Ariana Grande
APA/AFP/Getty Images/Kevin Winter
Appelle an Bolsonaro

Amazonas-Brände rufen Stars auf den Plan

„Herzzerreißend“, „Furchtbar“, „Was können wir tun?“ – die Tausenden, seit Wochen wütenden Brände im Amazonas-Regenwald im Norden Brasiliens haben eine weltweite Welle der Bestürzung ausgelöst, auch bei den Stars. Neben Kritik an den Medien riefen einige den rechtsgerichteten Präsidenten Jair Bolsonaro zum Handeln auf. Dieser verbat sich unterdessen Ratschläge aus dem Ausland.

Von Schauspieler Leonardo DiCaprio über Sängerin Ariana Grande und Schauspielerin Zoe Kravitz bis hin zu Supermodel Gigi Hadid – sie alle versuchten in den vergangenen Stunden, die Aufmerksamkeit auf die Brände zu lenken. Mit Bildern von riesigen Rauchschwaden und verkohlten Bäumen auf Instagram sowie Twitter-Postings unter dem Hashtag „PrayForAmazonia“ machten sie ihrer Trauer und ihrem Unmut im Netz Luft.

„Das ist herzzerreißend und erschreckend. Ich bin so frustriert, ich möchte weinen“, schrieb die Sängerin Camila Cabello. „Wir zerstören unser wunderbares Zuhause, es tut mir so leid, Erde“, so Cabello via Instagram. „Der Amazonas-Regenwald steht in Flammen, das ist furchtbar“, schrieb Musiker und Schauspieler Jaden Smith unter ein Bild. „Es ist wirklich verrückt, die fehlende Berichterstattung, Sorge und der Respekt vor unserer Mutter“, hielt Kravitz via Instagram fest.

Stars ziehen Notre-Dame-Parallelen

Zahlreiche User und Stars sehen dabei auch immer wieder Parallelen zum Brand der Pariser Kathedrale Notre-Dame vor wenigen Monaten – damals wurden Spenden von rund einer Milliarde Euro angekündigt. Postings wie „Als die Notre-Dame brannte, berichteten Medien weltweit im Sekundentakt. Im Moment brennt der Amazonas, die Lunge unseres Planeten. (…) Keine Berichterstattung, keine Milliardäre.“ werden tausendfach geteilt.

Expertin Ursula Prutsch zu den Bränden

Die Brände in der Amazonas-Region sorgen auf der ganzen Erde für Besorgnis. Ursula Prutsch vom Amerika-Institut an der Universität München kommentiert das politische Umfeld in Brasilien.

Doch auch Kritik an der Umweltpolitik Bolsonaros, der den menschengemachten Klimawandel anzweifelt, reißt nicht ab. „Präsident Bolsonaros fehlendes Handeln bedeutet, dass die Welt einschreiten muss“, so der australische Sänger Cody Simpson. Supermodel Hadid forderte ihre neun Millionen Abonnenten auf Twitter überdies dazu auf, eine Petition zu unterschreiben und den brasilianischen Präsidenten dadurch zum Handeln zu bringen.

Schwerste Waldbrände seit Jahren

Die aktuell wütenden Brände in Brasilien sind die schwersten Waldbrände seit Jahren. Seit Jänner nahmen die Feuer und Brandrodungen im größten Land Südamerikas im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 83 Prozent zu, wie die Zeitung „Folha de S. Paulo“ berichtete. Insgesamt wurden demnach 72.843 Brände registriert.

In den meisten Fällen waren Flächen in Privatbesitz betroffen, aber auch in Naturschutzgebieten und indigenen Ländereien brechen immer wieder Feuer aus. Wenngleich Brände während der Trockenzeit in Brasilien nichts Ungewöhnliches sind, kann die heuer verzeichnete hohe Anzahl laut dem brasilianischen Institut für Weltraumforschung (INPE) nicht auf natürliche Ursachen zurückgeführt werden.

So nahm etwa die Abholzung in Brasilien deutlich zu, wie INPE-Zahlen zeigen. Im Juli war die Fläche des zerstörten Waldes demnach fast viermal höher als im gleichen Monat des Vorjahres. Umweltschützer sehen in den Rodungen den Grund für die Zunahme der Waldbrände in der Amazonas-Region. Im Bundesstaat Para sollen zudem Bauern Medienberichten zufolge zuletzt in einer koordinierten Aktion große Flächen in Brand gesteckt haben, um Platz für neue Weideflächen zu schaffen. Am Donnerstag teilte die Staatsanwaltschaft mit, deswegen Ermittlungen einleiten zu wollen.

Bolsonaro: „Krieg, in dem wir uns befinden“

Angesichts der besorgten Reaktionen verbat sich Brasiliens Staatsführung unterdessen Ratschläge aus dem Ausland. „Die brasilianische Regierung ist weiterhin offen für einen Dialog, der auf objektiven Daten und gegenseitigem Respekt beruht“, schrieb Präsident Bolsonaro am Donnerstag auf Twitter. „Der Vorschlag des französischen Präsidenten, die Probleme des Amazonas auf dem G-7-Gipfel zu diskutieren, ohne die Länder der Region zu beteiligen, lässt aber auf eine kolonialistische Denkweise schließen“, so Bolsonaro.

Waldbrände im Amazonas-Gebiet

In Brasilien sind heuer bereits mehr als 72.000 Waldbrände registriert worden – so viele wie noch nie zuvor. Besonders prekär ist die Lage derzeit im Amazonas-Regenwald im Norden des Landes. (Videoquelle: APTN)

Zuvor hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron angekündigt, das Thema auf die Agenda des Gipfels der führenden Industrienationen in Biarritz zu setzen. „Unser Haus brennt. Wortwörtlich“, schrieb Macron am Donnerstagabend auf Twitter zu einem Foto des brennenden Regenwalds. Die Brände bedeuteten eine internationale Krise, so Macron. Er rief die Regierungschefs der G-7-Länder auf, „diesen Notfall“ als ersten Punkt beim Gipfeltreffen ab Samstag zu besprechen.

Clinch mit Umweltschützern

Auch mit Umweltschützern lag Bolsonaro im Clinch, nachdem er diese hinter der jüngsten Brandserie vermutete. Beweise für seine Behauptungen legte er nicht vor. Umweltschutzverbände wiesen die Vorwürfe zurück. „Diese Behauptung des Präsidenten ist unverantwortlich“, sagte der Präsident des Instituts für Umweltschutz (Proam), Carlos Bocuhy, dem Nachrichtenportal G1. „Es hat keinen Sinn, zu behaupten, wir hätten das Feuer gelegt. Das ist absurd.“

Eine Grafik zeigt die betroffenen Brandregionen in Brasilien
Grafik: ORF.at

Internationale Kritik an Bolsonaro

Bei seinem Amtsantritt im Jänner hatte der brasilianische Präsident versprochen, ungeachtet der Kritik von Umweltschutzorganisationen die Landwirtschaft und den Rohstoffabbau in der Amazonas-Region zu forcieren. Mit der INPE liegt er seit Monaten im Clinch. Die Zahlen der Behörde zur Abholzung bezeichnete er als erfunden. Vor wenigen Wochen enthob Bolsonaro INPE-Chef Ricardo Galvao seines Amtes.

Satellitenbild der Brände im Amazonas
NOAA
Der von den Feuern verursachte Rauch ist derzeit deutlich auf Satellitenbildern zu erkennen

Die fortschreitende Abholzung des Regenwaldes hat zudem zu einem Konflikt zwischen Bolsonaro und den Regierungen Deutschlands und Norwegens geführt. Die beiden Länder hatten angekündigt, wegen der Rodungen die Förderung von Projekten zum Schutz von Wäldern und Artenvielfalt in Brasilien zu stoppen.

Nach der weltweiten Empörung über die Brände in der Amazonasregion betonten auch die Vereinten Nationen die Bedeutung intakter Wälder. „Der Erhalt des Waldes ist für unseren Kampf gegen den Klimawandel von entscheidender Bedeutung“, sagte der Sprecher von UNO-Generalsekretär Antonio Guterres, Stephane Dujarric. Die Vereinten Nationen seien besorgt über die Lage in dem Gebiet und die bereits verursachten Schäden.

Widerstand in betroffenen Regionen

Kritik an Bolsonaros Linie kommt aber nicht nur aus dem Ausland. Die Regierungen der neun von den Rodungen betroffenen Bundesstaaten nannten in der Nacht auf Montag (Ortszeit) die Haltung der Zentralregierung „bedauerlich“, durch die Norwegen und Deutschland dazu gebracht worden waren, Millionen für den Amazonas einzufrieren.

Der Entwicklungsfonds der neun brasilianischen Bundesstaaten solle künftig „direkt“ mit den Geberländern des Amazonas-Fonds verhandeln, hieß es. Anstelle der Staatsbank BNDES solle die regionale Amazonas-Bank das Geld verwalten. Die Gouverneure der betroffenen Bundesstaaten lehnten in ihrer gemeinsamen Erklärung „jede illegale wirtschaftliche Betätigung“ in der Region ab.