Der „Great Dome“ am Campus des MIT
AP/Charles Krupa
MIT

Epstein-Skandal holt US-Eliteuni ein

Am Wochenende ist die US-Eliteuni Massachusetts Institute of Technology (MIT) voll in den Sog des Epstein-Skandals hineingezogen worden. Der Chef einer Fakultät trat zurück, nachdem schwere Vorwürfe bekanntgeworden waren.

Der reiche und bestens vernetzte Ex-Investmentbanker Jeffrey Epstein, der jahrzehntelang Mädchen missbraucht und vergewaltigt haben soll, hatte enge Beziehungen zum prestigeträchtigen MIT Media Lab, einer der Fakultäten der Uni in Cambridge. Am Wochenende wurde durch eine Recherche des Magazins „New Yorker“ bekannt, dass Epstein, der nach seiner Verhaftung im Juli in seiner Zelle offenbar Selbstmord beging, dem Media Lab deutlich mehr Geld spendete, als dieses öffentlich zugegeben hatte. Die Recherche stammt von Ronan Farrow, der mit einer Recherche auch den Missbrauchsskandal rund um den Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein ins Rollen brachte.

Der Fall Epstein gilt in den USA auch als Justizskandal, da ein erstes Verfahren mit einem Teilgeständnis in den weniger schwerwiegenden Anklagepunkten beendet wurde. Der dafür verantwortliche Staatsanwalt, Alexander Acosta, war Arbeitsminister unter Präsident Donald Trump, mit dem Epstein – ebenso wie mit Ex-US-Präsident Bill Clinton und dem britischen Prinzen Andrew – auch engen Kontakt hatte. Danach hat Epstein mutmaßlich weiter jahrelang junge Mädchen missbraucht und vergewaltigt. Acosta trat kurz nach Epsteins neuerlicher Verhaftung zurück.

Joichi Ito, Direktor des MIT Media Lab
Reuters/Ruben Sprich
Joi Ito hatte regelmäßig Kontakt mit Epstein und wies seine Mitarbeiter an, dessen Spenden als „anonym“ zu verbuchen

„Tief verstörend“

Joi Ito, der Leiter des Media Lab, legte sowohl seine Funktion als Fakultätschef wie als Professor zurück. MIT-Präsident L. Rafael Reif nannte die im „New Yorker“ erhobenen Vorwürfe „tief verstörend“. Weil diese Vorwürfe „extrem seriös sind, erfordern sie eine sofortige, umfassende und unabhängige Untersuchung“, so Reif in einem Schreiben an alle Unimitglieder.

Ito zog sich auch von den Aufsichtsräten der MacArthur Foundation, der Knight Foundation und der „New York Times“ zurück. Letztere hatte als Erstes über Itos Rücktritt berichtet.

Millionen an Spenden organisiert

MIT-Präsident Reif hatte im August gesagt, die Uni habe von Epstein im Verlauf von 20 Jahren Spenden in der Höhe von 800.000 Dollar (720.000 Euro) angenommen. Doch laut „New Yorker“ organisierte Epstein für das MIT Media Lab tatsächlich Spenden in der Höhe von mindestens 7,5 Mio. Dollar, darunter zwei Millionen von Microsoft-Gründer Bill Gates und 5,5 Mio. Dollar vom Investor Leon Black.

Obwohl die Uni Epstein in einer internen Datenbank als Spender ausgeschlossen hatte, nahm das Media Lab weiter Geldgeschenke von ihm an. Diese Spenden wurden dabei laut „New Yorker“ als „anonyme Spenden“ verbucht. Erst letzte Woche räumte Ito ein, Epstein habe ihm 525.000 Dollar für das Media Lab und weitere 1,2 Mio. für seinen eigenen Investmentfonds gegeben.

Jeffrey Epstein 2008 vor einem Gericht in West Palm Beach (US-Bundesstaat Florida)
AP/Palm Beach Post/Uma Sanghvi
Von Epstein wurde intern als Voldemort gesprochen

Epstein als Voldemort

Die Bemühungen, die Kontakte des Media Lab zum rechtskräftig verurteilten Epstein zu verheimlichen, waren im Büro von Ito laut „New Yorker“ bestens bekannt. Die Mitarbeiter bezeichneten Epstein intern als Voldemort, der Bösewicht und Hauptgegner von Harry Potter, oder als „Der nicht beim Namen genannt werden darf“.

Als Sexualverbrecher geführt

Epstein soll jahrelang minderjährige Mädchen und junge Frauen sexuell missbraucht und zur Prostitution angestiftet haben. Der Investmentbanker war bereits 2008 wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger zu 13 Monaten Gefängnis verurteilt worden und wurde seitdem als Sexualverbrecher geführt. Dank einer umstrittenen Einigung mit der Staatsanwaltschaft kam er damals um einen Prozess herum, sodass seine mutmaßlichen Opfer nie vor Gericht aussagen konnten.

Mehrere Frauen berichteten in einer Gerichtsanhörung Ende August, sie seien von Epsteins Ex-Freundin Ghislaine Maxwell rekrutiert worden, und forderten eine Fortsetzung der Ermittlungen gegen mutmaßliche Komplizinnen und Komplizen des Sexualverbrechers. „Bitte, bitte, bitte, bringen Sie zu Ende, was sie angefangen haben“, drängte Sarah Ransome vor Gericht: „Er hat nicht allein gehandelt.“ Der Multimillionär habe vielmehr einen internationalen Frauenhandelsring angeführt.

Schwere Vorwürfe gegen Prinz Andrew

Virginia Roberts Giuffre, die nach eigenen Worten jahrelang von Epstein missbraucht und auch zum Sex mit dessen wohlhabenden Freunden einschließlich des britischen Prinzen Andrew gezwungen wurde, forderte: „Die Abrechnung darf nicht aufhören, es muss weitergehen.“ Nach der Anhörung sagte sie vor Reportern, Prinz Andrew wisse „genau, was er getan hat, und ich hoffe, dass er reinen Tisch macht“. Prinz Andrew hatte Giuffres Anschuldigungen, er habe dreimal Sex mit ihr gehabt, wiederholt zurückgewiesen. Es existiert ein Foto, das zeigt, wie Andrew einen Arm um die 17-Jährige legt, im Hintergrund ist Maxwell zu sehen.

Zuletzt tauchte außerdem ein kurzes Video auf, das Andrew zeigt, wie er eine Frau am Eingangstor von Epsteins Manhattaner Stadtpalais verabschiedet und selbst drinbleibt. Die Aufnahmen wurden 2010 gemacht – zwei Jahre nach Epsteins Verurteilung als Sexualverbrecher. Andrew und der Palast in London verweigern bisher jede Auskunft darüber, welche Beziehung Andrew zu Epstein genau hatte und verweisen auf den Schutz der Privatsphäre.