Frau hält Hand in Abwehrhaltung vor Gesicht
Getty Images/Westend61
Schwere Vorwürfe

„#MeToo“ kommt in Gaming-Szene an

Spieleentwicklerinnen machen nun Benachteiligung und sexuelle Belästigung bis hin zu Vergewaltigungen innerhalb der Gaming-Industrie öffentlich. Die Szene ist besonders männerdominiert und hat seit Jahren den Ruf, ausgesprochen frauenfeindlich zu sein.

Als durch den Weinstein-Skandal die „#MeToo“-Bewegung vor zwei Jahren ins Rollen kam, blieb es in der Gaming-Branche diesbezüglich weitgehend ruhig. Nun aber schilderten und teilten viele Frauen ihre eigenen Erfahrungen online, nachdem eine Spieleentwicklerin in ihrem Blog einem Kollegen vorgeworfen hatte, sie vergewaltigt zu haben. Die Welle an Postings wurde laut BBC bereits mit der „#MeToo“-Bewegung, die die systematische Belästigung, Vergewaltigung und Benachteiligung von Frauen in der Filmindustrie offenlegte, verglichen.

„Die Misogynie von Fans war seit vielen Jahren bestens bekannt, aber über die Misshandlungen sprachen Entwicklerinnen nur mit engsten Freunden und auch dann nur im Flüsterton“, so die Journalistin Anita Sarkeesian. Sie sei voller Bewunderung für alle, die nun ihre Erfahrungen publik machten.

Frauen schildern ihre Erfahrungen

Die aktuelle Welle an Vorwürfen wurde am Montag losgetreten, als die Entwicklerin Nathalie Lawhead, einen detaillierten Erfahrungsbericht veröffentlichte, wie sie ihren Angaben zufolge von einem Ex-Kollegen vergewaltigt und misshandelt wurde.

Andere Entwicklerinnen posteten aber daraufhin ihre eigenen Erfahrungen in der Branche. Viele Frauen beschrieben, wie sie begrapscht wurden. Andere schilderten, wie Männer versucht hätten, sie bei Veranstaltungen mit dem Versprechen, ihnen Aufträge oder Jobs zu vermitteln, in Hotelzimmer zu locken. Einige der Fälle zogen sich demnach über längere Zeit hin.

„Verstörende Handlungen“

Die Vorwürfe wurden kurz vor der Pax West Gaming Conference bekannt. Zu dieser werden an diesem Wochenende Tausende Indie-Game-Enwicklerinnen und -Entwickler in Seattle erwartet. Die „Time’s Up“-Kampagne, die sich für eine Ende der Benachteiligung und sexuellen Misshandlung von Frauen einsetzt, sprach von „verstörenden“ und „unerhörten“ Handlungen. „Das sollte ein Moment der Abrechnung für die Branche sein. Diese Kultur der sexuellen Belästigung, der psychischen Gewalt und Vergeltung kann nicht länger fortgeführt werden“, betonte „Time’s Up“.

Erste Konsequenzen

Mittlerweile gibt es auch erste Konsequenzen. Die Entwickler des erfolgreichen Indie-Spielehits „Night in the Woods“ trennen sich von dem Designer und Komponisten Alex Holowka, der das Spiel mitentwickelte. „Wir haben in den letzten Tagen viele E-Mails und Nachrichten bekommen, viele davon voller Schmerz und Wut“, so der Koentwickler Scott Benson laut dem Onlinemagazin The Verge. „Wir fühlen uns auch so. Das war sehr, sehr hart.“ Was das für die künftige Entwicklung von „Night in the Woods“ bedeute, sei noch offen. Das müsse man sich erst überlegen.

Kurz darauf gab auch der Entwickler des Spiels „Towerfall“ bekannt, man habe die Kooperation mit Holowka beendet. Er hatte die Musik für das Spiel komponiert.

Frauen seit Hetzkampagne „Gamergate“ als Ziel

Neben den nun bekanntgewordenen Vorwürfen ist Sexismus schon länger ein Thema in der Branche. Unter dem Hashtag „Gamergate“ werden bereits seit 2014 Frauen in der Videospielindustrie gezielt angegriffen. Die Hetzkampagne wandte sich vor allem zu Beginn primär gegen Frauen, die Sexismus in Videospielen aufzeigen. Auch die zunehmende Öffnung der Branche für eine breitere Zielgruppe ist den primär männlichen Anhängern ein Dorn im Auge.

Der Bewegung zum Trotz öffnete sich die Gaming-Szene aber in den vergangenen Jahren zunehmend gegenüber Frauen, vor allem was die Sichtbarkeit anbelangt. Die Vorwürfe könnten jetzt jedenfalls zu einer neuen Auseinandersetzung der Branche mit sich selbst nach sich ziehen.