Die Yacht Maiden
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30 Jahre „Maiden“

Zwölf Frauen gegen die Segelelite

Als vor 30 Jahren im Rahmen der prestigeträchtigen Whitbread-Segelregatta erstmals eine ausschließlich weibliche Crew startete, hat die männliche Konkurrenz mit Skepsis, Erheiterung und düsteren Prognosen reagiert. Doch es kam anders. Die zwölfköpfige Crew der „Maiden“ trotzte der Segelelite und ließ so manches Weltbild zerbröseln.

Der Startschuss zum fünften Whitbread Round the World Yacht Race fiel am 2. September 1989 im britischen Southampton. Erstmals am Start der renommierten Segelregatta, bei der in mehreren Monaten die Welt umrundet wird, stand eine ausschließlich weibliche Crew. Auch bei keiner anderen quer um den Globus führenden Regatta war jemals ein Frauenteam angetreten. Treibende Kraft und Skipperin war die damals 26-jährige Britin Tracy Edwards. Es war der Auftakt zum finalen Kapitel einer großen Geschichte.

Edwards, die als junge Frau per Zufall als Hilfskraft zum Segelsport gekommen war, hatte bereits vier Jahre zuvor als Bootsköchin an der Regatta teilgenommen und wollte es in der Folge als Skipperin wissen. Sie ging nicht nur ein nautisches Risiko ein: Um die Teilnahme zu finanzieren, verpfändete Edwards ihr Haus und erwarb eine in die Jahre gekommene Segeljacht, die sie mit ihrer Crew wieder hochseetauglich machte. Sponsoren waren kaum zu finden. In der Annahme, eine rein weibliche Besatzung sei der Regatta ohnehin nicht gewachsen, rechneten potenzielle Geldgeber mit einer negativen Berichterstattung.

Tracy Edwards
Reuters/Paul Hackett
Edwards – von der Bootsköchin zur gefeierten Kapitänin

Knapp am Unglück vorbei

Und tatsächlich: Bei der Überstellung nach Großbritannien wäre die Jacht im Fluss Hamble beinahe gesunken. Die Fachpresse prognostizierte ein sicheres Scheitern auf hoher See. Die männliche Konkurrenz war angesichts der verrückt anmutenden Idee in erster Linie höchst amüsiert. Was wenig verwunderlich war. Der Segelsport bedeutete insbesondere in Großbritannien eine konservativ-elitäre Angelegenheit und ein denkbar schlechtes Umfeld für weibliche Selbstermächtigung. Doch es kam anders.

Die zwölfköpfige Crew der „Maiden“ sorgte in den kommenden acht Monaten für Furore. Sie trotzte dem männlichen Teilnehmerfeld, holte zwei Etappensiege und belegte nach dem Zieleinlauf Anfang Mai 1990 in ihrer Klasse den zweiten Platz und im Gesamtergebnis Rang 18. Dabei war im Vorfeld noch die Rede davon gewesen, dass die Crew allein aufgrund körperlicher Defizite der Regatta nicht gewachsen sei. Tragischerweise ereilte ausgerechnet die Jacht einer männlichen Crew jenes Schicksal, das im Vorfeld der Besatzung der „Maiden“ prophezeit worden war. Zwei Besatzungsmitglieder waren während eines Sturms von Deck gespült worden. Ein Segler überlebte das Unglück nicht.

Medienwirksame Inszenierung

Umso mehr wurde die „Maiden“ zum perfekten Stoff für die Medien, was nicht zuletzt auch daran lag, dass sich Edwards und ihre Crew entsprechend zu inszenieren wussten. Während des Zieleinlaufs in Southampton trug die gesamte Besatzung Badeanzüge und lieferte der Presse symbolträchtige Bilder und ließ die männliche Segelelite alt ausschauen.

Tracy Edwards auf der restaurierten Yacht Maiden 2018
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Edwards im Vorjahr auf der frisch restaurierten „Maiden“

Die Geschichte der „Maiden“ fasziniert nach wie vor. Anlässlich des 30-Jahre-Jubiläums der Regatta wurde Edwards’ Segelabenteuer vom britischen Regisseur Alex Holmes in Form des Dokumentarfilms „Maiden“ aufgegriffen, der im Jahr 2018 im Rahmen des US-amerikanischen Sundance-Filmfestivals Premiere feierte.

Durchwachsene Jahre

Doch obwohl Edwards mit der „Maiden“ Segelgeschichte geschrieben hatte, folgten für die Skipperin selbst durchwachsene Jahre. In sportlicher, aber auch in finanzieller Hinsicht scheiterten mehrere Projekte, was letztlich auch einen Privatkonkurs zur Folge hatte. Edwards arbeitete als Coach und Motivationstrainerin, 2014 besann sie sich auf ihre glorreiche Vergangenheit.

Sie machte die „Maiden“, die nach der Regatta im Jahr 1990 verkauft worden war, ausfindig und kaufte die desolate Jacht mit dem Ziel, in Form einer mehrjährigen Weltumseglung für Frauenförderungsprojekte in Entwicklungsländern zu werben. Edwards erneuter Trip mit der „Maiden“ ist gerade am Laufen und dauert noch bis ins Jahr 2020. Im Augenblick segelt die Jacht entlang der amerikanischen Westküste.