Koalitionskrise in Tschechien spitzt sich zu

Die Regierung in Tschechien kommt nicht zur Ruhe. Ministerpräsident Andrej Babis forderte den sozialdemokratischen Koalitionspartner CSSD auf, sich zu entscheiden: „Wenn sie nicht mehr in der Regierung sein wollen, dann sollen sie das klar sagen“, erklärte der Gründer der populistischen Partei ANO in einem Interview des Senders Prima.

Der CSSD-Vorsitzende und Innenminister Jan Hamacek reagierte auf die Worten per Twitter: Seine Partei wolle in der Regierung bleiben – falls der Koalitionsvertrag eingehalten werde.

Wochenlanger Streit über Kulturministerium

Hintergrund ist ein Streit um das Kulturministerium. Die Sozialdemokraten fordern, dass ihr Kandidat, der als beliebt geltende Kommunalpolitiker Michal Smarda, an die Spitze des Ministeriums berufen wird. Nach dem Koalitionsvertrag steht ihnen das Ressort formal zu. Doch Präsident Milos Zeman lehnt Smardas Ernennung ab, was manche Verfassungsrechtler als Überschreitung seiner Kompetenzen betrachten.

Zeman hatte auch den Rücktritt des Kulturministers Antonin Stanek Ende Juli erst nach zwei Monaten angenommen. Stanek war wegen einiger Personalentscheidungen unter Beschuss geraten. Es ging vor allem um die Abberufung des auch international anerkannten Chefs der Nationalgalerie, Jiri Fajt, wegen angeblicher Fehler bei Honorar- und Mietverträgen. Das Kulturministerium brachte eine Strafanzeige gegen Fajt ein. Fajt wies die Vorwürfe zurück. Präsident Zeman argumentierte, er wolle den Rücktritt Staneks nicht annehmen, weil dieser einem Korruptionsverdacht in seinem Ressort nachgegangen sei und entsprechend personelle Konsequenzen gezogen habe.

Schlechte Umfragewerte machen CSSD-Austritt schwierig

Nun stellte sich auch Babis entschieden gegen den 44 Jahre alten Smarda. „Mit diesem Herrn werde ich nicht in einer Regierung sitzen“, erklärte der Multimilliardär. Der Regierungschef erklärte außerdem, dass es in vielen Bereichen unterschiedliche Meinungen mit der CSSD gebe und nannte u.a. das Budget. Sollte es zu Neuwahlen kommen, wäre die ANO mit 28,5 Prozent der Stimmen erneut stärkste Kraft. Das geht aus einer Umfrage der Agentur STEM vom Juli hervor.

Laut Kommentatoren tut sich die CSSD schwer, tatsächlich die Regierung zu verlassen. Bei der EU-Wahl im Mai blieb sie unter fünf Prozent. Bei tschechischen Parlamentswahlen gilt eine Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug ins Abgeordnetenhaus. Die Regierungskoalition der ANO von Babis und der CSSD verfügt über keine Mehrheit im Parlament. Sie wird aber von den Kommunisten (KSCM) geduldet.