G7-Gipfel
AP/Sean Kilpatrick
Sarif in Biarritz

Macrons diplomatischer Coup bei G-7-Treffen

Das G-7-Treffen der führenden Industrienationen im französischen Biarritz ist von Differenzen insbesondere mit US-Präsident Donald Trump überschattet. Am Sonntag stellte Gastgeber Frankreich die Gipfelteilnehmer noch mehr auf die Probe. Als Überraschungsgast wurde der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif nach Biarritz geflogen – auf Einladung von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.

Die Gespräche mit Sarif dauerten laut der französischen Zeitung „Le Figaro“ rund drei Stunden. Zunächst sprach Sarif im Rathaus von Biarritz mit seinem französischen Amtskollegen Jean-Yves Le Drian, danach noch etwa eine halbe Stunde mit Macron selbst. Diplomatische Berater aus Deutschland und Großbritannien seien anwesend gewesen. Bei dem Gespräch ging es offenbar darum, wie dem Iran die Last der Sanktionen erleichtert werden kann.

Die Gespräche über das iranische Atomabkommen sind laut Kreisen aus dem Elysee-Palast „positiv“ verlaufen und würden fortgesetzt. Sarif verließ Biarritz sofort nach den Gesprächen. Auf Twitter gab aber auch er sich kooperativ: „Der Weg vor uns ist schwierig. Aber es zahlt sich aus, es auszuprobieren.“ Er setze nun die iranische „aktive Diplomatie“ fort.

„Alles kurzfristig organisiert“

Der Zeitplan des Gipfels wurde durch Sarif am Sonntag ziemlich durcheinandergewirbelt. Die G-7-Partner seien, sobald es möglich gewesen sei, über den Überraschungsbesuch informiert worden, hieß es aus dem Elysee: „Es wurde alles sehr kurzfristig organisiert.“ Sarif hatte Macron bereits am Freitag in Paris getroffen. Er betonte aber, dass Sarif nicht als Gast beim eigentlichen G-7-Gipfel geladen sei.

Trump wurde laut eigenen Angaben von Macron vorab informiert. Trump sagte am Montag beim G-7-Gipfel, Macron habe ihn vorher gefragt und seine Zustimmung zu der Einladung gehabt. Auf die Frage, ob er die Einladung als respektlos empfunden habe, sagte Trump: „Nein, nein, nein.“ Die USA sehen den Iran als Feind. Trump hatte den iranischen Außenminister Ende Juli auf die US-Sanktionsliste setzen lassen.

Selbst die deutsche Kanzlerin Angela Merkel wurde nur kurz zuvor informiert und wurde ebenfalls überrascht. Der Besuch sei „ein Parallelereignis am gleichen Ort, aber keine G-7-Bewegung“. Sie begrüßte den Besuch – jeder Versuch einer Deeskalation in dem Atomkonflikt mit dem Iran sei wertvoll. Am Montag sprach Merkel von großen Fortschritten bei dem Versuch, eine Eskalation des Iran-Konflikts zu vermeiden. Auch die USA begrüßten jetzt die Gespräche der Europäer mit dem Iran.

„Kein Kommentar“ von Trump

Macron wollte damit Bewegung in den gefährlichen Iran-Konflikt bringen. Die Einladung Sarifs nach Biarritz war allerdings ein heikler Schritt, pflegen doch die USA keine diplomatischen Beziehungen zum Iran. Erst Ende Juli belegte die US-Regierung Sarif mit Sanktionen. Die Iran-Krise zählt neben dem Handelskrieg der USA mit China und den Folgen für die Weltwirtschaft, dem Umgang mit Russland, dem Brexit, Afrika und der Gleichstellung von Frauen zu den Hauptthemen beim Treffen der G-7.

G-7 mit Brexit, Klima und Welthandel

Auch der iranische Chefdiplomat Sarif ist ins südfranzösische Biarritz gekommen. Der Atomkonflikt mit seinem Land ist eines der Hauptthemen bei den dort laufenden Gesprächen der G-7-Staaten.

Macron betonte, dass die Iran-Initiative „in Übereinstimmung“ mit US-Präsident Donald Trump gewesen sei. Damit widersprach der französische Präsident Angaben von US-Seite, dass die Initiative nicht mit Trump abgestimmt gewesen sei. Trump nahm zunächst selbst nicht persönlich Stellung zu der unerwarteten Einladung Sarifs. Auf die Frage, was er zum Besuch Sarifs in Biarritz sage, antwortete er nur: „Kein Kommentar.“ Nur sein Finanzminister Steven Mnuchin meinte, dass Trump sich in der Vergangenheit zu Gesprächen mit dem Iran bereiterklärt habe – „falls der Iran sich hinsetzen und verhandeln“ wolle.

Trump wurde nicht überzeugt

Nach Angaben von Diplomaten schlug Macron Trump einen Kompromiss vor. Der Iran solle zusagen, seine Urananreicherung nicht wieder zu beginnen. Im Gegenzug sollten die USA dem Iran für einen bestimmten Zeitraum die partielle Wiederaufnahme von Ölexporten erlauben. Nach Angabe von europäischen Diplomaten dürfte Trump von diesem Vorschlag aber nicht überzeugt worden sein. Auch ein separates Gespräch mit Macron dürfte bei Trump keinen Durchbruch gebracht haben.

Andreas Pfeifer (ORF) über das Treffen in Biarritz

Andreas Pfeifer ist außenpolitischer Ressortleiter im aktuellen Dienst des ORF. Er analysiert in Biarritz das Treffen der sieben führenden Industrienationen.

Am Montag lobte Trump aber selbst sogar den Fortschritt beim Iran: „Wir haben große Einigkeit gehabt, selbst beim Iran. Wir haben einen sehr erfolgreichen G-7.“ Aber es sei zu früh für ein Treffen mit Sarif. Er wolle einen starken Iran und strebe keinen Machtwechsel in Teheran an. Es sei aber nicht akzeptabel, unter welchen Bedingungen die Iraner und Iranerinnen leben müssten.

Ölexport für Reden über Abkommen

Der Besuch Sarifs erfolgte vor dem Hintergrund wachsender internationaler Spannungen mit dem Iran. Die Europäer versuchen, das Atomabkommen mit dem Iran nach dem einseitigen Rückzug der USA zu retten. Nach dem Ausstieg aus dem Atomabkommen mit dem Iran setzt Trump nun wieder auf eine Politik des „maximalen Drucks“ gegen Teheran. Die Wiedereinführung von Sanktionen hat bisher aber nur die Spannungen in der Region weiter angeheizt.

Einfach wird eine Lösung des Konflikts nicht. Am Sonntag, dem Tag des Besuchs von Sarif in Biarritz, ließ ein ranghoher iranischer Regierungsvertreter ausrichten, dass der Iran vom Westen die Erlaubnis zum Export einer Mindestmenge an Öl fordert – im Gegenzug für seine Bereitschaft, über eine Rettung des Atomabkommens zu reden: „Wir wollen 700.000 Fas pro Tag ausführen und dafür in bar bezahlt werden.“ Später soll sich diese Menge erhöhen. Das sei eine Geste des guten Willens und zur Schaffung von Raum für Verhandlungen als Antwort auf den Vorschlag von Frankreich.

Ein iranischer Diplomat sagte aber auch, dass sein Land jedwede Verhandlungen über das Recht zur Uran-Anreicherung ausschließe genauso wie für das Programm für ballistische Raketen. Diesbezüglich fordern nicht nur die USA sondern auch die Europäer Zugeständnisse.