Zugwaggon der Westbahn im Bahnhof
ORF.at/Christian Öser
„Ibiza-Video"

Westbahn bringt Untreue-Anzeige ein

ÖBB-Konkurrent Westbahn sieht sich bei jüngsten Vergaben durch das Verkehrsministerium benachteiligt und geht nun strafrechtlich dagegen vor. Auch ein Gutachten ließ die Westbahn erstellen, das den früheren Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) verantwortlich macht. Für das Verkehrsministerium ist hingegen „alles rechtskonform“ gelaufen. Die FPÖ reagierte gar „fassungslos“.

Angriffspunkt ist die im „Ibiza-Video“ gefallenen Aussage, dass „der Haselsteiner“ keine Aufträge mehr bekommen werde, wenn die FPÖ in die Regierung komme. Das Unternehmen hat daher eine Untreueanzeige gegen unbekannt eingebracht.

Der Industrielle und NEOS-Financier Hans Peter Haselsteiner hält an der Westbahn 49,9 Prozent. Nachdem das 2017 getätigte „Ibiza“-Zitat des inzwischen zurückgetretenen FPÖ-Chefs Heinz-Christian Strache ruchbar geworden war, ließ er alle Vergabeverfahren prüfen, die seine Firmen und Beteiligungen betreffen, sagte heute Westbahn-Geschäftsführer Erich Forster.

Prinzip der Wirtschaftlichkeit ignoriert

Für das Bahnunternehmen liegt das Privatgutachten der Kanzlei Heid & Partner jetzt vor, und es sieht durchaus Unregelmäßigkeiten, wie deren Vergaberechtlerin Kathrin Hornbanger ausführte. Die Conclusio: Auch wenn in diesem Bereich Direktvergaben bis Ende 2023 gemäß EU-Recht erlaubt sind, hätten aus Gründen der Wirtschaftlichkeit Vergleichsangebote eingeholt werden müssen, was aber nicht passiert sei.

Die Vergaben seien daher gesetzes- und verfassungswidrig erfolgt, und es gebe eine persönliche Verantwortung des damaligen Verkehrsministers Hofer dafür. Hofers Vorgänger Jörg Leichtfried (SPÖ) ist aus Westbahn-Sicht nicht betroffen, weil diese Vergaben sämtlich im Jahr 2018 erfolgten.

Westbahn klagt wegen Auftragsvergabe

ÖBB-Konkurrent Westbahn sieht sich bei jüngsten Vergaben durch das Verkehrsministerium benachteiligt und geht nun strafrechtlich dagegen vor.

Westbahn spricht von 1,5 Mrd. Euro Einsparungspotenzial

Initiativangebote der Westbahn seien einfach negiert worden, obwohl man beim Verkehrsdienstevertrag für Vorarlberg um 25 Mio. Euro günstiger angeboten habe und in Oberösterreich und Salzburg die ÖBB um zehn Prozent unterboten habe, so Hornbanger. Forster rechnete vor, dass bei Einrechnung des auf zehn Jahre abgeschlossenen Verkehrsdienstevertrags für den Bund rund 1,5 Mrd. Euro einzusparen gewesen wären. Der Verzicht darauf habe auch „dem verkündeten Reformwillen der damaligen Bundesregierung unter Sebastian Kurz“ klar widersprochen.

Der Gleichheitsgrundsatz sei verletzt worden. Zudem stelle sich die Frage, ob das BMVIT angesichts des ungenutzten Einsparungspotenzials nicht auch gegen ressortinterne Richtlinien verstoßen habe. Dafür sei Hofer als Minister „ad personam“ verantwortlich gewesen, weil er gemäß Schieneninfrastrukturfinanzierungsgesetz den entsprechenden Verträgen vorab habe zustimmen müssen.

Folglich erstatteten die Rechtsanwälte der Westbahn Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), und zwar gegen unbekannte Tatverdächtige wegen Untreue. Das deshalb, weil man die internen Zusammenhänge und Hintergründe im Ministerium nicht kenne, so Forster. Klar sei aber, dass 2018 die FPÖ bereits die entsprechenden Amtsträger gestellt habe.

Ministerium ließ vorab prüfen

Das Verkehrsministerium (BMVIT), in dem mit Andreas Reichhardt nun der frühere Generalsekretär Hofers an der Spitze steht, stellt die Vergaben hingegen deutlich anders dar. Direktvergaben im Schienenverkehr seien laut EU-Recht gleichrangig möglich wie Ausschreibungen. Auf dieser Basis habe man mehrere Verkehrsdienste an die ÖBB direkt vergeben, basierend „auf der vorab eingeholten Prüfung, welches Modell – Ausschreibung oder Direktvergabe – das wirtschaftlichste ist“, so das Ministerium am Freitag via Aussendung. Auch Gutachten hätten belegt, dass dies die „für die Steuerzahler die gesamtwirtschaftlich beste Lösung“ gewesen sei.

Die Entscheidung zur Direktvergabe von Verkehrsdienstverträgen mit Vorarlberg, Kärnten und der Steiermark an die ÖBB sei schon im Jahr 2016 bzw. 2017 unter dem damaligen Verkehrsminister Leichtfried getroffen worden. Zudem wurde darauf verwiesen, dass die Westbahn in puncto Vergabe in Vorarlberg bereits klagte – und die Rechtmäßigkeit in allen Instanzen bestätigt worden sei.

Genau daran erinnerten auch die ÖBB, die in einer schriftlichen Stellungnahme an die APA die Westbahn-Position scharf zurückwiesen. „Die politische Diskussion über die Direktvergabe von Verkehrsdiensteverträgen ist vermutlich dem aktuellen Wahlkampf geschuldet, aber sollte nicht auf dem Rücken eines funktionierenden Bahnsystems ausgetragen werden“, wurde erklärt.

FPÖ empört

Die FPÖ reagierte schnell und verärgert auf die Anzeige der Westbahn. „Haselsteiners Agitation nimmt pathologische Züge an“, so FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker laut Aussendung. Die Vorwürfe entbehrten jeder Grundlage, Haselsteiner nütze nur „jede Chance, um der FPÖ Schaden zuzufügen“.