EU-Kommissar Johannes Hahn
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EU

Hahn soll Budgetkommissar werden

Die Aufgabengebiete für die 27 designierten Kommissare und Kommissarinnen der EU stehen fest. Der Österreicher Johannes Hahn, bisher EU-Nachbarschaftskommissar, soll in der EU-Kommission unter der künftigen Präsidentin Ursula von der Leyen das gewichtige Budgetressort übernehmen.

Dass Hahn als Vertreter eines Nettozahlerlandes das Budgetressort bekommt, gilt als kluger Schachzug von der Leyens. Er muss die reicheren Nettozahler und insbesondere auch die österreichische Regierung vom Mehrwert eines EU-Haushalts überzeugen. Noch bis Montagabend soll in der Kommission wegen der Ressortverteilung „Chaos pur“ geherrscht haben, berichteten Insider gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Von der Leyen präsentierte die Ressortverteilung bei einer Pressekonferenz Dienstagmittag.

Noch wenige Stunden vor diesem Termin waren die künftigen Kommissare nicht über die endgültige Zuteilung der Ressorts informiert. Als Grund für die Verzögerungen nannte die AFP Nachforderungen einiger Mitgliedsstaaten. Vor allem die osteuropäischen Visegrad-Staaten sollen noch mehr Wünsche bei der Fachressortzuteilung gehabt haben.

EU-Kommissionschefin Van der Leyen
Reuters/Yves Herman
Ursula von der Leyen präsentierte am Dienstag die Verteilung der Aufgabengebiete ihres Kommissionsteams

„Kommission, die Antworten liefert“

Dem soll von der Leyen mit der Zusage von Vizepräsidentenposten entgegengekommen sein. Vizepräsidenten haben aber in der neuen Kommission nur rein koordinierende Funktionen und keinen direkten Zugriff auf die Generaldirektionen der einzelnen Fachressorts. Besonders umstritten sind wichtige Ressorts wie Wettbewerb, Wirtschaft, Finanzen und Handel, die mit Prestige und Macht verbunden werden.

Peter Fritz (ORF) aus Brüssel

Was auf Johannes Hahn als Budgetkommissar zukommt analysiert ORF-Korrespondent Peter Fritz.

„Ich möchte eine Kommission, die mit Entschlossenheit geführt wird, die sich auf die akuten Probleme konzentriert und Antworten liefert“, sagte von der Leyen bei der Vorstellung. Sie wolle eine „geopolitische Kommission“, die sich für eine „nachhaltige Politik einsetzt“. Dafür müsse die EU auch „Hüterin des Multilateralismus sein“. Von ihren neuen Kommissaren fordert sie, dass jeder und jede in der ersten Hälfte der Amtszeit alle EU-Länder besucht. Es sei wichtig, nicht nur die Hauptstädte zu kennen.

Eigene Generaldirektion für Verteidigung

Wirtschaftskommissar soll der ehemalige italienische Premier Paolo Gentiloni werden. Um Verteidigung, Industriepolitik und den digitalen Binnenmarkt soll sich die französische Kandidatin Sylvie Goulard kümmern. Mit einer eigenen Generaldirektion für Verteidigungsindustrie und Raumfahrt stärkt von der Leyen diesen Bereich. Das wird als Zeichen gewertet, dass von der Leyen die Pläne für eine echte europäische Verteidigungsunion vorantreiben will.

Grafik zur neuen EU-Kommission
Grafik: APA, ORF.at; Quelle: APA

Der erfahrene Belgier Didier Reynders ist als Justiz- und Rechtsstaatlichkeitskommissar vorgeschlagen, Die Tschechin Vera Jourova soll sich als Kommissarin um Werte und Transparenz kümmern und den Zustand der Grundwerte in allen EU-Staaten überwachen. Sie ist zugleich eine der Vizepräsidentinnen. Der Ire Phil Hogan ist als Handelskommissar designiert, die Schwedin Ylva Johansson für Inneres, der Pole Janusz Wojciechowski soll sich um die Landwirtschaft kümmern.

Mächtige Vizepräsidenten im Team

Schon zuvor war festgestanden, dass der bisherige spanische Außenminister Josep Borrell den Posten des Außenbeauftragten übernehmen wird. Von der Leyen will mit einem mächtigen Team von „Exekutiv-Vizepräsidenten“, die zugleich auch Kommissare sind, arbeiten. Der niederländische Sozialdemokrat Frans Timmermans soll für Klimaschutz zuständig sein, die dänische Liberale Margrethe Vestager für Digitales und der lettische Christdemokrat Valdis Dombrovskis für Wirtschaft und Soziales. Der Lette soll darüber hinaus auch Kommissar für Finanzmarktdienstleistungen und die Kapitalmarktunion sein. Vestager wird mit Zustimmung des EU-Parlaments zudem Wettbewerbskommissarin bleiben.

Vestager und Timmermans hatten sich selbst um das Amt des Kommissionschefs beworben. Timmermans ist bereits seit 2014 Erster Vizepräsident der Kommission unter Jean-Claude Juncker und zuständig für Nachhaltigkeit und Rechtsstaatlichkeit. Vestager hatte sich in der Juncker-Kommission als Wettbewerbshüterin profiliert. Dombrovskis ist seit 2014 einer der Kommissionsvizepräsidenten, zuständig für den Euro.

Auch die fünf weiteren Vizepräsidenten sollen ressortübergreifende koordinierende Aufgaben übernehmen. Neben Borrell und Jourova sind das der Grieche Margaritis Schinas, Kommissar zum Schutz des europäischen Lebensmodells, der Slowake Maros Sefcovic, Kommissar für interinstutionelle Beziehungen, und die Kroatin Dubravka Suica, Kommissarin für Demokratie und Demografie.

Fast 50 Prozent Frauen

Ihr Ziel einer 50-prozentigen Frauenquote erreichte von der Leyen mit 48 Prozent fast. 14 Kandidaten stehen 13 Kandidatinnen gegenüber. Einfach war das nicht, denn nur wenige EU-Länder kamen von der Leyens Forderung nach, sowohl einen Mann als auch eine Frau für den Kommissarsposten zu nominieren. Auch Österreich war hier säumig.

Jeder Mitgliedsstaat ist mit einem Kommissar vertreten. Großbritannien, das nach derzeitigem Stand am 31. Oktober aus der EU austreten wird, verzichtete darauf, einen Kandidaten zu entsenden. Dieses Datum gilt trotz der innenpolitischen Querelen für Brüssel weiterhin als „Arbeitshypothese“. Von der Leyen betonte am Dienstag aber, dass London noch einen Kommissar stellen müsse, wenn es zu einer Verlängerung der Austrittsfrist kommen sollte.