Goldbarren werden auf Echtheit überprüft
Reuters/Denis Balibouse
Gefälschte Barren

Schmutziges Gold schwappt auf Weltmarkt

Gefälschte Goldbarren, die mit den Logos namhafter Raffinerien versehen sind, gleiten langsam vom Schwarzmarkt in den Weltmarkt über. Das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters vor Kurzem. Funde habe es in Banken und Schweizer Raffinerien gegeben. Weil die Fälschungen besonders schwierig zu erkennen seien, soll das illegale Geschäft für Kriminelle besonders lukrativ sein.

Innerhalb der letzten drei Jahre tauchten laut Reuters Goldbarren im Wert von mindestens 45 Millionen Euro auf, die zwar mit den Logos von Schweizer Raffinerien versehen waren, dort aber gar nicht hergestellt wurden. Sie sollen vor allem in den Häusern der größten Bank der USA und des weltweit drittgrößten an der Börse notierten Unternehmens entdeckt worden sein: JPMorgan Chase & Co.

Mehrere Insider bestätigten Reuters, das Unternehmen habe 2017 Verdacht geschöpft, als zwei Goldbarren mit derselben Identifikationsnummer aufgetaucht seien. Offiziell bestätigte JPMorgan das aber nicht. „Es ist unsere übliche Praxis, die zuständigen Behörden und Raffinerien unverzüglich zu benachrichtigen, wenn wir bei Routinekontrollen und -verfahren falsch markierte Goldbarren entdecken“, schrieb die Bank in einem Statement. „Glücklicherweise gab es bis jetzt keinen Vorfall, der zu einem Verlust für die Firma oder einen Kunden geführt hat.“

Goldbarren
Reuters/Denis Balibouse
Goldbarren auf ihre Echtheit getestet

Vier der von Reuters befragten Insider gaben an, dass mindestens 1.000 Barren mit je einem Kilogramm gefunden wurden. Betrachtet man jedoch die jährliche Goldproduktion, die rund zwei bis zweieinhalb Millionen solcher Barren herstellt, ist das nicht allzu viel. Da die Fälschungen aber so gut seien, blieben möglicherweise Tausende Weitere unentdeckt.

Womöglich noch Tausende mehr im Umlauf

„Die neuen gefälschten Barren sind wirklich professionell gemacht“, sagte Michael Mesaric, Geschäftsführer von Valcambi SA, einer international tätigen Scheideanstalt in der Schweiz, zu Reuters. Etwa eintausend seien gefunden worden, doch die Wahrscheinlichkeit sei groß, dass „noch viele, viele, viele mehr im Umlauf sind und immer noch existieren“, so Mesaric weiter.

Früher wurden die falschen Goldbarren vermehrt aus billigem Metall hergestellt und vergoldet. Sie sind Expertinnen und Experten zufolge relativ einfach zu identifizieren und werden schnell aus dem Verkehr gezogen. Nicht aber die neuen Nachahmungen: Das Gold wurde zwar illegal gewonnen und weiterverarbeitet, ist aber durchaus echt und von sehr hoher Reinheit. Zum Problem wird das laut Reuters zunehmend nicht nur für internationale Raffinerien, sondern auch für Financiers und Aufsichtsbehörden, die gegen den illegalen Goldhandel ankämpfen müssen.

Massenproduktion in China vermutet

Der hohe Goldpreis löste seit Mitte der 2000er Jahre einen Boom im informellen und illegalen Bergbau in mehreren afrikanischen Ländern, Venezuela und Nordkorea aus. Doch ohne den Stempel einer prestigeträchtigen Raffinerie würde solches Gold in unterirdischen Netzwerken verschwinden – also nur bedingt von Wert sein –, schreibt die Nachrichtenagentur. Doch durch ihr täuschend echtes Aussehen, schafften es die Kopien dennoch vom Schwarzmarkt auf den offiziellen Markt. So kommt Geld an Kriminelle und Regierungen, die von westlichen Staaten mit Sanktionen belegt wurden.

So stellt sich also die Frage, wer die Goldbarren herstellt und mit gefälschten, renommierten Siegeln versieht. Die von Reuters befragten Financiers und Bankdirektoren vermuten eine Massenproduktion in China. Die Volksrepublik ist der größte Goldproduzent und -importeur der Welt. Den Weg auf den Weltmarkt fand China über Händler und Handelsunternehmen in Hongkong, Japan und Thailand. Erhalte ein chinesischer Importeur dort von einem etablierten Goldhändler eine Zusage, sei, so die Nachrichtenagentur, der Weg auf den globalen Markt geebnet.

Shanghai Gold Exchange (SGE), die größte Warenbörse Chinas für den Handel mit Edelmetallen, sagte in einem Statement, man sei sich nicht bewusst, dass die Fälschungen möglicherweise aus China stammten oder über China gehandelt würden. „Shanghai Gold Exchange hat ein umfassendes Liefer- und Lagersystem eingerichtet. Der Prozess für das Eintreffen von Gold in das Lager wird streng und in Übereinstimmung mit den Vorschriften verwaltet“, schrieb SGE an Reuters.

Staatsanwaltschaft im Tessin bestätigte Meldungen

Offenbar wurden laut der Nachrichtenagentur einige gefälschte Goldbarren bereits vor ihrem Eintreffen in die großen Bankhäuser der Welt entdeckt und umgehend den Raffineriebetrieben zurückgegeben. Laut Angaben der Schweizer Zollbehörde wurden in den Jahren 2017 und 2018 655 gefälschte Barren an die Staatsanwaltschaft im Kanton Tessin gemeldet. Die Region an der Grenze zu Italien umfasst drei der vier großen Raffinerien der Schweiz. „In allen Fällen war die Kennzeichnung der 1-kg-Barren falsch“, schrieb ein Zollbeamter Reuters per E-Mail, ohne weitere Kommentare abzugeben.

Die Staatsanwaltschaft im Tessin habe unterdessen bestätigt, drei Meldungen über Goldbarren mit verdächtigen Seriennummern erhalten zu haben, sie habe jedoch keine weiteren Informationen veröffentlichen können. Die Polizei im Kanton Neuenburg, wo sich die andere große Raffinerie der Schweiz befindet, sagte zu Reuters, weder sie noch die dortigen Staatsanwälte hätten Berichte über gefälschte Barren erhalten. Die Generalstaatsanwaltschaft der Schweiz sagte unterdessen, ihre Kanzlei befasse sich derzeit nicht mit dem Thema.

So groß und flach wie ein Smartphone

Ein Kilo schwere Goldbarren sind die weltweit am häufigsten gehandelte Form von Gold. Sie sind relativ klein, ungefähr so groß und flach wie moderne Smartphones – im Gegensatz zu den weitaus bekannteren, rund 12,5 Kilogramm schweren Goldbarren, die normalerweise in den Tresoren der Zentralbanken der Welt aufbewahrt werden. Die auf der Oberfläche eines Barrens angebrachten Erkennungsmerkmale umfassen das Logo der Raffinerie, Reinheitsgrad, Gewicht und eine eindeutige Identifikationsnummer. Ein ein Kilo schwerer Goldbarren ist derzeit rund 45.000 Euro wert.

Käuferinnen und Käufern wird empfohlen, Gold ausschließlich im vertrauenswürdigen Handel zu erwerben. Expertinnen und Experten mahnen zur Vorsicht: Nicht nur der Handel, sondern auch der Besitz eines falschen Goldbarrens kann gegen globale Vorschriften verstoßen – egal ob es sich um Juweliere, Banken, Elektronikunternehmen oder Privatpersonen handle.