Techniker in iranischer Uranaufbereitungsanalage
APA/AF/Behrouz Mehri
Stärkere Zentrifugen

Iran legt in Streit über Atomdeal nach

Der Iran hat am Samstag einen weiteren Rückzug aus dem internationalen Atomabkommen angekündigt. Man werde leistungsstärkere Zentrifugen zur Anreicherung von Uran in Betrieb nehmen, so der Sprecher der iranischen Atomenergiebehörde AEOI. Gleichzeitig zeigte man sich zu weiteren Verhandlungen bereit.

20 Zentrifugen vom Typ IR-4 und 20 weitere vom Typ IR-6 seien eingeschaltet worden, so Behrus Kamalwandi von der AEOI. Das 2015 in Wien geschlossene Abkommen erlaubt dem Iran lediglich die Anreicherung von Uran mit Zentrifugen der ersten Generation vom Typ IR-1.

Kamalwandi erklärte, der Iran könne nun Uran auf mehr als 20 Prozent anreichern, habe aber bisher keine Pläne, das zu tun. Eine Anreicherung auf 20 Prozent oder mehr würde es nach Angaben von Expertinnen und Experten rascher ermöglichen, einen für die Herstellung einer Atombombe notwendigen Anreicherungsgrad von 90 Prozent zu erreichen.

Druck auf Europa soll erhöht werden

Mit dem schrittweisen Rückzug aus dem Atomabkommen reagiert der Iran auf den einseitigen Ausstieg der USA im Mai 2018. Seitdem haben die USA ihre Sanktionen gegen den Iran stark ausgeweitet. Teheran will mit seinen Gegenmaßnahmen den Druck auf Europa erhöhen, mehr zur Aufrechterhaltung des Handels mit dem Iran zu tun.

Der Chef der iranischen Atombehörde, Behrouz Kamalvandi
AP/Ebrahim Noroozi
Der Sprecher der AEOI, hier auf einem Archivfoto, kündigte die nächsten Schritte an

Kamalwandi sagte: „Solange die andere Seite ihre Verpflichtungen nicht erfüllt, sollte sie vom Iran nicht erwarten, dass er seine Verpflichtungen erfüllt.“ Mehrmals wiederholte der Sprecher, dass man kurz davor sei, ganz aus dem Atomabkommen auszusteigen. „Unser Lagerbestand nimmt schnell zu, wir hoffen, dass sie zur Besinnung kommen.“

Weil die verbliebenen Vertragspartner die für den Iran wichtigsten Teile des Atomabkommens nicht umsetzten, hatte der Iran bereits zuvor gegen zwei zentrale Auflagen des Atomdeals verstoßen. Der Iran überschritt in der ersten Phase des Teilausstiegs die Menge an erlaubtem Uran (300 Kilogramm) und erhöhte in der zweiten die 3,67-Prozent-Obergrenze der Anreicherung auf 4,5 Prozent.

Iran hofft auf Verhandlungen

Der Iran versicherte gleichzeitig, die bisherigen Schritte seien umkehrbar und kein Hindernis für weitere Verhandlungen. Kamalwandi beteuerte überdies, sein Land werde der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) weiterhin transparent über seine Atomaktivitäten Bericht erstatten. IAEA-Inspekteure bekämen im selben Maße Zugang zu den iranischen Atomanlagen wie bisher.

Der iranische Präsident Präsident Hassan Rouhani
APA/AFP/Iranische Präsidentschaft
Der iranische Präsident Hassan Rouhani (rechts) erhöhte zuletzt den Druck im Streit über das Atomabkommen

London zeigt sich „enttäuscht“

Das britische Außenministerium zeigte sich vom angekündigten Einsatz der neuen Zentrifugen durch Teheran „ausgesprochen enttäuscht“. US-Verteidigungsminister Mark Esper sagte bei einem Besuch in Paris, er sei von der Ankündigung „nicht überrascht“. Seine französische Kollegin Florence Parly kündigte an, Paris werde weiter „alle diplomatischen Bemühungen“ unternehmen, um eine Einhaltung des Abkommens von 2015 zu erreichen.

IAEA-Chef zu Gesprächen in Teheran

IAEA-Interimschef Cornel Feruta reist dieses Wochenende zu Gesprächen mit hochrangigen iranischen Regierungsvertretern nach Teheran. Seine Behörde ist für die Überwachung des internationalen Atomabkommens zuständig, das die fünf UNO-Vetomächte sowie Deutschland 2015 mit dem Iran geschlossen hatten, um die Islamische Republik am Bau einer Atombombe zu hindern.

Die USA waren 2018 einseitig aus dem Atomabkommen ausgestiegen. Sie wollen den Iran mit Sanktionen zwingen, ein neues Abkommen mit härteren Auflagen auszuhandeln. Die anderen Vertragspartner, darunter Deutschland, Frankreich und Großbritannien, versuchen, die Vereinbarung zu retten.

Von USA sanktionierter Tanker vor Syrien vermutet

Unterdessen gelangten am Samstag Satellitenbilder an die Öffentlichkeit, die zeigen, dass sich der von den USA mit Sanktionen belegte Tanker „Adrian Darya 1“ in der Nähe von Syriens Küste aufhalten soll. Der Tanker schaltete am Montag sein Identifikationssystem aus, was zu Spekulationen führte, dass er nach Syrien unterwegs sein könnte. Der Iran hat sich laut der US-Presseagentur AP dazu verpflichtet, nicht Syrien anzusteuern, nachdem Behörden in Gibraltar, wo der Tanker festgesetzt wurde, das Schiff freigaben.

Die Satellitenbilder stimmen mit Bildern überein, die der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump, John Bolton, auf Twitter veröffentlichte. Er schrieb: „Jeder, der behauptet, die ‚Adrian Darya 1‘ sei nicht nach Syrien unterwegs, leugnet.“ „Wir können reden, aber der Iran bekommt keine Sanktionserleichterung, bis er aufhört zu lügen und Terror zu verbreiten“, so Bolton in der Nacht auf heute.

Iran beschlagnahmt Schlepper

Die iranische Küstenwache beschlagnahmte unterdessen einen ausländischen Schlepper im Arabischen Golf und nahm zwölf philippinische Besatzungsmitglieder in Haft. Nach einem Bericht des staatlichen iranischen Fernsehens soll auf dem Schiff Treibstoff geschmuggelt worden sein. An Bord seien knapp 284.000 Liter Diesel gefunden worden. Aus dem Bericht ging nicht hervor, unter welcher Flagge der Schlepper fährt.