US-Präsident Donald Trump in Biarritz
Reuters/Ludovic Marin
Biarritz

G-7-Gipfel startet mit Drohungen

Der G-7-Gipfel im französischen Badeort Biarritz hat Samstagnachmittag begonnen: Die Demo davor war offenbar friedlicher als die Stimmung zwischen den Regierenden der wichtigsten Industrieländer der Welt. Schon vor Beginn gab es zwischen den USA und der EU Drohungen.

Schon kurz vor seiner Abreise nach Biarritz kündigte US-Präsident Donald Trump Strafzölle auf französischen Wein und andere Vergeltungsmaßnahmen an, falls die Regierung in Paris bei ihren Plänen für eine Digitalsteuer bleiben sollte. EU-Ratspräsident Donald Tusk drohte daraufhin mit einer Reaktion: „Wenn die Vereinigten Staaten gegen Frankreich Zölle verhängen, wird die Europäische Union antworten“, sagte er kurz vor Beginn des Gipfels in dem französischen Badeort am Atlantik.

Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron versuchte allerdings zu deeskalieren. Spannungen beim Handel seien „schlecht für alle“, sagte er in einer Fernsehansprache. Der Gipfel sieben führender Wirtschaftsmächte und der EU sollte am Abend mit einem gemeinsamen Essen beginnen. Beim G-7-Gipfel nehmen außer Macron und Trump noch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sowie die Regierungschefs aus Großbritannien, Italien sowie Kanada und Japan teil. Zudem vertritt Tusk die EU.

Bilaterales Treffen vor Gipfel

Bereits am frühen Nachmittag kam Trump gleich nach seiner Ankunft überraschend mit Macron zusammen. Dabei gab er sich versöhnlich – ganz im Gegensatz zu seinem Abflugstatement. „Wir haben eigentlich viel gemeinsam“, sagte Trump auf der Terrasse des Hotel du Palais am Strand von Biarritz. Auch wenn es gelegentlich Differenzen gebe, verbinde ihn ein „besonderes Verhältnis“ mit Macron.

Mit dem US-Präsidenten gebe es „punktuelle Übereinstimmung“ in zentralen Fragen, teilte die französische G7-Präsidentschaft ihrerseits mit. Dazu gehörten neben dem Handel auch das iranische Atomprogramm und die schweren Waldbrände im Amazonasgebiet.

Frankreich plant eine Steuer für globale Internetunternehmen, die auf große und international tätige Firmen wie Google, Amazon, Facebook und Apple abzielt. Weil viele der betroffenen Unternehmen ihren Sitz in den USA haben, ist Trump gegen die Steuer.

Nächste Eskalation mit China

Bereits am Freitag hatte der US-Präsident im Handelskonflikt mit China die nächste Eskalationsstufe eingeläutet und angekündigt, dass die USA sämtliche Strafzölle auf Importe aus China um jeweils fünf Prozentpunkte anheben werden. China reagierte seinerseits mit Konsequenzen. Der Handelskrieg der beiden größten Volkswirtschaften dürfte beim G-7-Gipfel ebenfalls zur Sprache kommen.

Hotel du Palais in Biarritz, Frankreich
Reuters/Christian Hartmann
Der zentrale Strand Grande Plage wurde zuletzt auch auf Minen untersucht

Gemeinsamer Appell zu Amazonas-Waldbränden?

Wahrscheinlich gleich zu Beginn des Gipfels wird sich die G-7 mit den verheerenden Waldbränden in Südamerika beschäftigen. Macron hatte das Thema kurzfristig auf die Tagesordnung gesetzt. Merkel erwartet in Biarritz ein klares Signal für einen Stopp der Brände im Amazonas-Gebiet. Macron habe recht, wenn er sagt: „Unser Haus brennt.“ Ob es zu einem gemeinsamen Appell in Richtung Brasilien kommt, bleibt aber abzuwarten. Trump fährt im eigenen Land zahlreiche Umweltschutzbestimmungen zurück und dürfte mehr auf Linie von Brasiliens rechtspopulistischem Staatspräsidenten Jair Bolsonaro sein.

In Brasilien wüten derzeit die schwersten Waldbrände seit Jahren. In diesem Jahr nahmen die Feuer und Brandrodungen im größten Land Südamerikas Medienberichten zufolge um 83 Prozent zu. Insgesamt sollen mehr als 70.000 Brände registriert worden sein.

Bolsonaro wertet Macrons Initiative als Einmischung in innere Angelegenheiten. „Die brasilianische Regierung ist weiterhin offen für einen Dialog, der auf objektiven Daten und gegenseitigem Respekt beruht“, schrieb er auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Tusk warnt vor Scheitern von Mercosur

Tusk befürchtet für den Fall von weiteren schweren Bränden im Amazonas-Regenwald ein Scheitern des Freihandelsabkommens mit dem lateinamerikanischen Staatenbund Mercosur. Wenn die brasilianische Regierung die Zerstörung der „grünen Lunge“ des Planeten zulasse, sei es schwer vorstellbar, dass der für das Abkommen notwendige Ratifizierungsprozess harmonisch verlaufe, sagte Tusk.

Er spielte damit darauf an, dass unter anderem Frankreich bereits ein Veto gegen den Deal zum Aufbau der weltweit größten Freihandelszone angedroht hat. Bisher gibt es lediglich eine informelle Grundsatzeinigung über den Abschluss des Abkommens.

Heiße Kartoffel Brexit und „Backstop“

Der britische Premierminister Boris Johnson dagegen hat seine Premiere auf dem G-7-Gipfel – und wird wegen des Brexits auch gleich im Mittelpunkt stehen. Johnson beteuerte einmal mehr, nicht an einem Brexit ohne Abkommen interessiert zu sein. Johnson will in Biarritz unter anderen auch Tusk treffen, um mit ihm über den Brexit zu sprechen.

Tusk sagte in Biarritz: „Ich hoffe immer noch, dass Premierminister Johnson nicht als Mr. No Deal in die Geschichte eingehen will.“ Johnson sagte dazu, ein Scheitern beim Erreichen eines Brexit-Abkommens würde auch schlechtes Licht auf Tusk werfen. Wenn Tusk nicht selbst als „Mr. No Deal“ in Erinnerung bleiben wolle, dann werde er den Punkt „Backstop“ hoffentlich berücksichtigen. Als „Backstop“ wird die Garantieklausel für eine offene Grenze zwischen Irland und Nordirland nach dem Brexit bezeichnet.

Friedlicher Protest

Am Rande des Gipfels demonstrierten am Samstag Tausende Menschen in Hendaye, rund 30 Kilometer von Biarritz entfernt an der Grenze zu Spanien. Veranstalter sprachen von 15.000, die Polizei von 9.000 Menschen. Der Protest verlief friedlich. Unter den Demonstranten waren auch einige Vertreter der Protestbewegung „Gelbwesten“ gewesen. Diese hatten insbesondere zu Jahresbeginn gegen die Reformpolitik von Macron protestiert, dabei war es auch zu Krawallen gekommen.