Johnson bei Merkel mit leisem Brexit-Optimismus

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hält eine Lösung des Irland-Problems bis zum geplanten EU-Austritt Großbritanniens Ende Oktober für möglich. Der Backstop sei nur als Übergangsregel für die nicht endgültig gelöste Irland-Frage gedacht gewesen, sagte Merkel gestern in Berlin bei einem Treffen mit Großbritanniens Premierminister Boris Johnson. Beide signalisierten Optimismus, allerdings ohne konkrete Fortschritte zu erzielen.

Man sei bisher davon ausgegangen, eine endgültige Lösung in den nächsten zwei Jahren zu finden. „Aber man kann sie vielleicht ja auch in den nächsten 30 Tagen finden. Warum nicht? Dann sind wir ein ganzes Stück weiter“, sagte Merkel.

Merkel fordert konkrete Vorschläge

Merkel forderte aber konkrete Vorschläge dafür, wie das Grenzproblem zwischen Irland und dem zu Großbritannien gehörenden Nordirland beim bevorstehenden Brexit gelöst werden kann. „Großbritannien sollte uns auch sagen, welche Vorstellungen es hat“, sagte Merkel. Es sei „nicht die Kernaufgabe einer deutschen Bundeskanzlerin“, die Verhältnisse zwischen Irland und Nordirland zu kennen sowie die damit verbundenen Empfindlichkeiten, „deshalb hören wir als Erstes auf die Vorschläge Großbritanniens“, sagte die Kanzlerin.

Johnson: „Wir schaffen das“

Johnson betonte erneut: „Der Backstop weist große, große Mängel auf für ein souveränes, demokratisches Land wie das Vereinigte Königreich. Er muss einfach gestrichen werden.“ Johnson betonte, dass auch Großbritannien einen „verhandelten Austritt“ aus der EU und keinen ungeregelten Brexit wolle. „Wir schaffen das“, fügte er auf Deutsch in Anspielung auf einen Satz Merkels in der Flüchtlingskrise hinzu.

Johnson bei Merkel

Johnson hat sich heute Abend in Berlin mit Deutschlands Kanzlerin Merkel zu Gesprächen getroffen.

Der Backstop sieht vor, dass Großbritannien so lange Teil einer Zollunion mit der EU bleiben soll, bis eine andere Lösung gefunden ist, die Kontrollen überflüssig macht. Für Nordirland sollen zudem teilweise Regeln des Europäischen Binnenmarkts gelten. Die Brexit-Hardliner in Johnsons Tory-Partei fürchten, dass Großbritannien durch den Backstop dauerhaft eng an die EU gebunden bleiben könnte. Eine eigenständige Handelspolitik wäre so unmöglich.

Scharfe Worte Macrons vor Besuch

Schon heute ist Johnson in Paris beim französische Präsident Emmanuel Macron zu Gast. Der erteilte dessen Brexit-Plänen schon im Vorfeld eine klare Absage. Die Forderungen Johnsons nach einer Neuverhandlung des Brexit-Vertrags und insbesondere der Verzicht auf die Vereinbarungen zur Gestaltung der Grenzkontrollen zwischen Irland und dem britischen Nordirland seien inpraktikabel, sagte Macron vor Journalisten. Sollte es zu einem ungeregelten Ausscheiden Großbritanniens aus der EU kommen, sei das auf die Regierung in London zurückzuführen und nicht auf die Europäische Union.