausgewertet werden.

Eine ÖVP-Nähe von Ermittlern wäre, so der „Standard“, „besonders heikel“, zumal die frühere stellvertretende ÖVP-Obfrau Bettina Glatz-Kremsner im März 2019 zu Vorstandsvorsitzenden im Aufsichtsrat der Casinos Austria bestellt wurde. Die Besetzung des Dreiervorstands steht im Zentrum der Ermittlungen – und die Frage, ob im Gegenzug für die Novomatic-Zustimmung (diese ist drittgrößter Casinos-Aktionär) dem Glücksspielkonzern Zugeständnisse versprochen wurden.

Laut Medienberichten könnte es unter anderem um zwei Glücksspiellizenzen gegangen sein. Der Wiener FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo wurde bestellt, obwohl ein von den Casinos beauftragter Headhunter ihm die Qualifikation abgesprochen hatte. Die Ermittlungen sind für Strache und die FPÖ doppelt brisant, da parallel jene zur „Ibiza-Affäre“ und Straches dort gemachten Äußerungen laufen.

Vorwürfe gegen Strache und Gudenus

Die Staatsanwaltschaft prüft, ob Strache und Gudenus dem Glücksspielkonzern Novomatic wohlwollende Unterstützung im Austausch für die Berufung eines FPÖ-Bezirksrats in den Vorstand der Casinos Austria zugesagt haben.

Im „Ibiza-Video“ – anders als die Causa Casinos stammt dieses aus der Zeit vor Eintritt in die Regierung – sagte Strache auch, Novomatic würde allen Parteien Geld zukommen lassen. Und Redakteure der „Süddeutschen Zeitung“ veröffentlichten am Dienstag bisher nicht bekannte Strache-Aussagen aus dem Video, darunter laut „Standard“ jenen: „Wir machen ein Gesetz, wo wir geordnete Spielkasinos zulassen.“

FPÖ sichert „volle Unterstützung“ der Behörden zu

Am Donnerstag sicherte die FPÖ in einer Aussendung den Behörden zwar „volle Unterstützung“ zu, gleichzeitig kritisierte FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky aber die Zeitabfolge der Ermittlungen: „Die anonyme Anzeige ist bereits im Juni eingebracht worden – trotzdem wurde mit den Hausdurchsuchungen bis zur heißen Phase des Wahlkampfs gewartet. Diese Optik ist mehr als schief. Es liegt der Verdacht nahe, dass dieser Zeitpunkt aus politischem Kalkül gewählt wurde.“

Die Vorwürfe rund um die Bestellung Sidlos hielt Vilimsky für „sehr dünn“, er verwies auf die Stellungnahme von Novomatic. Auch übte er Kritik daran, dass Personen, die bei der Erstellung und Verbreitung des Videos involviert waren, bisher noch nicht einvernommen wurden.

FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker schloss im Interview mit der „Presse“ „definitiv“ aus, dass die FPÖ Glücksspielunternehmen wie Casinos Austria oder Novomatic gesetzliche Erleichterungen im Gegenzug zu Postenbesetzungen in Aussicht gestellt hat. „Die FPÖ ist nicht involviert – sondern lediglich Privatpersonen“, sagte Hafenecker zu den Hausdurchsuchungen. „Gudenus ist aus der Partei ausgetreten, und auch Strache hat keine Parteifunktion inne“, sagte er auf den Einwurf, dass beide hochrangige FPÖ-Funktionäre waren.

Wiener FPÖ-Bezirksrats Peter Sidlo
APA/Casinos Austria/Christof Wagner
Die Besetzung des Wiener FPÖ-Bezirksrats Peter Sidlo zum Finanzvorstand bei den Casinos sorgt für Aufregung

Novomatic: Vorwürfe „völlig haltlos“

Novomatic bezog am Tag zuvor Stellung zu den Vorwürfen. Diese seien „völlig haltlos“, da das Unternehmen alleine keinen „Kandidaten“ für einen Vorstandsposten ernennen könne. „Die Novomatic ist bei den Casag (Casinos Austria, Anm.) Minderheitsaktionär mit lediglich 2 von 18 Aufsichtsräten, hat keinen Anspruch auf einen Vorstandsposten und kann daher auch keinen Vorstand alleine bestimmen“, so die Stellungnahme des Konzerns. Der vom Finanzministerium kontrollierte staatliche Anteil und jener der Novomatic ergibt allerdings eine Mehrheit.

SPÖ: „Schaler Charakter“

Dass der ehemalige Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs (FPÖ) im Februar an der Glücksspielmesse in London teilgenommen hatte und dort Novomatic-Eigentümer Johann Graf traf, verleitete SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim jedenfalls zu einer Vermutung: Postenbesetzungen könnten dort besprochen worden sein. Die WKStA mache jedenfalls „sicher keine Hausdurchsuchung, wenn der Anfangsverdacht nicht groß ist“. Dass Fuchs nun auf Platz drei der FPÖ-Bundesliste für die Nationalratswahl steht, habe einen „schalen Charakter“. Für Fuchs, Strache und alle weiteren Verdächtigen gilt die Unschuldsvermutung.

Die ÖVP forderte ihrerseits noch am Dienstag vom vormaligen Koalitionspartner „rasche Aufklärung über den angeblichen FPÖ-Novomatic-Deal“. „Die im Raum stehenden Vorwürfe müssen umgehend geprüft und geklärt werden. Es braucht eine rasche und umfassende Aufklärung“, sagte ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer. Auf die Forderungen von SPÖ, NEOS, JETZT und Grünen, die ÖVP solle zu ihrer etwaigen Rolle in der Causa Stellung nehmen, ging diese bis dato nicht ein.