Justizminister Jabloner
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Justiz

Jabloner verteidigt Strache-Razzia

Justizminister Clemens Jabloner hat im Ö1-Interview Kritik vor allem der FPÖ an den Razzien bei Ex-Parteichef und Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache klar zurückgewiesen. Für seine Nachfolgerin oder seinen Nachfolger will Jabloner eine Handreichung vorbereiten, um gleich bei den Regierungsverhandlungen nötige Reformen durchbringen zu können. Und Jabloner ist gegen ein Identitären-Verbot.

Jabloner, der erst am Wochenende beim Forum Alpbach deutliche Kritik an Ex-FPÖ-Innenminister Herbert Kickl übte, stellte sich am Montag schützend vor die Justiz. Die FPÖ kritisierte mehrmals, dass die Hausdurchsuchungen bei Strache und Ex-Klubchef Johann Gudenus in der Causa Casinos lediglich aufgrund einer anonymen Anzeige angeordnet wurden, und unterstellte, den Behörden sei es nur darum gegangen, an das Handy von Strache zu gelangen. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt, ob der Berufung von FPÖ-Mann Peter Sidlo in den Casinos-Vorstand ein politischer Deal voranging.

Ob die Hausdurchsuchungen rechtmäßig waren, werde sich herausstellen, wenn das Oberlandesgericht darüber entscheide. Jabloner bezog sich damit auf die Ankündigung Straches, beim OLG Beschwerde einzulegen. Laut „Presse" und Kurier“ hat Strache dies mittlerweile auch getan.

Jabloner betonte jedoch: „Dass die Staatsanwaltschaft auf rechtlicher Basis vorgegangen ist, ergibt sich schon daraus, dass es eine richterliche Genehmigung gegeben hat“. Es gehe auch nicht darum, richterliche Entscheidungen „frei von Kritik zu stellen“. Aber diese Kritik dürfe nicht ad personam geführt werden, „und man darf nicht hinter jedem Rechtsakt eine politische Absicht vermuten, dagegen stelle ich mich“, so der frühere Verwaltungsgerichtshof-Präsident.

„Ganz übler Missstand“

Auf die Frage, warum die Ermittlungen in der Causa Casinos nur in Richtung FPÖ und nicht auch in jene der ÖVP gehen – sagte Jabloner, das könne er nicht beantworten. Das sei die Verfahrenstaktik und Vorgangsweise der Staatsanwaltschaft, und die werde „ihre Gründe“ dafür haben. Auf die Nachfrage, ob die Behörde sich vielleicht nicht traue, den früheren und möglichen künftigen ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz „anzupatzen“, antwortete Jabloner lediglich, das sei eine geschickte Frage, aber dazu werde er sich nicht äußern.

Jabloner warnte zugleich davor, ganzen Behörden eine parteipolitische Punze aufzudrücken. Das sei ein „ganz übler Missstand“. „Wenn es wirklich so wäre, dass wir nur noch eine rote, schwarze oder blaue Polizei hätten, dann wären wir rechtsstaatlich am Ende.“

Handreichung für Nachfolger

Eine bessere personelle und finanzielle Ausstattung der Justiz hält Jabloner, der einmal vor einem „stillen Tod der Justiz“ warnte, für nötig. Die jüngsten Forderungen von Richtern und Rechtsanwälten gingen grundsätzlich in die richtige Richtung. In der Übergangsregierung wird es aber offenbar nicht mehr Geld für die Justiz geben. Jabloner kündigte aber einen „Wahrnehmungsbericht“ an.

Darin werde er festhalten, was ihm in seinem Ressortbereich aufgefallen sei. Damit wolle er seine Nachfolgerin oder seinen Nachfolger für die Budgetverhandlungen „möglichst stärken“. Und Jabloner hofft darauf, dass sein Nachfolger schon beim Einstieg in die Regierung sagen könne, welche Probleme es gebe und dann sage, „ihr kriegts mich nur, wenn ich die Zusicherung habe, dass hier Reformen gesetzt werden“.

Bei Identitären-Verbot skeptisch

Ein Verbot der rechtsextremen Identitären via Änderung des Vereinsrechts, wie sie die ÖVP zu einer Bedingung für eine Neuauflage der Koalition mit der FPÖ macht, sieht Jabloner skeptisch. Hier sei der Raum, das menschenrechtskonform zu machen, „schmal, sehr schmal“. Und Jabloner machte klar, dass er persönlich gegen Grundrechtseingriffe sei, „auch wenn einem die Betroffenen zutiefst unsympathisch sind, wie die Identitären“.

Offene Kritik an Kickl

Zum Auftakt der Rechtsgespräche des Forums Alpbach hatte Jabloner für die Verhältnisse der Übergangsregierung sehr deutliche Kritik an der Politik des früheren Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) geübt. Indirekt warf er dem aktuell geschäftsführenden FPÖ-Klubobmann eine Gefährdung der Grundrechte vor.

Näher sah sich Jabloner Kickls Aussage an, wonach das Recht der Politik zu folgen habe. Das sei (formal) so weit richtig wie trivial. Der ehemalige Minister sei zwar philosophisch gebildet, „wollte aber wohl keinen akademischen Beitrag leisten“. Die Frage sei, was Kickl damit pragmatisch ausdrücken habe wollen.

TV-Hinweise

Am Dienstag zeigt ORF1 um 20.15 Uhr die Dokumentation „Ibiza – Dem Skandal auf der Spur“. Aus der Distanz von knapp drei Monaten werden die Ereignisse und ihre Konsequenzen noch einmal aufgerollt. Daran anschließend um 21.10 Uhr wirft ORF1 mit der Doku „Auf Wahlfang. So kämpft die Politik um unsere Stimmen“ einen ersten Blick auf den laufenden Wahlkampf – mehr dazu in tv.ORF.at.

Sieht ernste Gefahr für Grundrechte

Jabloner verwies dann konkret auf die Menschenrechtskonvention, die vom früheren Innenminister angesprochen worden sei. Die FPÖ habe auch in ihrem Programm für die vergangene Nationalratswahl als Ersatz für die EMRK eine Österreichische Menschenrechtskonvention vorgeschlagen.

Dabei sei die Europäische Menschenrechtskonvention seit 1964 im Verfassungsrang und sei lange Zeit unumstritten gewesen. Dies habe sich nun eben geändert: „Der Siegeszug der Grundrechte ist ungeachtet ihrer steten Vermehrung und Verfeinerung ernstlich bedroht.“ Dagegen sollte man sich stellen und es ansprechen, betonte Jabloner.

Keine Weisung im Fall Grasser

Zuletzt war auch das Verfahren gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) Thema. Der Präsident des Rechtsanwaltskammertags, Rupert Wolff, hatte eine Einstellung wegen der langen Verfahrensdauer gefordert. Gegenüber der „Presse“ (Dienstag-Ausgabe) machte Jabloner klar, dass er keine diesbezügliche Weisung erlassen werde.

Eine Weisung an die Staatsanwaltschaft, die Anklage zurückzuziehen, könne er nur auf rechtsstaatlichem Boden erteilen, so der Justizminister. „Die rechtliche Grundlage dafür kann ich nicht sehen.“ Die Weisung wäre auch wegen der Beispielswirkung „unmöglich“. Und Jabloner betonte, die lange Dauer sei nur „zu einem kleineren Teil auf das Gerichtsverfahren zurückzuführen, das sehr umsichtig und zügig geführt wird“.