Innenminister Wolfgang Peschorn
ORF
Noch vor Nationalratswahl

Peschorn macht Tempo bei BVT-Reform

Innenminister Wolfgang Peschorn macht Tempo bei der Reform des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) noch vor der Nationalratswahl Ende September. „Es kann nicht sein, dass ich als Übergangsminister hier zuwarte“, sagte Peschorn am Dienstag in der ZIB2.

Der betreffende Unterausschuss des Parlaments werde am 12. September – mehr als zwei Wochen vor der Nationalratswahl – zusammentreten, so Peschorn. Er wolle das BVT in bessere Fahrwasser bringen, so Peschorn, der keinen Grund sah, das der neuen Bundesregierung nach der kommenden Nationalratswahl zu überlassen. Schon in seiner Antrittsrede habe er gesagt, dass Verwalten auch Gestalten bedeute. Für die Reform seien schon viele Vorarbeiten geleistet, zum Ausschusstermin solle der weitere Fahrplan besprochen werden.

Das BVT war in Zeiten der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung in schwere Turbulenzen geraten. Bisher war allerdings damit gerechnet worden, dass die Reform erst nach der Nationalratswahl von der neuen Bundesregierung angegangen werden soll. Peschorn hat dem nun vorgegriffen, sich selbst zum Chef der Reformgruppe erklärt und Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP) davon schriftlich informiert.

Innenminister Peschorn zu „Ibiza“-Ermittlungen und BVT-Reformplänen

Innenminister Wolfgang Peschorn nimmt in der ZIB2 Stellung zu den Ermittlungen in der „Ibiza-Affäre“ und zu seinen Reformplänen für das BVT.

„Die Neustrukturierung der nachrichtendienstlichen Aktivitäten und damit des BVT ist für die Republik von besonderer Bedeutung, deswegen habe ich das zur Chefsache gemacht“, sagte der frühere Präsident der Finanzprokuratur dem „Kurier“. „Für mich ist es wichtig, dass gerade auch diese Reform alleine von sachlichen Argumenten bestimmt wird und für jedermann nachvollziehbar ist. Für eine erfolgreiche Reform ist ein parteiübergreifender politischer Konsens notwendig. Um diesen werde ich mich bemühen.“

Peschorn sieht keine Befangenheit bei „SoKo Ibiza“

Nicht gelten ließ Peschorn in der ZIB2 unterdessen die neuerliche Kritik von FPÖ und JETZT, was die „SoKo Ibiza“ der Polizei betrifft. Eine Befangenheit Richtung ÖVP sei bei Beamten nicht gegeben, nur weil sie als Gemeinderäte tätig gewesen seien. Peter Pilz schade hier nicht nur seinem Lebenswerk als Aufdecker, er gefährde durch das Nennen von Namen auch das Leben der Mitarbeiter. Zu „schwarzen Netzwerken“ befragt, meinte er, er habe „viele Netzwerke entdeckt – schwarze, blaue, vielleicht auch andere“.

Pilz fordert Entschuldigung

Der JETZT-Abgeordnete Pilz hat auf die Aussagen Peschorns mit scharfer Kritik reagiert. Was er mit der Überprüfung der SoKo-Mitglieder mache, sei „ein klassischer Akt parlamentarischer Kontrolle“. Ihm einen Anschlag auf das Leben von Beamten zu unterstellen, sei „indiskutabel“ und „eine völlig unzulässige Entgleisung“. „Eine Entschuldigung von Peschorn wäre durchaus angebracht. Ich habe ihn bisher unterstützt und ihm vertraut. Ich würde mich sehr freuen, wenn er diesen Fehler korrigiert und das Vertrauen wiederherstellt“, so Pilz.

FPÖ: Zweierlei Maß

Auch FPÖ-Sicherheitssprecher Hans-Jörg Jenewein übte scharfe Kritik am Auftritt Peschorns und sah beim Minister „ein Messen mit zweierlei Maß hinsichtlich der Tätigkeit parteipolitisch engagierter Beamter“.

„Als bekanntwurde, dass der Leiter der die Hausdurchsuchung im BVT unterstützenden Polizeieinheit EGS sich auf Gemeindeebene für die FPÖ engagiert, wurde er über Wochen durch die Medien geprügelt und man präsentierte die gesamte Einheit geradezu als FPÖ-Stiefeltruppe“, fasste Jenewein die Razzia beim BVT, die aus mehreren Gründen umstritten ist, zusammen.

„Jetzt, wo Personen aus dem ÖVP-Umfeld in der ‚SOKO Ibiza‘ aktiv sind, sieht Peschorn keinerlei Unvereinbarkeit, obwohl diese sogar in die von schwarzen Netzwerken geprägte BVT-Affäre involviert waren“, so Jenewein. Ergänzt werden müsse, dass die ÖVP-nahen Beamten Daten des Mobiltelefons des ehemaligen FPÖ-Obmanns Heinz-Christian Strache auswerteten. Durch die EGS habe es hingegen nie eine Auswertung gegeben, erklärte Jenewein in einer Aussendung am Mittwoch.

„‚Ibiza-Video‘ wahnsinnig großer Kriminalfall“

Peschorn zeigte sich im ZIB2-Interview auch beim Thema „Ibiza-Video“ geheimnisvoll. Dass es noch unbekannte Hintermänner geben könnte, bejahte er. Nennen werde er sie aber nicht, schließlich seien die Ermittlungen geheim. Dass das BVT in die Videoerstellung involviert gewesen sei oder vor dem 17. Mai von dessen Existenz gewusst habe, könne er nach den derzeit vorliegenden Informationen ausschließen. Den „Kriminalfall ‚Ibiza-Video‘“ bezeichnete Peschorn als „wahnsinnig großen“ und „wahrscheinlich einen der spannendsten der Zweiten Republik“.

Causa Casinos: Strache brachte Beschwerde ein

Der ehemalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat unterdessen wie angekündigt beim Oberlandesgericht Wien eine Beschwerde gegen die bei ihm durchgeführte Hausdurchsuchung eingebracht. Bei der Razzia war auch Straches Handy beschlagnahmt worden. Laut „Presse“ argumentiert Strache unter anderem damit, dass es sich bei dem Deal gar nicht um ein Amtsgeschäft gehandelt habe, weswegen auch nicht der Tatbestand der Bestechlichkeit angenommen werden könne.

Der in den Vorstand der Casinos Austria berufene FPÖ-Mann Peter Sidlo sei zudem nicht in den Genuss eines Vorteils gekommen, er habe schließlich für sein Geld gearbeitet und somit seinerseits Leistungen erbracht. Außerdem sei die anonyme Anzeige, die zum Ermittlungsverfahren geführt habe, nicht plausibel und die Datensicherstellung unverhältnismäßig gewesen, da sie nicht zeitlich begrenzt worden sei.

Justizminister und Vizekanzler Clemens Jabloner hatte zuvor die Hausdurchsuchung verteidigt. „Dass die Staatsanwaltschaft auf rechtlicher Basis vorgegangen ist, ergibt sich schon daraus, dass es eine richterliche Genehmigung gegeben hat.“ Ob die Hausdurchsuchung rechtens war, werde – nach Beschwerde Straches – letztlich das Oberlandesgericht entscheiden. Jabloner warnte generell aber davor, „hinter jedem Rechtsakt eine politische Absicht“ zu vermuten – was auch auf die FPÖ- und JETZT-Vorwürfe gegen Mitglieder der „SoKo Ibiza“ bezogen war.

Handy wieder zurückbekommen

Sein Handy hat Strache laut „Presse“ mittlerweile zurückbekommen – nachdem die Daten von den Behörden kopiert wurden. Strache geht es aber darum, dass – im Haus und auf dem Handy – gefundene Daten für die Ermittlungen gar nicht verwendet werden dürfen.

Herbert Kickl und Heinz Christian Strache
APA/Roland Schlager
Ein Bild aus besseren Tagen: Strache mit Herbert Kickl, damals noch Vizekanzler bzw. Innenminister

Der Anwalt von Ex-FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus, Herbert Eichenseder, brachte nur einen Einspruch wegen Rechtsverletzung ein, sagte er gegenüber Ö1. Die Art der Durchführung der Hausdurchsuchung sei nicht angemessen gewesen. Die Hausdurchsuchung an sich stellt Eichenseder aber rechtlich nicht infrage.

Rund um die Besetzung des Finanzdirektorpostens der teilstaatlichen Casinos mit Sidlo hatte es eine anonyme Anzeige gegeben. Diese führte zu Hausdurchsuchungen bei Novomatic-Chef Harald Neumann, Ex-FPÖ-Chef Strache, Ex-FPÖ-Klubobmann Gudenus und Sidlo. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geht dem Verdacht nach, ob es zur Bestellung Sidlos – von allen Betroffenen dementierte – Absprachen zwischen FPÖ und dem Casinos-Aktionär Novomatic gab. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung.