Türknöpfe im Eingansbereich des Casino Baden
APA/Robert Jaeger
Causa Casinos

Bericht über weitere anonyme Anzeige

In der Causa Casinos gibt es laut „Standard“ eine weitere anonyme Anzeige. Diese richtet sich gegen den Casinos-Austria-Aufsichtsratschef Walter Rothensteiner, weil der vorzeitig erfolgte Vorstandsumbau „unnötige Belastungen in Millionenhöhe“ verursacht habe, zitierte die Zeitung am Mittwoch aus der Sachverhaltsdarstellung. Rothensteiner selbst wehrt sich.

„Dahinter eine Untreuehandlung zu vermuten, ist absurd“, sagte Rothensteiner dazu. Dem Bericht zufolge bekommen die abgelösten Casinos-Vorstände Dietmar Hoscher und Alexander Labak in Summe rund 7,5 Mio. Euro, weil ihre Verträge noch bis Ende 2019 gelaufen wären. Labak soll neben den Monatsbezügen bis Jahresende eine Konkurrenzklausel abgegolten bekommen haben.

Und dem Ex-SPÖ-Abgeordneten Hoscher steht laut „Standard“ unter anderem sein bisheriges Vorstandssalär von 41.400 Euro brutto pro Monat nun als angestellter Berater in Fragen zu „European und Regulatory Affairs“ zu. Unter ÖVP und FPÖ waren im Frühjahr Hoscher und Labak als Vorstände abgelöst worden.

Casinos-Austria-Finanzvorstand Peter Sidlo
APA/Casinos Austria/Christof Wagner
Casinos-Finanzvorstand Peter Sidlo

Wie der Vorstand umgebaut wurde

Der Casinos-Aufsichtsrat bestellte im März 2019 in einer außerordentlichen Sitzung einen neuen Dreiervorstand für das Unternehmen. Vorstandsvorsitzende wurde die frühere stellvertretende ÖVP-Obfrau Bettina Glatz-Kremsner, bisher Finanzvorständin des Unternehmens. Neuer Finanzvorstand wurde der Wiener FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo. Den beiden zur Seite gestellt wurde als Kandidat des größten Casinos-Miteigners, der tschechischen Sazka-Gruppe, der frühere Erste-Banker Martin Skopek als operativer Vorstand.

Die Causa Casinos dreht sich eben um jene Vorstandsbestellung von Sidlo. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geht dem Verdacht nach, dass es dabei Absprachen zwischen FPÖ und dem Casinos-Aktionär Novomatic gab. In der Vorwoche fanden in den Ermittlungen Hausdurchsuchungen unter anderem bei Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus statt. Die Vorwürfe werden bestritten.

Rothensteiner verweist auf einstimmigen Beschluss

Rothensteiner verteidigte die frühzeitige Abberufung von Hoscher und Labak. „Aufgrund anhaltender Diskussionen“ sei der Aufsichtsrat damals zum Schluss gekommen, eine vorzeitige Neuaufstellung des Vorstandsteams sei angebracht, man habe daher einen neuen Vorstand bestellt, erklärte Rothensteiner dem „Standard“.

"Die aus Anlass der Beendigung der beiden Vorstandsmandate und -verträge geleisteten Zahlungen bewegen sich völlig im Rahmen des in solchen Fällen Üblichen, so Rothensteiner. Sie seien im Interesse des Unternehmens gelegen und hätten auf einem einstimmigen Beschluss des zuständigen Präsidialausschusses im Aufsichtsrat beruht. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Casinos Austria weisen genannte Kosten als falsch zurück

Die teilstaatlichen Casinos Austria wiesen die genannten Kosten von 7,5 Mio. Euro für den vorzeitigen Vorstandsumbau als falsch zurück, nennen aber keine tatsächliche Höhe. „Die medial kolportierten Beendigungszahlungen an die Vorstände stimmen nicht. Die konkreten Zahlen können wir aus Datenschutzgründen nicht nennen“, teilte Casinos-Sprecher Patrick Minar der APA mit.

Der Casinos-Sprecher ging darüber hinaus auf Distanz zu den Ermittlungen in der Causa Casinos. Zu den Interviews, die Sidlo gab, hielt der Sprecher fest: „Unsere Unternehmensgruppe ist nicht Gegenstand dieses Ermittlungsverfahrens. Deswegen können und wollen wir dieses laufende Verfahren nicht kommentieren. Vorstandsdirektor Peter Sidlo hat sein Recht, sich als Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren auch öffentlich zu verteidigen, für sich als Person in Anspruch genommen. Als Unternehmen haben wir zum jetzigen Zeitpunkt nichts dazu zu sagen.“

Hoscher klagt Hofer

Hoscher selbst klagt nun den designierten FPÖ-Chef Norbert Hofer. Dieser hatte am Montag im ORF-„Sommergespräch“ angedeutet, der als SPÖ-nahe geltende Hoscher habe jene anonyme Anzeige rund um die Bestellung Sidlos getätigt, die zu zahlreichen Hausdurchsuchungen unter anderem bei Novomatic geführt hat.

Konkret hatte Hofer gemeint, die Anzeige sei von einem unzufriedenen SPÖ-nahen Ex-Manager gekommen, „der offenbar enttäuscht war, dass er den Job, den er gerne weiter hätte ausführen wollen“, losgeworden war. „Dietmar Hoscher ist nach wie vor Angestellter der CASAG (Casinos Austria AG, Anm.). Der unwahre Vorwurf, er hätte ohne Rücksprache mit seinen Vorgesetzten eine anonyme Anzeige erstattet, die das Unternehmen ins Gerede bringt, ist eine klare Kreditschädigung“, erklärte der Rechtsanwalt von Hoscher, Michael Pilz, nun in einer Aussendung. Man werde Hofer auf Unterlassung, Widerruf und Veröffentlichung des Widerrufs im ORF klagen.

Hoscher betont, dass er die Anzeige bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft über mutmaßliche Malversationen anlässlich der Berufung des FPÖ-nahen Sidlo zum Vorstand der CASAG „weder verfasst noch unterstützt oder sonst wie befördert“ habe. Hoscher war bis Mai 2019 Vorstand der Casinos Austria AG, in dieser Funktion wurde sein Vertrag nicht verlängert. Seither ist er als angestellter Berater für das Unternehmen tätig.

Sidlo weist Vorwürfe zurück

Casinos-Finanzdirektor Sidlo sieht indes keinen Anlass, seinen Posten zu räumen. Den Vorwurf, dass er für diesen Job ungeeignet sei und seine Bestellung nur wegen eines politischen Deals erfolgt sei, wies Sidlo in der „Presse“ (Mittwoch-Ausgabe) zurück.

Er habe sich für den Job ganz normal beworben und sich nicht mit FPÖ-Funktionären diesbezüglich abgesprochen, so der FPÖ-Bezirksrat in Wien. Er zeigte auch Unverständnis darüber, dass ihm seine Qualifikation abgesprochen werde, wo er doch fünf Jahre CFO der Sigma und auch bei der börsennotierten Conwert tätig gewesen sei. „Ich bin der Richtige für den Job, ich bin Compliance-Experte und der einzige Jurist im Vorstand. Und ich weiß, wie die OeNB und die FMA ticken.“

Er wisse nichts von Absprachen, die im Hintergrund seiner Bestellung abgelaufen sein sollen. Die strafrechtlichen Vorwürfe hätten sich bereits in Luft aufgelöst, so Sidlo. Seinen Posten als Casinos-Finanzdirektor wolle er daher „absolut“ behalten, so der 45-Jährige, der auch keinen Grund sieht, sich von Strache und Gudenus zu distanzieren. Er sei den beiden „freundschaftlich verbunden“.

Personalberater sah keine Qualifikation

Neue Details zeigen auch, wie Sidlos Qualifikation bewertet wurde: Mehrere Zeitungen (Dienstag-Ausgaben) zitierten aus der Bewertung des Personalberaters Egon Zehnder zur Qualifikation Sidlos, die aus dessen Sicht nicht gegeben war.

Der über weite Strecken negative Bericht wurde dem gesamten Aufsichtsratsgremium des teilstaatlichen Glücksspielkonzerns nicht vorgelegt. „Aus Datenschutzgründen“, wurde dazu dem „Standard“ erklärt. Das Gremium habe Rechtsgutachten erstellen lassen. In einem sei die Ansicht vertreten worden, man müsse den Bericht offenlegen, im anderen sei man gegenteiliger Meinung gewesen.

„Wahrscheinlich keine Berücksichtigung erfahren“

Sidlo habe sich zwar durchaus „als ambitionierter, selbstbewusster und rhetorisch sehr versierter Kapitalmarkt- und Investmentexperte, der jedenfalls über weiteres Potenzial verfügt“, präsentiert, habe Personalberater Zehnder laut „Presse“ festgestellt. Allerdings hapere es an Erfahrung „in einer breiteren Führungs- und Finanzverantwortung von relevanter Größe und Komplexität“.

Sidlo würde „in den meisten Auswahlverfahren für den direkten Einstieg in eine entsprechende CFO-Position wahrscheinlich keine Berücksichtigung finden“. Zudem besagt das Glücksspielgesetz, dass für die ausgeschriebene Position „eine zumindest dreijährige leitende Tätigkeit bei einem Unternehmen vergleichbarer Größe und Geschäftsart“ jedenfalls qualifiziert. Sidlo hatte diese spezielle Erfahrung nicht.

Mölzer: Doppelmoral und Dilettantismus

Interne Parteikritik kommt derweil vom FPÖ-Granden Andreas Mölzer. In einem Gastkommentar für die „Kleine Zeitung“ wirft er am Mittwoch seiner Partei in Sachen Postenbesetzungen Doppelmoral und Dilettantismus vor. Die Freiheitlichen würden sich „bei ihrem Bestreben, den Proporz zur Hälfte auf Blau umzufärben, überaus ungeschickt anstellen“.

„Die schwarz-roten Proporzprofis, die das mit großer Selbstverständlichkeit und ohne jedes Unrechtsbewusstsein tun, gehen da wesentlich routinierter vor. Bei den Freiheitlichen versteht man es teilweise nicht einmal, die primitivsten Compliance-Regeln einzuhalten“, so Mölzer, der nach Ausbruch der „Ibiza-Affäre“ die Regierungsfähigkeit der FPÖ hinterfragte und sich selbst fragte: „Bin ich am Ende seit Jahrzehnten in der falschen Partei?“

„Mit Verständnis“ reagierte der designierte FPÖ-Chef Hofer auf die Kritik. Mölzer sei ein Urgestein und Vordenker der Partei. Sein Wort habe für ihn hohes Gewicht, sagte Hofer und kündigte „organisatorische und personelle Weichenstellungen ohne Kompromisse“ an.