Deutscher Finanzminister Olaf Scholz
Reuters/Fabrizio Bensch
Scholz bereit

Rennen um SPD-Vorsitz wird spannender

In das Kandidatenrennen um die Führung der deutschen Sozialdemokraten (SPD) kommt Bewegung: Als erster prominenter Bundespolitiker ist Finanzminister Olaf Scholz bereit, für den Vorsitz der Sozialdemokraten zu kandidieren, wie eine SPD-Sprecherin am Freitag einen entsprechenden „Spiegel“-Bericht bestätigte.

Scholz habe bereits Anfang der Woche den drei Interimsvorsitzenden angeboten: „Ich bin bereit anzutreten, wenn ihr das wollt“, berichtete der „Spiegel“. Widerspruch habe sich dabei nicht geregt. Scholz werde zusammen mit einer Frau antreten. Wer das sein könnte, blieb zunächst aber offen.

Nach der Absage von Familienministerin Franziska Giffey würde damit erstmals ein SPD-Politiker aus der ersten Reihe ins Rennen eingreifen. Zudem kandidieren Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius und die sächsische Integrationsministerin Petra Köpping gemeinsam. Am Freitag stellten auch SPD-Vize Ralf Stegner und die frühere SPD-Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten, Gesine Schwan, ihre gemeinsame Kandidatur in Berlin vor.

Die SPD ist seit Jahren in der Krise. Sie verliert Wählerinnen und Wähler sowohl an die Grünen als auch an Rechtsparteien, allen voran die rechtspopulistische AfD.

Meldefrist endet am Wahltag

In der SPD regt sich zunehmend Kritik an dem langen Auswahlverfahren, bei dem sich Interessenten für den Parteivorsitz bis zum 1. September melden müssen, dem Tag der Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen – bei diesen werden herbe Verluste für die SPD erwartet. Bis Freitag hatten eher Politiker aus der zweiten und dritten Reihe den Finger gehoben.

Mit Scholz und dem Duo Pistorius/Köpping, so heißt es in der SPD, habe sich die Lage nun aber entscheidend geändert. „Viele an der Basis der SPD werden erleichtert sein, dass nun doch ein Schwergewicht als Vorsitzender antreten will“, sagte auch FDP-Chef Christian Lindner der RND-Zeitungsgruppe.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Olaf Scholz
AP/Michael Sohn
In der SPD-Regierungsriege ist Scholz als Vizekanzler und aufgrund seines Ressorts das politische Schwergewicht

Bisher stets abgewunken

Der frühere Hamburger Bürgermeister und jetzige Vizekanzler Scholz hatte zuletzt stets gesagt, aus zeitlichen Gründen nicht zur Verfügung zu stehen. Für ihn sei das Amt des Bundesfinanzministers nicht vereinbar mit dem Parteivorsitz, sagte Scholz unlängst. In dem Gespräch mit den Interimsparteichefs Manuela Schwesig, Malu Dreyer und Thorsten Schäfer-Gümbel am Montag habe der Finanzminister nun aber seine Bereitschaft zur Kandidatur erklärt.

Seitdem sondiere Scholz im Hintergrund das Feld und suche eine Partnerin, mit der er als Doppelspitze antreten könne. Der 61-Jährige war 2017 auf dem SPD-Parteitag mit nur 59,2 Prozent zum Parteivize gewählt worden – nach 80,2 Prozent in 2015.

Will Finanzminister bleiben

Aus seinem direkten Umfeld hieß es, Scholz würde im Fall einer Wahl zum SPD-Vorsitzenden Finanzminister bleiben. Regierungssprecher Steffen Seibert und eine Sprecherin des Finanzministeriums wollten Fragen zu einer möglichen Doppelbelastung des SPD-Politikers durch Parteivorsitz und Finanzministerrolle nicht beantworten. „Sorgen muss man sich nicht machen“, sagte Seibert lediglich. Anders als fast alle bisherigen Kandidatinnen und Kandidaten gilt Scholz als klarer Verfechter der parteiintern umstrittenen „GroKo“, also der Großen Koalition mit CDU und CSU.

In Regierungskreisen wurde zudem darauf verwiesen, es sei nicht unüblich, dass Parteivorsitzende auch Ministerämter bekleideten. Kanzlerin Angela Merkel war jahrelang in Personalunion auch CDU-Chefin. Als Herausforderung gilt aber, dass sich die Kandidaten in 23 Regionalkonferenzen der SPD-Basis vorstellen sollen. Scholz selbst hat am Wochenende mehrere Termine beim Tag der offenen Tür der Regierung – am Samstag in seinem Ministerium und am Sonntag in der Bundespressekonferenz. Dabei dürfte er sich zu seinen Plänen äußern.

Weiteres Duo tritt an

Am Freitag bestätigte die SPD auch eine gemeinsame Kandidatur von Niedersachsens Innenminister Pistorius und der sächsischen Integrationsministerin Köpping. Dagegen hatte am Donnerstag Familienministerin Giffey ihren Verzicht erklärt. Gleich zu Beginn des Verfahrens hatten die drei Interimsvorsitzenden Dreyer, Schwesig und Schäfer-Gümbel abgewunken.

Der 61-jährige Pistorius gilt als profilierter Innenpolitiker, der wiederholt auch als ein künftiger Nachfolger von Ministerpräsident Stephan Weil gehandelt wurde. In der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ nannte Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies Pistorius „den richtigen Kandidaten“. Die 59-jährige Köpping ist seit 2014 Integrationsministerin der CDU-SPD-Regierung in Dresden. Sie hat sich vor allem im Osten einen Namen gemacht. Bis zum Ende der Bewerbungsfrist am 1. September wird allerdings mit weiteren prominente Interessenten gerechnet.

Gewählt werden soll die neue Parteiführung auf einem SPD-Parteitag Anfang Dezember. Durch eine Satzungsänderung wollen die Sozialdemokraten eine Doppelspitze ermöglichen. Die Entscheidung soll aber bereits vorher in einer Mitgliederbefragung vom 14. bis zum 25. Oktober fallen.