Die nichtamtsführende Wiener Stadträtin Ursula Stenzel (FPÖ)
APA/Manfred Fesl
Auftritt bei Rechtsextremen

Causa Stenzel kommt in Nationalrat

Der Auftritt der Wiener FPÖ-Politikerin Ursula Stenzel bei einer Kundgebung der rechtsextremen Identitären wird im Parlament ein Nachspiel haben: ÖVP und NEOS haben nun jeweils einen Antrag angekündigt. FPÖ-Chef Norbert Hofer schweigt zu Stenzel weiter.

Stenzel, die bei dem rechtsextremen Gedenkmarsch anlässlich des Endes der Wiener Türkenbelagerung 1683 mitging und eine Rede hielt, hat trotz heftiger Kritik die Forderung nach ihrem Rücktritt am Sonntag als „lächerlich“ zurückgewiesen. Alle Parteien mit Ausnahme der Freiheitlichen forderten den Rücktritt Stenzels von ihrer Funktion als nicht amtsführende Wiener Stadträtin.

Die FPÖ, die im Wahlkampf aktiv um eine Neuauflage der Koalition mit der ÖVP wirbt, hat auch auf die ÖVP-Forderung nach Konsequenzen bisher nicht reagiert. Die Causa wirkt sich zunehmend auf den Wahlkampf aus – und auf Szenarien danach. Die ÖVP stellte ja bereits mehrere Bedingungen für eine Neuauflage der ÖVP-FPÖ-Koalition.

Rassistische, ausländerfeindlich und rechtsextreme Aussagen und Vorfälle innerhalb der FPÖ waren von der ÖVP während der gemeinsamen Regierungszeit als „Einzelfälle“ bezeichnet worden. Stenzels Auftritt könnte ÖVP-intern die – laut Medienberichten deutlich gewachsenen – Bedenken weiter erhöhen. Auch ein Salzburger FPÖ-Funktionär nahm an Stenzels Seite an dem Rechtsextremen-Aufmarsch teil – mehr dazu in salzburg.ORF.at.

Ursula Stenzel
APA/EXPA/Michael Gruber
Stenzel mit Fackel beim von Rechtsextremen organisierten Marsch

ÖVP bringt Änderung auf Vereinsrecht vor Wahl ein

Die ÖVP will nun offenbar Handlungswillen signalisieren und noch vor der Nationalratswahl über die von ihr geforderte Änderung des Vereinsrechts abstimmen lassen. Die Änderung – sie braucht eine Zweidrittelmehrheit – soll ein Verbot der rechtsextremen Identitären ermöglichen. Die FPÖ lehnt ein solches Verbot ab. Auch Fachleute und Justizminister Clemens Jabloner zeigten sich skeptisch und warnten vor möglichen negativen Folgen eines solchen Grundrechtseingriffs. Und die Auseinandersetzung mit Rechtsextremen würde auf anderer Ebene weitergehen müssen.

„Wir werden im September-Plenum einen Antrag auf Änderung des Vereinsrechts und damit für ein Verbot der Identitären Bewegung stellen“, so ÖVP-Klubobmann August Wöginger, der laut „Kurier“ dem rechtsextremen Magazin Info-Direkt selbst zuletzt ein Interview gab, in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA. Es sei nach der Teilnahme Stenzels am Marsch der Identitären „nötig und unabdingbar“, so schnell wie möglich zu reagieren. Ein Verein kann derzeit nur aufgelöst werden, wenn er gegen Strafgesetze verstößt. Laut ÖVP-Wunsch sollen Behörden einen Verein auch auflösen können, wenn er genutzt wird, um extremistisches oder staatsfeindliches Gedankengut zu verbreiten.

SPÖ dafür, FPÖ dagegen

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sprach sich Montagfrüh für eine Verbotsprüfung für die Identitären „unter Wahrung der Grundrechte“ aus. Sie will allerdings, dass Justiz- und Innenminister initiativ werden, ein Verbot prüfen und eine Änderung des Vereinsgesetzes vorschlagen. Eine solche sollte noch vor der Wahl beschlossen werden, so Rendi-Wagner.

FPÖ-Chef Hofer warnte dagegen vor einer „Gesinnungsdiktatur“. Mit seiner Skepsis sieht sich Hofer auf einer Linie mit Fachleuten, Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Justizminister Jabloner. Hofer plädierte dafür, trotz des Wahlkampfs „im Sinne der Verantwortung der Verfassung“ keine kopflose Entscheidung zu treffen. FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky warf der ÖVP vor, diese wolle nur von „dubiosen internen Vorgängen“ wie Großspenden und der „mehr als zweifelhaften Hack-Story“ ablenken.

NEOS will Aus für nicht amtsführende Stadträte

Auch NEOS kündigte einen Antrag für die kommende Nationalratssitzung an. Man will die langjährige Forderung nach Abschaffung der nicht amtsführenden Wiener Stadträte aufs Tapet bringen. Dafür wäre eine Änderung der Bundesverfassung nötig.

„In Summe zeigen die letzten Vorfälle, dass die Position der auch ehemaligen nicht amtsführenden Stadträte (neben Stenzel erinnere ich an Johann Gudenus und Eduard Schock) eine völlig unsinnige ist“, hieß es in einem Statement von NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger.

„Es handelt sich um Versorgungsjobs, die den Steuerzahler viel kosten, aber gar nichts bringen“, stellte sie fest. NEOS nimmt die Causa zum Anlass, im nächsten Plenum einen Fristsetzungsantrag zu seinem entsprechenden Antrag, der im Verfassungsausschuss ist, zu stellen. „Wir werden überprüfen, ob das bisherige Mantra von Sparen im System von der ÖVP wirklich ernst genommen wird und diese Position endlich abgeschafft wird“, so Meinl-Reisinger.

Hofer schweigt bisher

FPÖ-Spitzenkandidat Hofer hat sich zu Stenzels Auftritt bisher nicht geäußert. Dabei hatte er – im Werben um die ÖVP – zuletzt Distanz zu den rechtsextremen Identitären signalisiert und will sich vom Parteitag mit einem Durchgriffsrecht bei Parteiausschlüssen ausstatten lassen. Die ÖVP wies Hofer am Sonntag umgehend darauf hin. Dieser könne nun zeigen, wie ernst es ihm damit sei. Auch die anderen Parteien forderten von der FPÖ, Stenzel auszuschließen. Diese nahmen die Causa Stenzel zudem zum Anlass, die FPÖ erneut für regierungsunfähig zu erklären.