LKW-Polizeikontrolle in Nickelsdorf
ORF.at/Christian Öser
Grenzkontrollen

Die Positionen der Parteien

Österreich hat zuletzt im Mai die Grenzkontrollen bis Mitte November um ein weiteres halbes Jahr verlängert, so wie es zuvor seit 2015 bereits mehrfach geschehen war. Fünf weitere Staaten, Deutschland, Frankreich, Dänemark, Schweden und Norwegen, taten – mit unterschiedlichen Fristen – dasselbe. Die Maßnahme ist politisch umstritten.

Das Schengener Abkommen sieht eine prinzipielle Reisefreiheit zwischen den Mitgliedstaaten, ohne Passkontrolle, vor. Es kann allerdings befristet aufgehoben werden. Dafür muss ein Land aber eine Bedrohung für die innere Sicherheit geltend machen.

„Erfordert die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit eines Mitgliedstaats ein sofortiges Handeln, so kann der betreffende Mitgliedsstaat ausnahmsweise an den Binnengrenzen unverzüglich Grenzkontrollen wieder einführen“, heißt es in Artikel 25., Absatz 1.

Meinungen gehen stark auseinander

Im Wahlkampf sind die Positionen bei diesem Thema sehr unterschiedlich. Sie reichen von Warnungen vor einer sich anbahnenden neuen Flüchtlingskrise bis zur Forderung nach einer sofortigen Abschaffung mitsamt Beschwerde bei der EU-Kommission. ORF.at hat die bei der Nationalratswahl bundesweit antretenden acht Parteien um ein jeweils kurzes Statement ersucht. Sechs haben geantwortet.

„Ja, aber“ von der SPÖ

Von der SPÖ heißt es: Die Reisefreiheit sei eine der Grundsäulen eines gemeinsamen Europas. Für den Fall, dass „die wirksame Sicherung der Außengrenzen“ nicht gegeben sei, „kann und muss auf nationale Grenzkontrollen zurückgegriffen werden“.

Primär aber müsse eine „gemeinsame Außengrenzsicherung" gewährleistet sein. Bewertet und entschieden werden müsse zeitnah“. Man hoffe jedenfalls, dass die nationalen Kontrollen – wegen hoher Kosten und Umweltbelastung durch Staus – nicht mehr weiter verlängert werden müssten.

FPÖ warnt vor „Migrationswelle wie 2015“

Für die FPÖ hatte zuletzt Herbert Kickl, Ex-Innenminister und geschäftsführender Klubobmann, eine Verlängerung der Kontrollen gefordert. Dabei bleibe man „vollinhaltlich“, hieß es auf telefonische Nachfrage von ORF.at. Kickl hatte davor gewarnt, bald könnte „eine neue Migrationswelle wie 2015“ ihren Anfang nehmen.

Deshalb müsse man wachsam sein und „alle Vorkehrungen treffen, um unsere Grenzen schützen zu können. Es wäre grob fahrlässig, einfach abzuwarten und die Hände in den Schoß zu legen.“

NEOS legt Beschwerde bei EU ein

NEOS stören die „temporären“ Grenzkontrollen, die es schon seit vier Jahren gibt, derart, dass die Partei zuletzt ankündigte, bei der EU-Kommission gegen Österreich und fünf weitere EU-Staaten eine Beschwerde einzubringen.

„Grenzkontrollen innerhalb Europas sind eine äußerste Notfallmaßnahme, denn sie kosten Freiheit und Wohlstand. Niemand kann mehr erklären, was ein solcher Notfall heute – im Jahr 2019 – sein soll", hieß es dazu in einer Aussendung. NEOS spricht weiter von einem „teuren und wirkungslosen Angriff auf die Grundfreiheiten“ in der EU.

Für JETZT nur „in Ausnahmesituationen“

„In Ausnahmesituationen“, hieß es auf Anfrage von JETZT, seien Grenzkontrollen wie 2015 notwendig gewesen. Allerdings hätten sich die „Asylantragszahlen (…) mehr als halbiert“. Die Freiheiten der EU, „zu denen auch ein freier Waren- und Personenverkehr zählen, sind keine Gefahr für Österreichs Sicherheit“.

JETZT fordert ein „ein Ende der Grenzkontrollen, eine Sicherheitspolitik, die Österreich schützt“ und übt Kritik an der letzten Bundesregierung. Es brauche jedenfalls „ein Innenministerium frei von schwarzen und blauen Netzwerken“.

Grüne sehen „keineswegs mehr Sondersituation“

Die Grünen treten dafür ein, heißt es in der Antwort auf die Anfrage von ORF.at, „dass die Schengen-Außengrenzen gemeinsam kontrolliert werden“, die Binnengrenzen in der EU – also etwa die nach Ungarn und Slowenien „wieder geöffnet werden“.

Es könne „keineswegs mehr von einer Sondersituation gesprochen werden, welche Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Raumes auch über den November hinaus rechtfertigen würde“. Die Öffnung der EU-Binnengrenzen sei „aus Sicht der Reisefreiheit und der Wirtschaftlichkeit jedenfalls sinnvoll“.

Für kleine Linksparteien „Ende der EU“

Alternative Listen, KPÖ PLUS, Linke und Unabhängige (KPÖ) nennen die Wiedereinführung der Grenzkontrollen „das Ende der EU“. „Die Bewegungsfreiheit, die für den Kapital- und Güterverkehr gilt“, müsse ebenso für Menschen gelten, fordern die kleinen linken Parteien, die gemeinsam kandidieren.

Tatsächlich aber sei die Bewegungsfreiheit durch die Kontrollen stark eingeschränkt. Außerdem würden die Staaten an der EU-Außengrenze „weiter im Stich gelassen“, Fluchtrouten würden immer gefährlicher. Für die Menschen in den Grenzregionen seien die Kontrollen eine Schikane.