Die neue Parteizentrale der ÖVP in der Lichtenfelsgasse
ORF.at/Roland Winkler
Nationaler Sicherheitsrat

Parteien weiter skeptisch zu ÖVP-Hack

Der Nationale Sicherheitsrat hat am Mittwoch zur Datenaffäre um die ÖVP getagt. Eine Klärung der offenen Fragen zum mutmaßlichen Hack in der Parteizentrale der ÖVP blieb offenbar aus. SPÖ, FPÖ, NEOS und JETZT sehen keine Beweise für die Darstellung der ÖVP. „Mein Erkenntnisgewinn ist sehr gering“, sagte stellvertretend für alle Fraktionen außer der ÖVP der FPÖ-Abgeordnete Hans-Jörg Jenewein.

„Ich glaube der ÖVP kein Wort“, hatte Jenewein beim Eintreffen zu der Sitzung gegenüber Medien gesagt. Peter Pilz (JETZT) sagte nach der Sitzung, dass es keinen Beweis für das gegeben habe, was die ÖVP-Spitze behaupte. Jenewein ergänzte, er sei nicht überzeugt, dass der von der ÖVP erklärte Datendiebstahl wirklich den Tatsachen entspreche. Es könne durchaus auch ein Angriff von innen gewesen sein.

Eher zurückhaltend blieb SPÖ-Klubvize Jörg Leichtfried. Er sagte, dass es auch andere Möglichkeiten gebe, was passiert sei, als die Darstellung der Volkspartei. Im Vorfeld hatte Leichtfried ein „Ablenkungsmanöver“ der ÖVP angesichts von Berichten über Privatjetflüge von Parteichef Sebastian Kurz und dessen hohe Friseurrechnungen geortet. Angenommen wurde im Sicherheitsrat ein Antrag von NEOS-Abgeordneter Stephanie Krisper. Sie erläuterte, dass die Regierung aufgefordert sei, sich über die Ermittlungsergebnisse zu erkundigen und die Öffentlichkeit darüber zu informieren, soweit das möglich ist.

ÖVP sieht deutliche Hinweise

ÖVP-Abgeordneter Karl Mahrer sah seine Partei als Opfer eines Hackerangriffs, wie ihn Österreich noch nie erlebt habe. Es gebe auch deutliche Hinweise auf eine Datenmanipulierung. Dass die ÖVP selbst etwas falsch gemacht habe, sah Mahrer nicht. Es werde sich herausstellen, dass die Volkspartei nicht nur staatstragend, sondern auch korrekt und anständig sei.

Die Beratungen der Parlamentsparteien mit der Regierung im Nationalen Sicherheitsrat unterliegen der Geheimhaltung. Insofern konnten die Sitzungsteilnehmer im Anschluss auch keine Details nennen.

ÖVP: Datenleck am Dienstag entdeckt

Bekanntgeworden war der mutmaßliche Hack letzte Woche: Bei einem Donnerstagfrüh eilig einberufenen Hintergrundgespräch berichtete Ex-Kanzler Kurz über den Datendiebstahl. Die Suche nach dem Datenleck begann offenbar, nachdem dem „Standard“ und der Wochenzeitung „Falter“ interne Unterlagen über die Finanzen der ÖVP zugespielt worden waren.

Entdeckt wurde das Datenleck nach Angaben der ÖVP am Dienstag letzter Woche. Laut einem Zwischenbericht der Cybersecurity-Firmen SEC Consult und CyberTrap hatte ein Angreifer über einen Webserver der ÖVP Zugriff auf das interne Computernetz erhalten. Mit einem „hochprivilegierten Benutzeraccount“ seien dann zahlreiche Dateien abgezogen worden, darunter offenbar Buchhaltung, Strategiepapiere, Mailverkehr und Wahlkampfunterlagen, hieß es in dem Zwischenbericht.

Verhaltene Reaktionen

Rasch tauchte – vor allem in Sozialen Netzwerken – der Verdacht auf, die ÖVP würde Material, das nach dem Bekanntwerden des mutmaßlichen Hacks in Medien auftauchen und die Partei belasten könnte, gleich präventiv diskreditieren. Kurz sprach auch davon, dass die Daten nicht nur entwendet, sondern auch verfälscht worden seien.

Sowohl andere Parteien in ihren Reaktionen als auch sämtliche Pressekommentare verwiesen letzte Woche auch darauf, dass nicht ganz klar sei, ob die Darstellung der ÖVP so stimme – bzw. dass zumindest viele Fragen ungeklärt seien, sodass die Einschätzung schwierig sei.

Ermittlungen im Laufen

Laut ÖVP begann das Bundeskriminalamt am Freitag mit den Ermittlungen in Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Hackerangriff. „Die Experten des Bundeskriminalamts haben vollen Zugang zu allen Daten, allen Beweisen und allen Informationen in unserer Parteizentrale, die sie für die Aufklärung benötigen“, sagte ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer letzte Woche.

Das Kanzleramt bestätigte, dass der mutmaßliche Cyberangriff beim Ende des Vorjahres eingerichteten Frühwarnsystem der EU gegen mutmaßliche Wahlbeeinflussungsversuche gemeldet wurde. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt wegen des Verdachts des widerrechtlichen Zugriffs auf ein Computersystem und wegen Datenbeschädigung.