Rudolf Hundstorfer
ORF.at/Christian Öser
1951–2019

Rudolf Hundstorfer ist tot

Der frühere Sozialminister Rudolf Hundstorfer ist tot: Ein SPÖ-Urgestein, hatte Hundstorfer den ÖGB in seiner schwersten Krise, in der Causa BAWAG, übernommen und in ruhige Gewässer geführt. Er starb am Dienstag überraschend im 68. Lebensjahr.

Dem Vernehmen nach befand sich Hundstorfer gerade auf Urlaub in Kroatien. Laut „Kurier“ erlitt Hundstorfer einen Herzinfarkt. Die SPÖ Wien gab in einer Aussendung Hundstorfers Ableben bekannt und würdigte diesen für seine Verdienste als Gewerkschafter und Sozialminister.

Hundstorfer war bis zuletzt als Funktionär aktiv. Erst am Dienstag vergangener Woche absolvierte er seinen letzten öffentlichen Auftritt: In seiner Funktion als Präsident der Volkshilfe Wien eröffnete er eine neue Sozialeinrichtung für obdach- und wohnungslose Menschen in Wien-Donaustadt. Ebenfalls bis zu seinem Tod tätig war der in dritter Ehe verheiratete Vater einer Tochter als Präsident der Österreichischen Bundes-Sportorganisation (BSO).

„Konnte mit allen reden“

Bundespräsident Alexander Van der Bellen würdigte Hundstorfer als Menschen, „mit dem ich jeden Austausch sehr geschätzt habe, auch während unserer gemeinsamen Kandidatur zur Präsidentschaft“. Er habe öffentliche Funktionen immer mit höchster Kompetenz und großer sozialer Verantwortung wahrgenommen. „Hundstorfer war ein umgänglicher und heiterer Mensch, der mit allen reden konnte, mit Arbeiterinnen und Arbeitern genauso wie mit Spitzenpolitikerinnen und -politikern“, so der Bundespräsident.

Die SPÖ-Spitze von Pamela Rendi-Wagner bis zu Wiens Bürgermeister Michael Ludwig drückten der Familie „ihre tief empfundene Trauer“ aus. Auch aus anderen Parteien gab es zahlreiche Beileidsbekundungen. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) würdigte Hundstorfer als jemanden, der „für die Sozialpartnerschaft lebte“, ÖVP-Chef Sebastian Kurz zeigte sich ebenso „tief betoffen“ wie FPÖ-Chef Norbert Hofer sowie Vertreterinnen und Vertreter von NEOS, JETZT und den Grünen.

Bild aus 2015 zeigt den damaligen Bundeskanzler Werner Faymann und Minister Rudolf Hundstorfer
APA/Roland Schlager
Vom damaligen SPÖ-Kanzler Werner Faymann wurde Hundstorfer 2008 in die Regierung geholt

Auch vonseiten der Sozialpartner gab es zahlreiche Würdigungen. ÖGB-Chef Wolfgang Katzian sprach von einem „völlig unerwarteten“ Tod und dem Verlust eines „Freundes“. Hundstorfer sei es zu verdanken, "dass der ÖGB eine Krise bewältigt hat und verlässlicher Partner für die ArbeitnehmerInnen geblieben ist“, würdigte Katzian seinen Vorvorgänger. Wirtschaftskammer-Chef Harald Mahrer hob besonders die „hohe sachliche Kompetenz und menschliche Verlässlichkeit“ hervor, die Hundstorfer ausgezeichnet hätten.

Nach seinem unerwarteten Aufstieg zum ÖGB-Chef war Hundstorfer, der am 19. September 1951 geboren wurde, von 2008 bis 2016 Sozialminister. Nur beim letzten Karrieresprung scheiterte er: Als SPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat schied er bei der letzten Hofburg-Wahl 2016 genauso in der ersten Runde aus wie sein ÖVP-Konterpart Andreas Khol. Dieser würdigte Hundstorfer sowohl als Retter der BAWAG als auch für seine „so lebenswichtige Handschlagqualität“.

Ex-Minister Rudolf Hundstorfer verstorben

Der ehemalige SPÖ-Sozialminister und ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer ist Dienstagfrüh im Alter von 67 Jahren gestorben.

Ruhige Hand in schwieriger Zeit

Hundstorfers Aufstieg in die erste Reihe geschah ungeplant: Das BAWAG-Desaster brachte den Eigentümer ÖGB und dessen langjährigen Präsidenten Fritz Verzetnitsch schwer ins Taumeln. Hundstorfer übernahm in dieser schwierigen Phase und schaffte es, den ÖGB zu stabilisieren.

Kurz darauf folgte die Wirtschaftskrise, in der Österreichs damals noch günstige Lage auf dem Arbeitsmarkt den späteren Sozialminister zum Vorzeige-Ressortchef der roten Regierungsriege machte und ihn in weiterer Folge zum aussichtsreichen Anwärter für so ziemlich jeden wichtigeren Job im Lande aufsteigen ließ.

Bild aus 2006 zeigt den damaligen BAWAG-Generaldirektor Ewald Nowotny, der interimistische OEGB-Praesident Rudolf Hundstorfer sowie OEGB-Finanzchef Erich Foglar
APA/Roland Schlager
Der drohende Bankrott der Gewerkschaftsbank BAWAG drohte 2006 den ÖGB in den Abgrund zu reißen. Hundstorfer verhinderte das – unterstützt von der Politik sowie seinem damaligen Vize Erich Foglar und dem als Krisenmanager an die BAWAG-Spitze geholten Ewald Nowotny.

Großer Einfluss im Wiener Rathaus

Die große Karriere Hundstorfers kam freilich spät. Denn über Jahrzehnte fristete er ein unauffälliges, wenngleich sehr erfolgreiches Dasein im Wiener Rathaus. Dort, wo er als Kanzleiarbeiter begann, stieg er die Karriereleiter hinauf bis an die Spitze der Belegschaftsvertretung, wo er dafür sorgte, dass gegen seinen Willen kaum eine Reform im Magistrat durchzuführen war. Die Rathausmitarbeiter danken es ihm angesichts günstiger Regelungen etwa im Pensionsrecht bis heute.

Schon ein wenig vergessen ist, dass der vormalige ÖGB-Finanzchef Günter Weninger, dem er später an der Spitze der Gemeindebediensteten-Gewerkschaft folgte, einer seiner Mentoren war. Auch der zweite BAWAG-„Sünder“ der Gewerkschaft, Präsident Verzetnitsch, hielt auf Hundstorfer recht große Stücke und machte ihn zu seinem Nachfolger. Damals hätte er wohl noch nicht geahnt, dass ihn dieser wenig später gleich ganz aus dem ÖGB entlassen würde.

Überhaupt hatte Hundstorfer als Krisenmanager im Präsidentenamt wohl die Rolle seines bisherigen Lebens gefunden. Hundstorfer hielt dabei das schlingernde Boot, unterstützt vor allem von seinem späteren Nachfolger Erich Foglar, über Wasser, und der ÖGB fuhr wieder in ruhigere Gewässer.

Von Faymann in Regierung geholt

Spätestens jetzt hatte er den Ruf des Machers, und da war das an sich eher glanzlose Präsidentenamt im ÖGB nicht mehr genug. Als Werner Faymann rief, sagte Hundstorfer kurz entschlossen Ja und übernahm Sozial- und Arbeitsministerium. Seine Ressortführung zeichnete sich in erster Linie durch Pragmatismus aus. Hundstorfer machte das, was er in den eigenen Reihen durchbekam.

Folgerichtig haftete ihm nicht unbedingt der Ruf des Reformers an, doch zeichnete er trotzdem für eine vorübergehende Sicherung der Pflegefinanzierung und eine gar nicht so kleine Pensionsreform verantwortlich.